zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Chilenischer Lachs und die Folgen der Asienkrise

SANTIAGO DE CHILE .Chilenische Lachszüchter stehen in diesen Tagen unter besonderer Anspannung.

SANTIAGO DE CHILE .Chilenische Lachszüchter stehen in diesen Tagen unter besonderer Anspannung.Die US-Handelskommission urteilt darüber, ob die Lachsimporte aus Chile der amerikanischen Lachsindustrie schaden.Fischexporten Chiles in die USA droht eine einheitliche Steuer von 5,2 Prozent.

Der Hintergrund: Die US-Ermittler haben festgestellt, daß einige chilenische Produzenten den Fisch zu Dumpingpreisen verkaufen.Zwei von fünf der größten chilenischen Lachszüchter, so die Ermittlungen der nordamerikanischen Kommission, verkaufen den Lachs zu Preisen, die etwa 8 bis 10 Prozent unter den Produktionskosten liegen.

Die chilenischen Produzenten kritisieren jedoch die Untersuchungen.So seien die teuren japanischen Lachsexporte zum Vergleich herangezogen worden, außerdem seien bei der Berechnung Beträge in Peso und Dollar vermischt worden, beklagen sie.

Für die Chilenen steht bei der Auseinandersetzung um den US-Markt viel auf dem Spiel: Nordamerika nimmt mit steigender Tendenz ein Drittel der chilenischen Gesamtproduktion von rund 200 000 Tonnen (1997) ab und ist damit für Chile der zweitwichtigste Markt.Der Verkauf nach Nordamerika muß derzeit den Verlust in Asien ausgleichen: Vor allem in Japan, dem größten Absatzmarkt für den südamerikanischen Lachs, kommt die Wirtschaft nach wie vor nicht richtig in Schwung.

Nach Japan verkaufte Chile bisher mehr als die Hälfte seiner Produktion.Durch die Asienkrise ist in Japan die Nachfrage jedoch zusammengebrochen.Die Preise auf dem Markt mit dem höchsten Lachskonsum weltweit sind um fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken.Das wirkt sich auch auf die Weltmarktpreise für Lachs aus: Die Durchschnittspreise sind von 7 Dollar pro Kilogramm (1996) auf unter 4 Dollar gesunken.Um auf den Entscheidungsprozeß in den USA Einfluß zu nehmen, haben die chilenischen Lachsexporteure eine großangelegte Kampagne in den USA gestartet und dabei auch nordamerikanische Lobbyisten für ihre Interessen eingespannt.Gegen Zölle auf chilenischen Lachs protestieren jetzt auch die fischverarbeitende Industrie in Florida, sowie Fluglinien und Vereinigungen der Lebensmittel-, Hotel- und Restaurant-Industrie der USA.Sie überzeugt das Argument der Chilenen: Die nordamerikanischen Lachszüchter können nur 15 Prozent der Binnennachfrage decken.Pro Dollar bleiben von den 214 Mill.Dollar des in die USA importierten chilenischen Lachses aufgrund der Weiterverarbeitung 60 Cents im Land.8000 Jobs in den USA seien daher durch die möglichen Strafzölle bedroht, argumentieren sie.

Pikant an den Auseinandersetzungen: Die acht klagenden nordamerikanischen Unternehmen sind in ihrer Mehrheit gar keine reinen US-Unternehmen."Da steckt vor allem norwegisches und kanadisches Kapital dahinter", sagt Rodrigo Infante Varas vom Verband der Lachs- und Forellenzüchter in Santiago.Aus chilenischer Sicht stellt sich die Klage also als ein Kampf der Weltmarktführer um einen der wichtigsten Absatzmärkte dar - Norwegen beispielsweise ist weltgrößter Lachslieferant.

Nicht erst seit der Asienkrise haben die chilenischen Lachszüchter begonnen, neue Absatzmärkte bei einem seit 1990 jährlich um rund 15 Prozent steigenden Konsum zu erschließen: Wichtigster Wachstumsmarkt ist seit kurzem Lateinamerika.Die Aufhebung der Zölle sowie die Stabilisierung der Wirtschaft auf dem Kontinent haben die Nachfrage nach chilenischem Zuchtlachs sprunghaft ansteigen lassen.Brasilien (24 Mill.Dollar) ist heute vor Deutschland (13 Mill.Dollar) der drittwichtigste Abnehmer.Argentinien und Mexiko folgen."Bei Flugkosten von rund zwei Dollar das Kilo können wir uns in Europa nur schwer gegen Norwegen und Schottland mit Frischlachs behaupten", sagt Infante.Dennoch behalten die Chilenen den europäischen Markt im Visier: In Kürze wollen sie in Europa eine Imagekampagne für den chilenischen Lachs nach dem Vorbild einer erfolgreichen Werbeaktion in den USA starten.Dort verdoppelte eine Kampagne, gesponsort von der Vereinigung der wichtigsten weltweiten Lachsproduzenten, den Pro-Kopf-Konsum seit 1990.

"In den kommenden Jahren wird es zu einem starken Konzentrationsprozeß unter Chiles Produzenten kommen", sagt Infante, der die Zahl der Lachsexporteure in Chile mit 60 Unternehmen angibt.Davon machten zehn Großunternehmen Umsätze in Höhe von über 50 Mill.Dollar.Etwa ein Drittel davon sei in ausländischer Hand, darunter dominierend Kapital aus Japan, Norwegen und den USA.Im vergangenen Jahr exportierten die Chilenen Zuchtfisch - vor allem Lachs und Forellen - für 670 Mill.Dollar.Das ist ein Drittel der Weltproduktion.Vor allem Chile ist dafür verantwortlich, daß weltweit mehr gezüchtete als wilde Lachse verzehrt werden.1980 kamen nur 2 Prozent der Produktion aus den heute üblichen Farmen.Inzwischen verlassen rund 40 Prozent der Fischprodukte das Land verarbeitet: als Filets, in Dosen, geräuchert oder gepökelt."Ziel ist, mit kundenfreundlichen Fischprodukten die höherpreisigen Märkte erobern", sagt Infante."Norwegen ist dabei unser Vorbild."

ALEXANDER BUSCH (HB)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false