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Bitte recht freundlich. Chinas Vizepräsident XI Jinping besuchte 2009 das Bayer-Schering-Werk in Berlin. Gastgeber Andreas Fibig

© IMAGO

Wirtschaft: Chinesen im Abseits

In Deutschland tun sich Unternehmer aus Fernost schwer – vor allem wegen bürokratischer Hürden

Berlin - An die immer neuen Absatzrekorde deutscher Autobauer in China hat man sich schon gewöhnt. Die Volksrepublik ist für deutsche Unternehmer längst kein besonders exotisches Ziel mehr – wenngleich sie regelmäßig über die bürokratischen Hürden der fernöstlichen Planwirtschaft klagen. Doch jetzt kommt raus: Dieses Verhältnis beruht auf Gegenseitigkeit. Aus einer am Freitag in Berlin veröffentlichen Umfrage unter chinesischen Unternehmern in Deutschland geht hervor, dass diese vor allem die Bürokratie hierzulande fürchten – etwa das komplizierte Aufenthaltsrecht oder das Steuerrecht. Sie begreifen die deutsche Sprache als eines der größten Hindernisse und glauben zudem, dass ihr Image in Deutschland eher schlecht ist. Das ändert sich aber mit der Aufenthaltsdauer: Unternehmer, die schon zehn Jahre oder länger in Deutschland Geschäfte machen, fühlen sich kaum noch diskriminiert.

Die ehrenvolle Aufgabe, erstmals im größeren Stil die Gemütslage chinesischer Unternehmen hierzulande zu ergründen, hat das German Center for Market Entry (GCME) übernommen, eine noch recht kleine Beratungsfirma, die im Sommer von ehemaligen Studenten der Freien Universität Berlin gegründet wurde. „Bisher gab es in der Fachliteratur nur wenige Erkenntnisse über chinesische Unternehmer hierzulande. Man weiß noch nicht mal genau, wie viele es sind“, sagte GCME-Geschäftsführer Alexander Tirpitz bei der Vorstellung der Studie. Ab wann ein Unternehmen „chinesisch“ ist, wird überall unterschiedlich definiert. Manche Statistiker zählen Firmen dazu, an denen ein Investor aus Fernost zu 25 Prozent oder mehr beteiligt ist. Andere zählen erst Mehrheitsbeteiligungen.

Die Stadt Berlin zum Beispiel zählt einfach die Zahl der chinesischen Geschäftsführer. Darunter fallen dann auch alle Restaurant- und Reisebürobetreiber. Um die geht es den Marktforschern aber weniger. Rund 30 Prozent der Unternehmen, die den Fragebogen GCME ausfüllten, sind in der produzierenden Industrie tätig. 50 Prozent entfallen auf die Branchen Groß- und Einzelhandel, Transport sowie Lagerhaltung. 70 Prozent der befragten Firmen waren mit weniger als zehn Mitarbeitern sehr klein. Gerade sie kämpfen mit dem Aufenthaltsrecht. Denn das sieht vor, dass ein Unternehmer hier mindestens 250 000 Euro investieren oder fünf Arbeitsplätze schaffen muss. Da die meisten – auch größeren Firmen Chinas – hier aber zunächst nur ein Vertriebsbüro gründen wollen, um den Markt auszuloten, scheitern sie schon an dieser Hürde.

Überdurchschnittlich viele Unternehmen kommen mit dem Ziel nach Deutschland, hier Waren aus der Heimat abzusetzen, geht aus der Umfrage hervor. Sie wollen hier zunächst potenzielle Kunden identifizieren und persönliche Kontakte knüpfen, die in China noch wichtiger sind als in der Geschäftswelt Mitteleuropas. „Dabei unterschätzen sie die Sprachbarrieren“, sagt Marktforscher Tirpitz. Chinesen schätzen es daher besonders, wenn sie auch in deutschen Unternehmen einen Ansprechpartner haben, der ihre Sprache spricht.

68 Prozent der Befragten schätzen Geschäftspartner als Informationsquelle. Den Besuch von Messen halten 66 Prozent für sinnvoll. Professionelle Berater, Wirtschaftskammern oder Verbände haben dagegen nur eine nachrangige Bedeutung. Am ehesten heuern Chinesen hierzulande noch einen Steuerberater an. Organisierte Geschäftsreisen oder gar die Dienste von Immobilienmaklern empfinden Chinesen offenbar eher als lästig. Wenn das Unternehmen einmal gegründet ist, haben viele der Firmen große Probleme, geeignetes Personal zu finden. Auch die Löhne werden – wie zu erwarten – als hoch empfunden.

Als Fazit der Studie halten die Berliner Berater fest: „Deutsche Unternehmen sollten Chinesen nicht nur als Konkurrenten, sondern auch als Partner sehen.“ Das frühzeitige Eingehen strategischer Kooperationen könne die eigene Position auf dem Weltmarkt stärken.

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