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© dpa

Chipindustrie: Infineon holt sich eine Heuschrecke ins Haus

Der aggressive US-Investor Apollo steigt beim Münchner Chipkonzern ein. Die Belegschaft bangt um ihre Jobs.

München - Mit dem zweiten Paukenschlag binnen einer Woche will sich der angeschlagene Münchner Chipkonzern Infineon endgültig aller Finanzsorgen entledigen. Geplant sei eine Kapitalerhöhung über 725 Millionen Euro, die im Wesentlichen der US-Finanzinvestor Apollo garantiere, ließ Infineon-Chef Peter Bauer mitteilen. Ziel von Apollo sei ein Aktienanteil von bis zu knapp 30 Prozent. Infineon wolle sich mit den zufließenden Geldern entschulden. Zusammen mit dem gerade angekündigten Verkauf des Geschäfts mit Chips für Telefonfestnetze (Kürzel WLC) für 250 Millionen Euro sichere der Konzern so seine Liquidität.

Im Unternehmen geht nun aber die Angst vor einer radikalen Gangart von Apollo um. „Eine klassische Heuschrecke mit dem Geschäftsmodell Zerschlagen und Verkaufen“, urteilt die IG Metall. Bei einer Information der Belegschaft über den Einstieg von Apollo habe Bauer das Thema Arbeitsplätze trotz drängender Nachfragen offen gelassen. Auch Aktionärsschützer wie Daniela Bergdolt sind skeptisch. „Vor der Pleite gerettet, aber dann steht Zerschlagung im Raum“, schätzt auch sie.

Börsianer finden Apollo dagegen gut. Klappt die Kapitalerhöhung, wäre Infineon auch für anhaltend stürmische Zeiten ausreichend mit Kapital versorgt und die Finanznot „komplett vom Tisch“, urteilt ein Analyst. Er hofft sogar auf entscheidenden Einfluss des als aggressiv geltenden US-Investors. Eine harte Hand täte Infineon und dessen Managementriege angesichts von Dauerverlusten, Intrigen und zauderhafter Führung gut. Andere spekulieren bereits über neue Ausgliederungen bei Infineon und nennen den Bereich Mobilfunkchips.

Eine andere Möglichkeit als Apollo, um sich weiteres Geld zu beschaffen, habe die chronisch defizitäre Firma nicht mehr, heißt es in unternehmensnahen Kreisen. Bei Banken sei Bauer mit seiner Bitte um Umschuldung abgeblitzt. „Nur rote Zahlen, die Tochter Qimonda in der Insolvenz und den einzigen Gewinnbringer WLC gerade verkauft, da kann man die Banken nicht wegen Verweigerung kritisieren“, meinte ein Insider.

Die neuen Aktien, die Infineon zu je 2,15 Euro verkaufen will, können auch bestehende Aktionäre erwerben. Die Zeichnungsgarantien von Apollo stehen unter dem Vorbehalt, dass der US-Investor am Ende mindestens auf 15 Prozent der Infineon-Anteile kommt. Angesichts der tiefen Branchenkrise und des Verfalls von Infineon gilt die Chance allerdings als gering, dass Apollo die nötige Quote nicht erreicht.

Im Arbeitnehmerlager kritisiert man indessen die Geheimverhandlungen mit Apollo. „Denen ist egal, ob der Konzern und Arbeitsplätze erhalten bleiben“, wettert ein dortiger Kritiker. Bauer refinanziere Infineon um jeden Preis und gebe die einstige Vision vom integrierten Halbleiterkonzern nun vollends auf. In der Belegschaft gebe es große Sorgen um die noch gut 29 000 Stellen, wenn Apollo kommt. Infineon habe noch nie eine Dividende gezahlt und fast immer rote Zahlen geschrieben. Ein sehr renditeorientierter Investor wie die Amerikaner könne nur durch einen Verkauf des führenden europäischen Halbleiterkonzerns in Einzelteilen auf seine Kosten kommen.

Infineon sei aber ein wichtiger Zulieferer für weite Teile der deutschen Industrie und auf seine Art systemrelevant. Die Münchner fertigen Halbleiter für Industrien wie den Mobilfunk, Autohersteller und Chipkarten. Gehe Apollo wie üblich vor, drohe das Ende eines deutschen Hochtechnologiekonzerns.

Apollo zählt zu den weltweit größten Finanzinvestoren und hat seit 1990 Geld in über 150 Unternehmen gesteckt. In Fonds verwalten die Amerikaner nach eigenen Angaben gut 41 Milliarden Dollar. Bei Infineon beanspruchen sie nach einem Einstieg zwei Sitze im Aufsichtsrat, darunter den des Vorsitzenden.

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