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Wirtschaft: Clement kommt Gewerkschaften entgegen

Wirtschaftsminister pocht auf seine Arbeitsmarkt-Reformen – macht aber Zugeständnisse beim Kündigungsschutz

Berlin (brö/ce). Wirtschaftsminister Wolfgang Clement will den Gewerkschaften und den SPDLinken bei seinen umstrittenen Arbeitsmarkt-Reformen entgegen kommen. Der Kündigungsschutz solle weniger als zunächst geplant gelockert werden, sagte er am Dienstag vor der SPD-Bundestagsfraktion. Außerdem soll es ein Sofortprogramm für 100 000 benachteiligte Jugendliche geben. Der erste Teil der Reformen mit Arbeitslosengeld I, Kündigungsschutz und Handwerks-Reform soll bis Mai, der Rest bis August das Kabinett passiert haben.

Arbeitslosengeld I: Über 55-Jährige sollen nicht mehr bis zu 32 Monaten lang Arbeitslosengeld beziehen können, sondern maximal 18 Monate, Jüngere zwölf Monate. Für die Reduzierung soll es allerdings eine Übergangsphase von etwas mehr als zwei Jahren geben, sagte Clement – damit würde die Änderung frühestens Ende 2005 wirksam. Mittelfristig könne die Bundesanstalt für Arbeit so 3,8 Milliarden Euro sparen.

Arbeitslosengeld II: Arbeitslosen- und Sozialhilfe sollen ab 2004 für alle Erwerbsfähigen zum Arbeitslosengeld II verschmolzen werden, und zwar in Höhe der bisherigen Sozialhilfe. Bezieher sollen sich aber mehr hinzuverdienen dürfen. Um den Übergang zwischen Arbeitslosengeld I und II abzumildern, spricht sich Clement für befristete Zuschüsse aus. Singles sollen im ersten Jahr einen Zuschuss von 160 Euro im Monat erhalten, der im zweiten Jahr auf 80 Euro abschmilzt. Wer das neue Arbeitslosengeld II erhält, soll auch kranken- und rentenversichert sein. Bislang zahlt der Bund nur für die 1,5 Millionen Bezieher von Arbeitslosenhilfe Rentenbeiträge, nicht aber für Sozialhilfeempfänger. Das könnte den Staat eine Milliarde Euro kosten. Sollte der Bund nicht die Rentenbeiträge übernehmen, würde wiederum den Rentenkassen Geld fehlen.

Hilfe für Jugendliche: Für 100 000 Sozialhilfeempfänger zwischen 15 und 25 vor allem in den neuen Ländern soll es ein Sonderprogramm geben, das den Einstieg in Beschäftigung fördert. Außerdem will Clement bei der Wirtschaft Lehrstellen mobilisieren.

Kündigungsschutz: Kleinbetriebe mit bis zu fünf Beschäftigten können in Zukunft befristete Arbeitskräfte einstellen, ohne dass für alle der volle Kündigungsschutz gilt. Allerdings darf die Zahl der befristeten Kräfte die der fest angestellten nicht übersteigen.

Wer gekündigt wird, soll in Zukunft entscheiden können, ob er dagegen klagt oder eine zuvor festgelegte Abfindung akzeptiert. Zudem soll die Sozialauswahl im Betrieb vereinfacht und so die Rechtssicherheit erhöht werden. Als Kriterien sollen Beschäftigungsdauer, Lebensarbeitszeit und Unterhaltspflicht gelten. Bei einer Einzelkündigung soll der Arbeitgeber Ausnahmen von der Sozialauswahl machen können, wenn er so verhindern kann, dass das Leistungsniveau der Belegschaft sinkt. Ein Arbeitgeber kann in Ausnahmen also auch einem älteren Arbeitnehmer mit Kindern kündigen, wenn er dafür den jungen Leistungsträger behalten kann. Bei Massenentlassungen, mit Sozialplan kann sich der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat auf eine Namensliste einigen. Diese soll nicht mehr von einzelnen Mitarbeitern vor Gericht angefochten werden können.

Handwerksordnung: Gesellen sollen sich nach Clements Plänen auch ohne Meisterbrief selbständig machen können. Um sich niederzulassen, müssen sie jedoch „zehn Jahre Berufserfahrung, davon fünf Jahre in leitender Funktion“ vorweisen. Damit kommt der Minister den Handwerks-Funktionären entgegen. Der Kanzler hatte in seiner Regierungserklärung noch nicht darauf verwiesen, dass Gesellen auch in verantwortliche Position gearbeitet haben müssen.

Nur noch in den so genannten „gefahrgeneigten Berufen“ soll der Meisterbrief Voraussetzung für eine Selbstständigkeit sein. Das sind solche Berufe, bei denen schlechte Qualität die Sicherheit der Allgemeinheit gefährden könnte – etwa bei Gas-Installateuren. Derzeit schreibt die Handwerksordnung bei 94 Berufen einen Meisterbrief vor, diese Zahl soll reduziert werden. Welche Berufe betroffen sein werden, will Clement noch nicht festlegen, weil er fürchtet, die Verhandlungen mit der Handwerkslobby zu gefährden. Schließlich sollen Existenzgründer noch von Kammerbeiträgen

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