zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Clement will Leiharbeit aufwerten

Superminister will Zeitarbeit aus der „Schmuddelecke“ holen und provoziert damit die Gewerkschaften

Berlin (ce/asi). Der neue Superminister für Arbeit und Wirtschaft, Wolfgang Clement (SPD), hat sich für eine Ausweitung der Zeit und Leiharbeit in Deutschland ausgesprochen. Es müsse gelingen, diese „aus der Schmuddelecke herauszuholen“, sagte Clement am Mittwoch in seiner ersten Rede vor dem neuen Bundestag. Die Umsetzung des Hartz-Konzepts werde den Arbeitsmarkt revolutionieren. Der Hartz-Gesetzentwurf zur Reform des Arbeitsmarktes, der dem Tagesspiegel vorliegt, sieht eine Liberalisierung der Zeitarbeit für die gesamte Branche vor, wenn diese Tarifverträge abschließt.

In der kommenden Woche wollen die Fraktionen von SPD und Grünen den Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen. Als einen der wichtigsten Eckpfeiler bezeichnete Clement die Ausweitung der Zeitarbeit. Über so genannte Personal-Service-Agenturen (PSA) sollen Arbeitslose befristet an Unternehmen ausgeliehen und in den verleihfreien Zeiten qualifiziert werden. Ziel ist es, Arbeitslosen dauerhaft neue Jobs zu vermitteln. Für Unternehmen wird damit faktisch der Kündigungsschutz abgeschafft, weil sie Arbeitslose auf Probe einstellen können. Bei der Ausgestaltung der Details gibt es noch Streit mit den Gewerkschaften darüber, wer künftig die Leiharbeitsfirmen der Arbeitsämter betreibt und wie Arbeitslose dort entlohnt werden sollen.

Der Hartz-Gesetzentwurf verpflichtet jedes der 181 Arbeitsämter bundesweit, eine PSA einzurichten. Dabei sollen private Anbieter als Träger bevorzugt werden. Nur wenn kein privater Vermittler zur Verfügung steht, sollen die Arbeitsämter sich in einem Public-Private-Partnership an einem Verleihunternehmen beteiligen oder eine eigene PSA gründen können. In einem Interview mit dem Magazin „Stern“ sagte Clement, private Vermittler könnten für die Arbeitsämter tätig werden, wenn sie sich an Tarifverträgen orientierten. Damit geht der ehemalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident auf Konfliktkurs mit den Gewerkschaften.

Der vorgeschlagene Weg, dass der Arbeitgeber sich einen Tarifvertrag aussuchen dürfe, sei für die Gewerkschaften nicht akzeptabel, heißt es beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Durch die geplante Vermittlung von Arbeitslosen in Leiharbeit dürfe kein Lohndumping entstehen, warnte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer. Die Gewerkschaften streben an, dass Zeitarbeiter genau das gleiche Gehalt erhalten sollen, wie im Entleihbetrieb auch für die fest Angestellten gezahlt wird.

Den Arbeitnehmervertretern passt außerdem nicht, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) für die gesamte Branche liberalisiert werden soll, nicht nur für die PSA der Arbeitsämter. So soll das Verbot der Leiharbeit in der Baubranche aufgehoben werden, ebenso wie die Befristung von Zeitarbeit oder das Verbot einer Wiedereinstellung. Voraussetzung ist laut Gesetzentwurf, dass Tarifverträge abgeschlossen werden.

Eichel kritisiert Geldpolitik

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat sich derweil am Mittwoch gegen die massive Kritik an seiner Haushaltsführung zur Wehr gesetzt. Eichel räumte zusätzliche Belastungen für die Bürger ein, machte für die desolate Lage der Staatsfinanzen aber vor allem die schlechte Konjunktur verantwortlich. Zugleich verteidigte er den Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt, forderte aber mit Blick auf die Probleme anderer Euro-Staaten „auch ein paar andere Fragen zu stellen": Es dürfe nicht nur auf das Defizit-Kriterium geachtet werden, auch die Verringerung der Staatsverschuldung sowie die Inflationsrate müssten überwacht werden. Die Inflationsraten lägen in einigen europäischen Ländern deutlich über dem damaligen Beitrittskriterium zur Währungszone. In Deutschland sei sie deutlich niedriger. Diese Differenz beeinträchtige die Wirkung einer einheitlichen europäischen Geldpolitik, sagte der Minister mit Blick auf die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Regierung hatte die EZB mehrfach indirekt zu Zinssenkungen aufgefordert. Die EZB hat aber auf die Geldwertstabilität verwiesen und die Zinsen nicht verändert.

Unterdessen berichtet die „Frankfurter Rundschau“, die Koalition wolle das Arbeitslosengeld für Eltern senken: Im nächsten Jahr von derzeit 67 Prozent auf 65 Prozent, von 2004 an auf 63 Prozent des letzten Nettolohnes. Geplant war eine Kürzung auf 60 Prozent. Dieser Schritt wurde offenbar auf Druck der Gewerkschaften gemildert. Die Bezüge von Arbeitslosenhilfeempfängern mit Kindern sollen ebenfalls gekürzt werden: Von derzeit 57 Prozent des letzten Nettolohnes auf 55 Prozent im Jahre 2003 und 54 Prozent von 2004 an. DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer wies das Vorgehen zurück. Der Zeitung sagte sie: „Das tragen wir nicht mit.“

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false