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Wirtschaft: Clements Ausbildungs-Pläne umstritten

Experten seines Hauses warnen den Wirtschaftsminister vor Finanzierungskonzept/Immer weniger Lehrstellen

Berlin (asi). Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) ist mit seinem Vorhaben, noch in diesem Jahr ein neues Instrument zur Finanzierung von Ausbildungsplätzen nach den Plänen der HartzKommission zu schaffen, in seinem eigenen Haus auf Widerstand gestoßen. Nach Informationen des Tagesspiegels warnen die Experten in einem internen Positionspapier vor einem „schleichenden Ausstieg aus dem traditionsreichen deutschen Ausbildungssystem“.

Clement hatte in einem Interview mit dieser Zeitung angekündigt, die Einführung eines Ausbildungszeit-Wertpapiers zu initiieren. Von der Hartz-Kommission war dieses Modell zur Unterstützung von Ausbildungsbetrieben vorgeschlagen worden. Im Prinzip sollen regionale Stiftungen bei Privatpersonen und örtlichen Unternehmen Geld zur Kofinanzierung von Ausbildungsplätzen einsammeln. Über Rabattkartensysteme sollen nach Vorstellungen der Hartz-Kommission und auch des Ministers zudem Händler wie Kunden zu einer besseren Finanzierung beitragen.

Die Experten des Wirtschaftsministeriums gehen hingegen davon aus, dass es durch dieses Modell zu unerwünschten Substitutionseffekten kommen wird. Wenn sich Ausbildungsbetriebe erst einmal an solche Finanzierungsinstrumente gewöhnt hätten, würden sie selbst immer weniger aktiv sein. Eine Auffassung, die auch beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und dem Bundesverband der Arbeitgeberverbände (BDA) vertreten wird. Dort lehnt man Clements Vorschläge außerdem ab, weil man sie in der Umsetzung als zu bürokratisch ansieht.

Für das laufende Ausbildungsjahr, das im Herbst beginnt, beklagte der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB tiefe Einbrüche. Im November vergangenen Jahres seien 15 Prozent weniger Ausbildungsplätze als im Vorjahr gemeldet worden, sagte DGB-Vorstandsmitglied Ingrid Sehrbrock. Einen besonders starken Rückgang gab es im Handwerk, in der IT-Branche, aber auch im öffentlichen Dienst. Dass auch die Zahl der Interessenten im gleichen Zeitraum um zehn Prozent gesunken ist und deshalb zum Jahresende auf jeden der rund 60000 Bewerber noch gut fünf angebotene Ausbildungsplätze entfallen, bezeichnete die Gewerkschaftsfunktionärin als „frühzeitiges Bild“. Erfahrungsgemäß wende sich das Verhältnis von freien Stellen und Interessenten erst im Frühling.

Sehrbrock forderte die Arbeitgeber auf, im Bündnis für Arbeit verbindliche Absprachen im Kampf gegen die Ausbildungsplatzmisere zu treffen. Sollten diese nicht eingehalten werden, seien tarifvertragliche Regelungen oder branchenbezogene Quoten möglich. „Wir wollen keine netten Gespräche sondern nachprüfbare Verpflichtungen“. Ähnlich wie beim Dosenpfand solle die Bundesregierung eine Zwangsumlage der Unternehmen einführen, wenn die Ausbildungsplatzzahl nicht den Zusagen der Unternehmen entspreche.

Auch DGB-Chef Michael Sommer hatte gesetzliche Sanktionen gefordert, wenn die im Bündnis getroffenen Vereinbarungen von den Arbeitgebern nicht eingehalten werden. In der nächsten Bündnisrunde soll nach dem Willen der Gewerkschaften die Ausbildungsplatzsituation zentrales Thema sein.

Sehrbrock verwies darauf, dass die Zahl der von Betrieben abgeschlossenen Ausbildungsverträge 2001/2002 um 7,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken sei. Damit höhlten die Arbeitgeber das duale System selbst aus, kritisierte die Gewerkschafterin. Als Ursache für das sinkende Lehrstellenangebot führte Sehrbrock konjunkturelle Gründe an. Sie forderte vor allem Handwerksbetriebe auf, verstärkt auszubilden, um dem sich in einigen Jahren bemerkbar machenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Sehrbrock verwies zudem auf die hohe Förderung, die einige Unternehmen für die Schaffung von Lehrstellen erhielten. So werde die Ausbildung bei Siemens in Berlin mit mehr als 50 Prozent aus staatlichen Fördertöpfen finanziert, führte sie an. Vor allem in Ostdeutschland werde die Ausbildung hoch subventioniert. 2001 seien 41,6 Prozent der Lehrstellen (39900 Plätze) öffentlich gefördert worden.

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