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Wirtschaft: Club R 3000 geht auf die Jagd nach unterbewerteten Aktien

Einige haben es sich auf der Couch im Wohnzimmer gemütlich gemacht, der Hausherr bringt Kaffee, aus der offenen Tür zur Terrasse weht Blumenduft herein.Der Investmentclub R 3000 läßt sich auch nach Feierabend nicht vom Frühlingsszenario ablenken.

Einige haben es sich auf der Couch im Wohnzimmer gemütlich gemacht, der Hausherr bringt Kaffee, aus der offenen Tür zur Terrasse weht Blumenduft herein.Der Investmentclub R 3000 läßt sich auch nach Feierabend nicht vom Frühlingsszenario ablenken.Gleichzeitig brüten einige Mitglieder über Unternehmensberichten und Aktien-Charts.Clubgründer und -leiter Günter Weispfennig erklärt: "Das `RÔ steht für Risiko und `3000Ô für die einmalige Anfangszahlung jedes Mitglieds, als der Investmentclub am 28.Februar 1980 gegründet wurde." Es waren 11 Mitglieder, das Startkapital betrug somit 33 000 DM.Mittlerweile zählt die Investmentvereinigung 55 Mitglieder.Monatlich findet in einem Frankfurter Lokal eine Vollversammlung statt.Dann werden Börsenlage und einzelne Werte besprochen.

Nach Angaben des Clubs liegt die durchschnittliche jährliche Rendite des Clubs in den verangenen 18 Jahren bei 32,21 Prozent.Das Erfolgsrezept der R 3000-Mitglieder lautet: auf unterbewertete Aktien in sogenannten "Spezialsituationen" setzen, innerhalb des deutschsprachigen Raums investieren und Investitionsentscheidungen dem Leiter des Clubs übertragen.Die für die Investmentgemeinschaft interessanten Unternehmen müssen sich in "Spezialsituationen" befinden, so daß ihre Aktien am Markt unterbewertet sind, betont Weispfennig.Eine solche Situation sei etwa ein Großauftrag oder eine anstehende Fusion.Oft handele es sich bei den Investitionen des Clubs um kleine Mittelständler, die in ihrem Marktsegment quasi Global Player seien.

Weispfennig zufolge hat die Konzentration auf unterbewertete Aktien unter anderem den Vorteil, daß diese auch in Konsolidierungsphasen gehalten werden könnten.Denn es sei zu erwarten, daß die Titel danach wieder zu den Outperformern zählten.Diese Einschätzung habe sich beim Börsencrash 1987 betätigt: Der Verlust des Clubs im Börsencrash im Oktober 1987 sei bereits im Juni 1988 wieder ausgebügelt gewesen.Die Aktien würden grundsätzlich über die Spekulationsfrist hinaus gehalten und nicht selten über mehrere Jahre im Depot belassen.Der Anlagehorizont betrage oft zwei bis drei Jahre.Der Club sei prinzipiell voll investiert und halte kein Bargeld.

Bei der Auswahl der Titel beschränken sich die Mitglieder auf Deutschland, Österreich und die Schweiz.Ob der Club seine Perspektive nicht auf andere europäische Länder erweitern wolle? "Das machen wir mit Absicht nicht, weil wir uns im deutschsprachigen Raum viel besser auskennen", erklärt Weispfennig."Wir halten im allgemeinen bis zu 12 Aktien.Schwerpunkte liegen bei Maschinenbauern und Zuliefern", ergänzt Clubmitglied Frank Fischer.Zu den erfolgreichsten Engagements des Investmentclubs zählen Creditanstalt-Optionsscheine.Gerling, der österreichische Titel Wienerberger und der schweizerische Wert Tecan.Engagements mit den höchsten Verlusten waren die Softwarefirma ADV/Orga und das Ingenieuerunternehmen Suter & Suter.

Bei der Suche nach Kriterien für eine Unterbewertung bei Aktien entwickeln die Clubmitglieder viel Phantasie.Bei der Diskussion um die Titel des Lampenherstellers Brilliant wird argumentiert, man habe in einem Geschäft eine Bedienungsanleitung in 12 Sprachen formuliert gesehen.Das wird als Hinweis auf einen Expansionskurs gedeutet.Fazit der Überlegungen: Der Club sucht den persönlichen Kontakt mit den Managern des Unternehmens.Auf diese Weise entwickele man Leidenschaft für eine Aktie, die schwer zu kontrollieren sei.Das ist einer der Gründe, warum der Club Entscheidungen nicht in einem Anlageausschuß trifft, sondern Weispfennig das letzte Wort überläßt - einem Profi, der früher in der Anlageberatung bei Banken tätig war.

Neueinsteigern gibt der Club den Tip: Es müssen Personen dabei sein, die etwas von Buchhaltung verstehen.Ferner wird zu "Trockenübungen" geraten: Ein Mitglied des R 3000 hat etwa zwei Jahre "nur auf dem Papier" angelegt, bevor er sich an reale Investments herantraute.

KATRIN QUANDT (HB)

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