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CO2-Verklappung: Ein Gesetz für Vattenfall

Bei Kohleverstromung entsteht das Treibhausgas CO2. Das lässt sich abscheiden und verklappen. Die Regierung regelt die unterirdische CO2-Speicherung – wie maßgeschneidert für den Energiekonzern.

In der Atompolitik sticheln die Herren gegeneinander, seit sie gemeinsam in der Regierung sitzen. Aber am heutigen Mittwoch wollen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) endlich mal Geschlossenheit bei einem Thema beweisen, das zumindest in der Hauptstadtregion noch umstrittener ist als die Nutzung der Atomkraft. Es geht um die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (CO2).

Am Vormittag wollen sie einen gemeinsam abgestimmten Entwurf für ein sogenanntes CCS-Gesetz im Detail vorstellen. Es ist der zweite Anlauf. Die schwarz-rote Koalition war vor gut einem Jahr noch mit dem Versuch gescheitert, eine rechtliche Grundlage für CCS-Projekte zu schaffen. Damals stellte sich vor allem die CDU-geführte Landesregierung in Schleswig-Holstein quer, wo Landwirte gegen CCS mobil machen.

CCS ist die Abkürzung für den englischen Fachbegriff Carbon Capture and Storage, zu deutsch Kohlendioxid-Abscheidung und -Speicherung. Mit dieser Technik wollen Stromkonzerne und später vielleicht auch Industrieunternehmen das bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe anfallende CO2 abtrennen, um es dann in porösen Gesteinsschichten einzulagern – am besten für immer. Unterirdisch wirke CO2 nicht klimaschädlich, so die Idee. Unternehmen, die diese Technik beherrschen, könnten weiter Kohle zur Stromerzeugung verbrennen, ohne dafür Umweltabgaben für den CO2-Ausstoß zahlen zu müssen.

Genau das plant der Energiekonzern Vattenfall in Brandenburg. Er gilt über Deutschlands Grenzen hinaus als führend bei der Erprobung von CCS. Derzeit plant Vattenfall den Bau eines Demonstrationskraftwerkes in Jänschwalde, das ab 2015 Kohle aus der Lausitz verbrennen soll. Das CO2 daraus soll in Brandenburger Böden gespeichert werden. Vattenfall will dort 1,5 Milliarden Euro investieren und erhält dafür unter anderem 180 Millionen Euro von der EU. Vor dem Hintergrund treibt die Regierung dieses Gesetz voran. Das Kabinett soll es Mitte September beschließen, dann sollen Bundestag und Bundesrat zustimmen, damit es Anfang 2011 in Kraft treten kann.

Nach einem dem Tagesspiegel vorliegenden Papier aus dem Umweltressort sollen pro Speicher nur drei Millionen Tonnen CO2 im Jahr eingelagert werden dürfen. Das wäre mehr als genug für Vattenfall: Das Unternehmen will jährlich nur zwei Millionen Tonnen versenken. Kritiker sagen also, es handele sich um eine Lex Brandenburg, maßgeschneidert für die Landesregierung und den großen Arbeitgeber Vattenfall. Das weist man im Bundesumweltministerium zurück. Das Gesetz ermögliche die Erprobung, die Demonstration, kaum mehr.

Deutschlandweit soll die jährliche Speichermenge auf acht Millionen Tonnen begrenzt werden. Im Jahr 2017 soll die Testphase ausgewertet werden. Stellt sich die Technologie als unbedenklich heraus, soll das Gesetz dauerhaft gelten. In diesem Punkt unterscheidet sich der neue Gesetzentwurf vom alten. Neu ist auch, dass Vattenfall für die CO2-Lagerung finanzielle Rücklagen bilden muss – Geld, das herangezogen werden kann, wenn Schäden für Mensch und Umwelt entstehen. Die Haftungszeit beträgt 30 Jahre. Zugleich soll das Gesetz Rechte von Grundstückseigentümern stärken und den Ländern mehr Mitspracherechte einräumen.

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