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Norbert Röttgen nahm die Berichte der Unternehmen entgegen.

© dpa

CO2-Verklappung: Versicherer sehen "nicht abschätzbare Risiken"

Unternehmen haben fast 200 Handlungsempfehlungen zum Klimaschutz für sich selbst und die Regierung ausgearbeitet. Nicht von allen neuen Technologien ist die Wirtschaft begeistert.

Vielleicht sind es die kleinsten Gedanken, die die größte Wirkung entfalten: „Stärkere Nutzung von geschlossenen Kühlmöbeln“, hielt eine Arbeitsgruppe als ein Ergebnis ihrer einjährigen Beratungen schriftlich fest. Soll heißen: Offene Kühltruhen sollten aus Supermärkten verbannt werden, da sie Energie verschwenden. Bei der Gelegenheit könnten Lebensmittelhändler auch die Truhen ausmustern, die noch mit klimaschädlichen Kühlmitteln arbeiten, hieß es weiter. Über einen anderen Vorschlag dagegen dürfen Ministerialbeamte noch länger diskutieren: „Empfohlen wird eine weitere Absenkung der Abgasverlustgrenzwerte von Heizkesseln nach der Kleinfeuerungsanlagenverordnung (1. BImSchV).“

Ganz so einfach ist es also dann doch nicht mit dem Klimaschutz – vor allem nicht in Deutschland, „das zu den Spitzenreitern im Bereich der Umwelttechnologien gehört“, wie Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) am Montag in Berlin betonte. Er stellte gemeinsam mit vier Spitzenmanagern einen Band mit Abschlussberichten vor, in dem Vertreter von insgesamt fast 100 Unternehmen, Verbänden und Forschungsinstituten fast 200 konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik festgehalten haben. Sie trafen sich quasi als Sonderkommission im Rahmen des „Klimaschutzdialogs Wirtschaft und Politik“, den Röttgen mit den Unternehmen Allianz, Siemens, Metro und dem Heizungsbauer Viessmann Ende 2009 ins Leben gerufen hatte. Damals stand das Thema wegen des Weltklimagipfels in Kopenhagen überall ganz oben auf den Tagesordnungen.

Die Unternehmen nutzen die Gelegenheit, um auch Vorschläge unterzubringen, die ihre Geschäftslage deutlich verbessern würden, würden sie in geltendes Recht umgesetzt. „Grundsätzlich geht es um die Auflösung des Finanzierungsstaus im Gebäudebereich. Wir brauchen einen straffen Sanierungsplan, am besten sofort und nicht erst im Jahre 2020“, sagte Martin Viessmann, Inhaber der mittelständischen Viessmann Werke aus dem nordhessischen Allendorf. Die von ihm geführte Arbeitsgruppe fordert diverse Abschreibungsmöglichkeiten bei energetischen Modernisierungen in Altbauten. 17,5 Millionen Haushalte erzeugten Wärme, wobei die Geräte dazu im Schnitt 25 Jahre lang betrieben würden. Würde man den natürlichen Austauschzyklus abwarten, könnte Deutschland seine Klimaziele nicht erreichen, behauptete Viessmann. Immerhin rund 40 Prozent der Energie, die in Deutschland erzeugt wird, entweicht in Form von Wärme aus dem Fenster.

Joachim Faber, Vorstand beim Versicherungskonzern Allianz, befasste sich vor allem mit Finanzierungsfragen und forderte, dass der Gesetzgeber die Möglichkeiten für Risikokapitalgeber erleichtert. „Viele kleine Ideen, die in deutschen Forschungsinstituten entwickelt werden, kommen nie zur Umsetzung, weil es an Wagniskapital fehlt“, sagte Faber.

Er sehe beim Klimaschutz ein riesiges Betätigungsfeld für die Finanzwirtschaft. Er verwies auf den jüngsten Bericht der Internationalen Energieagentur IEA, wonach alle Staaten und Unternehmen der Welt jährlich 770 Milliarden Euro investieren müssten, um die einschlägigen Klimaschutzziele zu erreichen. Im vergangenen Jahr seien weltweit 240 Milliarden Euro in Klimatechnologien investiert worden. Wenn man bedenke, dass zudem jedes Jahr rund 550 Milliarden Euro für Subventionen für fossile Energieträger gezahlt werden, könne man feststellen, dass da eine Menge machbar sei.

Doch auch im Klimaschutz gibt es Grenzen. So sind in dem Bericht Zweifel der Finanzindustrie an der sogenannten CCS-Technologie zur Abscheidung, dem Transport und der Einlagerung von Kohlendioxid festgehalten. Hier seien im Hinblick auf eine Haftpflicht bei Austreten des Gases „aufgrund der langen Laufzeiten und nicht abschätzbaren Risiken Grenzen gesetzt“, heißt es in dem Bericht. Der Gesetzgeber müsse definieren, was genau „Emission“ in dem Zusammenhang bedeute, sonst werde es keine Haftpflichtversicherungen geben. Die gibt es allerdings auch nicht für Kernkraftwerke. Im Falle eines GAU würden Energieindustrie und Steuerzahler gemeinsam haften.

Röttgen sagte, dass sein Ministerium „die Empfehlungen intensiv prüfen und in die für 2011 anstehende Fortentwicklung des Energie- und Klimaschutzprogramms einbeziehen“ werde.

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