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Wirtschaft: Commerzbank spart in den Filialen

Es drohen Schließungen und Stellenabbau / Institut verzichtet auf Agrarspekulationen.

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Frankfurt am Main/Berlin - Immer wieder standen die deutschen Banken in der Vergangenheit in der Kritik, weil sie auf die Preise von Grundnahrungsmitteln wetteten und damit die Hungersnöte in  Entwicklungsländern verschärften. Nach dem Fondsanbieter Deka und der Landesbank Baden-Württemberg verzichtet jetzt auch die Commerzbank auf Agrarspekulationen. Entsprechende Anlageprodukte, die bislang noch in einem Rohstoff-Fonds enthalten waren, seien herausgenommen worden. Auch wolle das Institut keine neuen börsennotierten Papiere auf Basis von Grundnahrungsmitteln mehr auflegen, bestätigte eine Sprecherin dem Tagesspiegel. Die Verbraucherorganisation Foodwatch begrüßte diesen Schritt und betonte, andere Häuser könnten sich ein Beispiel nehmen.

Was die wirtschaftliche Entwicklung der Bank angeht, ist die Commerzbank hingegen derzeit alles andere als ein Musterschüler. Mit dem Privatkundengeschäft verdient das Institut auch vier Jahre nach der Übernahme der Dresdner Bank kaum Geld. Für den Gewinn der Sparte im zweiten Quartal war allein das Direktbankgeschäft mit der Tochter Comdirect verantwortlich, die ein Ergebnis von knapp 24 Millionen Euro verbuchen konnte. Die Euro-Schuldenkrise, die niedrigen Zinsen und die Zurückhaltung der elf Millionen Kunden beim Kauf von Wertpapieren drücken die Einnahmen. Die Kosten können nach Angaben von Finanzvorstand Stephan Engels nicht in gleichem Maß zurückgefahren werden. Deshalb ist das Betriebsergebnis im Privatkundengeschäft im ersten Halbjahr um 35 Prozent auf 126 Millionen Euro eingebrochen, im zweiten Quartal stürzte es sogar um mehr als 80 Prozent auf nur noch 14 Millionen Euro ab.

Auch insgesamt musste die zweitgrößte deutsche Bank im ersten Halbjahr einen Rückgang des Betriebsgewinns gegenüber dem Vorjahr von 1,2 auf eine Milliarde Euro hinnehmen. Das Nettoergebnis schrumpfte um rund ein Drittel auf 697 Millionen Euro. Die Aktie der Commerzbank verlor deshalb am Donnerstag zeitweilig 4,9 Prozent.

Möglicherweise kommen auf das teilverstaatlichte Institut jetzt Filialschließungen und ein Abbau von Arbeitsplätzen im Privatkundengeschäft zu. Bank- Chef Martin Blessing kündigte eine „strategische Überprüfung“ der Sparte an. Erste Ergebnisse sollen im November vorgestellt werden. Zuletzt hieß es, bis zu 2000 der bundesweit noch rund 43 000 Stellen könnten wegfallen.

Erste Maßnahmen in den derzeit noch 1477 Filialen gibt es bereits: In manchen Städten werden Ableger für Privatkunden geschlossen und bleiben künftig nur noch Geschäftskunden vorbehalten. Lediglich über Automaten können Kunden dort noch Geld abheben, Auszüge abholen oder Überweisungen tätigen. Finanzchef Engels betonte aber, die Synergien aus der Übernahme der Dresdner Bank entwickelten sich nach Plan. Insgesamt will die Bank durch die Fusion 2,4 Milliarden Euro einsparen, 2,1 Milliarden davon bereits bis Ende des Jahres. Schon jetzt sind im Rahmen der Übernahme 9000 Arbeitsplätze abgebaut und 200 Filialen geschlossen worden. In Berlin werden derzeit noch 21 Filialpaare zusammengelegt. Bis Jahresende soll die Zahl der Commerzbank-Filialen in der Stadt so von ehemals 93 auf 72 sinken.

Allein im Geschäft in Mittel- und Osteuropa konnte die Commerzbank den Gewinn im ersten Halbjahr leicht steigern, vor allem wegen der guten Entwicklung bei der BRE-Bank in Polen. Die verlustträchtige Beteiligung an der Bank Forum in der Ukraine wurde gerade verkauft, auch die Beteiligung an einer Bank in Russland. Bei der Mittelstandsbank dagegen rutsche das Ergebnis von Januar bis Juni von 948 auf 878 Millionen Euro ab, im Investmentbanking blieben nach gut einer halben Milliarde Euro im Vorjahr unter dem Strich nur noch 75 Millionen Euro. Dazu hat die Bank allein in der Schiffsfinanzierung ein Minus von 300 Millionen Euro und beim Staats- und Immobilienfinanzierer Eurohypo einen Verlust von deutlich mehr als 150 Millionen Euro angehäuft. Beide Bereiche werden abgewickelt und aufgegeben.

Eine Besserung der Lage ist nach Ansicht von Blessing und Engels derzeit nicht in Sicht. „Für das zweite Halbjahr erwarten wir keine Stabilisierung des Marktumfeldes. Wir sehen deshalb auch keine Anzeichen, dass sich der Druck auf das operative Ergebnis reduziert“, sagt Engels. Er rechnet im zweiten Halbjahr mit einem geringeren Überschuss als in den ersten sechs Monaten.

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