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Wirtschaft: Computerbranche hat die Krise überstanden

Informations- und Telekomtechnik sind wieder gefragt. Insgesamt gibt es deutlich mehr Aufträge für die deutsche Industrie

Berlin - Der Investitionsstau in der deutschen Industrie löst sich auf. Die Industrieunternehmen verbuchten im Juli einen deutlichen Zuwachs bei ihren Auftragseingängen. Den stärksten Zuwachs – mit einem Plus von 4,5 Prozent gegenüber dem Vormonat – meldeten dabei die Hersteller von Investitionsgütern. Positive Signale kamen am Montag auch aus der Informationstechnik- und Telekommunikationsindustrie (ITK). „Alles spricht dafür, dass sich der Investitionsstau im ITK-Sektor tatsächlich und dauerhaft auflöst“, sagte der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Willi Berchtold. Nach drei Jahren der Flaute erwartet die Branche 2004 wieder ein Wachstum von 2,5 Prozent und damit einen Umsatz von 132 Milliarden Euro. Der Nachfrageschub aus dem Frühjahr sei kein Strohfeuer gewesen, sagte Berchtold.

Den deutschen Industrieunternehmen bescherte vor allem eine überraschend starke Nachfrage aus dem Ausland im Juli ein Auftragsplus von drei Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Montag mitteilte. Volkswirte werteten die Daten als Gegenbewegung zum Einbruch im Juni. Insgesamt belegten die Zahlen die anhaltende Erholung der Industrie. „Aber leider finden wir trotzdem das alte Muster: Die Auslandsbelebung ist viel stärker als im Inland“, sagte Jörg Lüschow von der WestLB.

Stabile Auftragseingänge aus dem Inland, klar anziehende Auftragseingänge aus dem Ausland – das gilt auch für die Computer- und Chiphersteller. Dieser Bereich der ITK-Branche war nach dem Informationstechnik-Boom Ende der 90er Jahre besonders betroffen. Unternehmen stellten ihre Investitionen in Computertechnik zurück. Zum Jahreswechsel hätten die Hersteller jedoch die Trendwende geschafft, sagte Bitkom-Präsident Berchtold. Von klingelnden Kassen sowohl im In- als auch im Ausland berichten laut Berchtold die Hersteller von digitaler Konsumelektronik. „Es fällt mir schwer, hier nicht von einem Boom zu sprechen“, sagte er. Nach drei Jahren mit rückläufigen Umsätzen im zweistelligen Prozentbereich blicken sogar die Hersteller von Telekommunikationsinfrastruktur wieder optimistischer in die Zukunft. Mehr als 70 Prozent der Unternehmen erwarteten für 2004 ein Umsatzplus, sagte Berchtold. Wachstumstreiber bleibt jedoch der Mobilfunk. Insgesamt würde das Wachstum in der gesamten ITK-Branche damit erstmals seit 2001 wieder höher ausfallen als in der Gesamtwirtschaft. Für 2005 rechnet die Branche sogar mit einem Umsatzzuwachs von 3,7 Prozent. Für seine Prognosen befragt der Bitkom seine rund 1300 Mitgliedsunternehmen aus den Bereichen Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien, die etwa 90 Prozent des Marktes repräsentieren.

Mit nennenswerten Neueinstellungen rechnet Bitkom trotz der positiven Erwartungen aber erst ab dem Jahr 2005. Derzeit arbeiten etwa 700000 Menschen in der Informations- und Telekommunikationsbranche. Auch Klaus-Heiner Röhl, Experte für Strukturpolitik am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, sagte dem Tagesspiegel: „Die Unternehmen werden erst einmal vorsichtig agieren“ und sich mit Neueinstellungen Zeit lassen. „Besonders erfreulich entwickelt sich der Hardware-Sektor in Ostdeutschland“, sagte Röhl. Bei den Chipherstellern Infineon oder AMD seien in Dresden auch während der vergangenen Jahre Arbeitsplätze aufgebaut worden. „Das macht sich beim Wirtschaftswachstum in Sachsen bereits seit 2003 bemerkbar.“ Die ITK-Branche leiste zudem einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit in anderen Branchen. „Für eine moderne Volkswirtschaft nimmt der Sektor Informationstechnik in Deutschland immer noch eine recht kleine Rolle ein – anders als etwa in den USA“, sagte Röhl.

Nach Einschätzung von Bitkom-Präsident Berchtold müsse die IT-Branche als Zukunftsbranche ein Wachstum von fünf Prozent „abliefern, damit das Wirtschaftswachstum in Deutschland wieder über zwei Prozent kommt“. Ein fünfprozentiges Wachstum der Branche sei für 2006 denkbar.

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