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John Suffolk ist seit 2011 globaler Cyber-Sicherheitschef von Huawai. Zuvor war er oberster IT-Sicherheitschef der britischen Regierung.

© Doris Spiekermann-Klaas

Cyber-Sicherheit: "Jeder kann sich ein Bild von Huawei machen"

Huawei Technologies aus Shenzhen in China ist der weltgrößte Netzwerkausrüster. Bei Smartphones liegt er hinter Samsung, Apple und LG auf Platz vier. Auf der Kundenliste des privaten Technologieunternehmens stehen fast alle europäischen Telefongesellschaften. Doch immer wieder wird Huawei verdächtigt, für die chinesische Regierung oder das Militär zu spionieren. Ein Gespräch mit John Suffolk, Cyber-Sicherheitschef von Huawei.

Herr Suffolk, Sie waren in Diensten Ihrer Majestät, der britischen Königin. Wie sind Sie zur chinesischen Firma Huawei gekommen?

Sie haben mir einen Job angeboten. Ich habe acht Jahre für die britische Regierung gearbeitet, fünf davon als oberster Beauftragter für Informationstechnik und -sicherheit. Zu jener Zeit führte Huawei Gespräche mit der britischen Regierung.. So habe ich Huawei kennengelernt. Es gibt viele Ängste und Sorgen beim Thema Cyber-Sicherheit – und vieles hat seinen Ursprung in dem Misstrauen zwischen Ost und West. Chinas führendes Technologieunternehmen und ein britischer Staatsbürger, der sich mit Sicherheit auskennt, das ist eine ideale Kombination.

Wie ist es, als Europäer für ein chinesisches Unternehmen zu arbeiten?

Huawei ist ein Unternehmen, dessen Mitarbeiter im Durchschnitt 28 Jahre alt sind. Wir arbeiten in 140 Ländern, mit 150 000 Mitarbeitern, die mehr als 150 verschiedene Sprachen sprechen. 70 000 Mitarbeiter arbeiten in der Forschung und Entwicklung.  Säßen wir im Silicon Valley oder Europa, würde Huawei als großartige Wachstumsgeschichte gefeiert. Was mich begeistert,  ist die herausragende Kompetenz unserer Mitarbeiter und die Leidenschaft, mit der sie Innovationen vorantreiben.  

Was genau ist Ihr Job dabei?

Meine Aufgabe ist es, für die Sicherheit im ganzen Prozess vom kleinsten Lieferanten bis zum Kundenbetreuer zu sorgen. 70 Prozent der in unseren Produkten verwendeten Bauteile, kommen nicht von Huawei. Unser größter Zulieferer sind übrigens US-Firmen mit einem Anteil von 32 Prozent. Es geht um weit mehr als die Sicherheit von Software, es beginnt bei der Einstellung und Ausbildung der Mitarbeiter und reicht bis zu den verschiedenen Gesetzgebungen in den unterschiedlichen Ländern.

Seit 2010 gibt es Ihr Cyber Security Evaluation Centre in Großbritannien, was passiert dort?

Dort werden unsere Produkte auf alle möglichen Sicherheitsaspekte hin getestet. Was dort getestet wird, bestimmen unsere Kunden wie British Telecom oder Vodafone. Wir stellen die gewünschten Produkte und Dokumentationen zur Verfügung, weil wir nichts zu verbergen haben.

Trotzdem wird Huawei vorgeworfen, sehr verschlossen zu sein.

Jeder Interessierte kann sich von Huawei ein Bild machen – von der Fertigung über die Unterkünfte für die Mitarbeiter bis zu den Büros. Sie können auch direkt mit unseren Ingenieuren sprechen.

Was ist Huaweis Strategie für Europa?

Wir wollen unsere Präsenz in Europa in den kommenden fünf Jahren stark ausbauen. Heute haben wir in Deutschland mehr als 1600 Mitarbeiter, in Europa sind es insgesamt fast 8000. Diese Zahl soll um 5500 steigen.

Europa ist kein Wachstumsmarkt, warum investieren Sie hier?

Huawei gehört 70 000 seiner Mitarbeiter. Sie denken langfristig. Wir wollen in 20 oder 30 Jahren noch hier sein. Wir sind längst mehr als ein Anbieter von Netzwerktechnik für Telefongesellschaften. Wie bieten Endgeräte für Privatkunden aber auch Lösungen für Unternehmen oder Städte an. Unser Markt wächst überall auf der Welt, weil wir Kommunikationstechnik in immer mehr Lebensbereiche integrieren.

Die Telekom, Telefónica oder Vodafone sind schon lange Ihre Kunden. Der US-Kongress hat amerikanischen Unternehmen dagegen empfohlen, nichts von Ihnen zu kaufen mit dem Hinweis, Huawei stehe dem chinesischen Militär nahe und es bestehe die Gefahr ausspioniert zu werden. Was sagen Ihre Kunden dazu?

Nun, unsere europäischen Kunden haben sich davon nicht irritieren lassen. Das zeigen unsere guten Ergebnisse im vergangenen Jahr. Wir hatten um diese Kongress-Untersuchung gebeten, weil wir glauben, dass wir mit Offenheit Bedenken am besten aus dem Weg räumen können. Wir haben alles gezeigt, alle Fragen beantwortet und waren am Ende enttäuscht. Das Dokument ist voller Wenns, Vielleichts und Abers. Es gibt aber keinen einzigen Hinweis über ein Fehlverhalten von Huawei in dem Bericht.

Hat Sie das Ergebnis wirklich überrascht?

Nein, wir wissen schon, warum die Amerikaner sagen: Kauft nicht bei Huawei. Weil wir den Wettbewerb anstacheln, da wir technisch führend sind und wettbewerbsfähige  Preise anbieten. Es waren keine Sicherheitsbedenken, die zu der Warnung geführt haben, es waren Wettbewerbsgesichtspunkte. Auch der Hinweis darauf, dass Huawei-Gründer Ren Zhengfei vor 30 Jahren für die chinesische Armee gearbeitet hat. Herr Ren war ein ziviler Ingenieur in der Armee. Die Ironie ist, dass in US-Unternehmen sehr viele Ex-Militärs arbeiten.

Obwohl es keinen Fall gibt, wird Huawei verdächtigt, für die Regierung zu spionieren. Wie wollen Sie die Bedenken ausräumen?

Wir ermutigen die Leute, die Fragen zu stellen, die sie haben. Und dann gehen wir Schritt für Schritt an Beispielen durch, wie so etwas ablaufen könnte. Wir gehen alle Möglichkeiten durch, von virtuellen Hintertüren über Eingriffe von Regierungen, um alle Zweifel auszuräumen. Wenn Software-Sicherheit einfach wäre, hätten auch Microsoft, Java oder Adobe nicht solche Probleme. Es ist komplex. Wir sind der Meinung, je mehr Menschen sich die Sache anschauen und testen, desto geringer ist die die Chance, dass etwas Böses passiert.

Regierungen behalten sich in der Regel die Möglichkeit vor, Zugriff auf die Netze nehmen zu können, zum Beispiel um Verbrechen zu bekämpfen. Kann Chinas Regierung das bei Ihrer Netztechnik nicht?

Was Sie beschreiben, ist das durch Richter gestattete Abhören. Huawei bietet diese Abhörtechnik nicht an.

Warum nicht?

Dieser Markt ist klein und nur für eine spezielle Klientel. Und es ist ein heikles Thema, vor allem, weil wir ein chinesisches Unternehmen sind. Wir sehen keine Notwendigkeit diese Technik anzubieten, dafür gibt es andere.

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