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Wirtschaft: Daimler-Chef Schrempp sucht Kronprinzen

Dieter Zetsche saniert erfolgreich die US-Tochter Chrysler und empfiehlt sich für den Vorstandssessel in Stuttgart

Stuttgart (brb/ajo/zel/HB). Beim Stuttgarter Automobilkonzern DaimlerChrysler ist das Rennen um die Nachfolge von Konzernchef Jürgen Schrempp (58) gestartet. Schrempps Vertrag läuft zwar erst zur Hauptversammlung im Jahr 2005 aus, doch bereits in den nächsten zwölf Monaten muss der Aufsichtsrat die Weichen für seine Nachfolge stellen. Es gibt einen klaren Favoriten: Chrysler-Chef Dieter Zetsche.

Nach Angaben von Aufsichtsratschef Hilmar Kopper stehen „drei, vier Namen" auf der Liste des künftigen Vorstandsvorsitzenden. Als weiterer Kandidat für den Spitzenposten gilt beispielsweise Nutzfahrzeugchef Eckhard Cordes (52). Doch in Aufsichtsratskreisen heißt es: „Wenn Zetsche weiterhin die Chrysler-Performance so steigert, ist er die Nummer Eins." Wie weit der Chrysler- Manager vorne liegt, belegen Aussagen aus dem Aufsichtsrat wie: „Müsste heute entschieden werden, würde Zetsche Nachfolger von Schrempp werden." Und auch in den oberen Führungsetagen in Möhringen ist zu hören: „Die Führungskräfte sehen Zetsche an erster Stelle."

Schon jetzt würden sie sich auf die Zeit nach Schrempp einstellen und Kontakte mit wichtigen Mitarbeitern von Zetsche suchen, berichtet ein Manager. Das große Plus von Zetsche (49) ist neben seinen Sanierungs-Erfolgen bei Chrysler sein selbstsicheres Auftreten in der Öffentlichkeit. Nicht nur auf Automessen kann der promovierte Ingenieur überzeugen. Auch bei Chrysler hat er Mitarbeiter und Gewerkschafter für sich eingenommen. Und Kollegen bescheinigen ihm: „Er hat ein gutes Netz im Konzern." Außerdem könne er sich der Fürsprache des einflussreichen Mercedes-Chefs Jürgen Hubbert sicher sein.

Negativ lasten ihm Manager im Konzern dagegen an, dass er nie länger auf einem Posten war. „Er hat manches angefangen, was seine Nachfolger ausbaden müssen", heißt es an verschiedenen Stellen im Konzern. Das hat beispielsweise sein Konkurrent um die Schrempp-Nachfolge, Nutzfahrzeugchef Cordes deutlich zu spüren bekommen. Nicht nur die von seinem Vorgänger Zetsche angebahnte Allianz mit Caterpillar ging schief. Auch der vom heutigen Chrysler-Chef eingekaufte US-Motorenhersteller Detroit Diesel ist ein Sanierungsfall. Trotz Zetsches Favoritenrolle gilt Cordes ebenfalls als gewichtiger Kandidat. Die Erfolge des promovierten Kaufmanns, der mit Schrempp den Chrysler-Deal eingefädelt hat, und dem auch privat gute Kontakte zum Konzernchef nachgesagt werden, lassen sich aber nicht so gut darstellen, wie die von Zetsche. Die Nutzfahrzeugsparte weltweit zu verzahnen und damit Kostenvorteile zu erzielen, ist eine langwierige Aufgabe. Cordes erwartet dies nicht vor 2010. Und er hat weitere Handicaps: Der eher introvertierte Manager brilliert nicht in der Öffentlichkeit. Zudem sähe es mancher Aufsichtsrat lieber, dass Cordes weiterhin Nutzfahrzeugchef bleibt, um dadurch endlich Kontinuität in die Sparte zu bringen.

Aufsichtsratskreise erwarten, dass die Nachfolgefrage innerhalb der nächsten zwölf Monate geklärt wird. Derzeit gehen die Kontrolleure davon aus, dass Schrempp (58) und Ex-Deutsche-Bank-Chef Kopper (67) zur Hauptversammlung 2005 ausscheiden. Das gut eingespielte Gespann kann in zwei Jahren auf einen guten Ausstieg hoffen. Im vergangenen Jahr ist Chrysler wieder in die schwarzen Zahlen zurückgekehrt. 2005 könnte der Konzern wieder ordentlich verdienen.

Die Hauptversammlung 2005 bietet sich auch deshalb für ein Ausscheiden von Schrempp an, da er kurz darauf seinen 60. Geburtstag feiert. Ab diesem Alter bekommen Vorstände nach den neuen Corporate- Governance-Regeln bei Daimler nur noch Jahresverträge. „Diese Regelung gilt für alle", betonte Kopper kürzlich in einem Interview. Für Kopper selbst zeichnet sich damit eine Vertragsverlängerung von einem Jahr ab. Sein Amt an der Spitze des Aufsichtsrats läuft im Frühjahr 2004 aus. Dass Kopper länger als bis Frühjahr 2005 bleibt, ist unwahrscheinlich. Er ist dann 70 Jahre alt und hat damit die neue Altersgrenze erreicht, die jetzt für die Aufsichtsräte bei Daimler gilt.

Die große Frage ist, wer Kopper als Aufsichtsratschef folgt. Zwar gibt es Überlegungen, Schrempp zum Aufsichtsratschef zu machen. Doch es sei nicht sicher, ob sich der Konzern in diesem Punkt über seine eigenen Regeln und über das sonst in Deutschland bei vielen Konzernen beliebte Verfahren hinwegsetzen will.

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