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Wirtschaft: Daimler-Chrysler wird zum Übernahmekandidaten

Nach dem Rückzug der Deutschen Bank könnten Investoren bei dem Autobauer einsteigen – und ihn sogar zerschlagen, sagen Experten

Berlin/Frankfurt am Main Der angekündigte Rückzug der Deutschen Bank erhöht für den Autokonzern Daimler-Chrysler die Gefahr einer feindlichen Übernahme. Branchenkennern und Analysten zufolge könnten insbesondere Hedge-Fonds bei dem Konzern einsteigen und eine höhere Rendite verlangen. Sogar eine Zerschlagung des Stuttgarter Unternehmens sei denkbar, hieß es. Derweil strebt der Aufsichtsrat an, das Führungsproblem bei der Sparte Mercedes Car Group bis Mitte September zu lösen.

„Für den Bestand von Daimler-Chrysler in seiner heutigen Struktur gibt es keine Garantie“, sagte Willi Diez, Leiter des Nürtinger Instituts für Automobilwirtschaft, dem Tagesspiegel. Durch den angekündigten allmählichen Rückzug der Deutschen Bank steige die Gefahr, dass institutionelle Anleger wie Hedge-Fonds mehr Einfluss gewönnen und vom Vorstand höhere Renditen forderten. Denkbar sei auch ein Szenario, bei dem ein Investor die Sparten Mercedes-Benz, Chrysler und die Nutzfahrzeuge an die Börse bringen und Beteiligungen wie die am Rüstungskonzern EADS verkaufen wolle, sagte Diez.

„Die Struktur von Daimler-Chrysler ließe sich gut für eine Zerschlagung nutzen“, sagte Marc-René Tonn, Analyst bei M.M. Warburg. Allerdings gäbe es nur wenige Investoren, die beim aktuellen Börsenwert von mehr als 41 Milliarden Euro den Kauf einer Mehrheit zu Stande bringen würden. Auch sei mit politischem Protest gegen eine Übernahme zu rechnen.

Die Deutsche Bank hatte in der vergangenen Woche ihren Anteil an dem Konzern nach dem Rückzug von Vorstandschef Jürgen Schrempp abgebaut. Sie reduzierte ihr Aktienpaket von 10,4 auf 6,9 Prozent, das sind rund 69 Millionen Aktien. Man wisse nur, dass die Käufer der Papiere Fondsgesellschaften seien, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bank auf Anfrage. Bis wann man sich von den restlichen Daimler-Chrysler-Aktien trennen wolle, sei noch nicht entschieden. Der Personalwechsel von Schrempp zu dessen Nachfolger Dieter Zetsche hat den Daimler-Kurs um mehr als 13 Prozent ansteigen lassen – von 35,81 Euro am vergangenen Mittwoch auf 40,43 Euro am Montag. Das sei immer noch unterbewertet, befand Ferdinand Dudenhöffer vom Center for Automotive Research in Gelsenkirchen. Mit der sich nun verbessernden Profitabilität werde der Kurs aber auf mehr als 50 Euro steigen.

Derweil hat Eckhard Cordes, Chef der Mercedes Car Group, aus dem verlorenen Machtkampf um die Spitze bei Daimler-Chrysler erheblichen finanziellen Gewinn gezogen. Bereits einen Tag nach der Ernennung von Dieter Zetsche als neuen Vorstandschef hat sich der 54-jährige Manager von einem gewichtigen Teil seines Daimler-Aktienbesitzes getrennt und dabei einen Gewinn von knapp einer halben Million Euro vor Steuern erzielt. Insider werten dies als Indiz für den Rückzug Cordes’, der den Aufsichtsrat um eine Auflösung seines Vertrages gebeten hat, weil er sich Hoffnungen auf die Schrempp-Nachfolge gemacht hatte. Dass Cordes von seiner Ankündigung noch Abstand nimmt, gilt intern als ausgeschlossen. Nach Informationen des Handelsblatts aus Aufsichtsratskreisen streben wichtige Teile des Kontrollgremiums eine Nachfolgelösung noch vor der Automobilausstellung IAA an, die Mitte September beginnt. Einen Favoriten für den vakanten Mercedes-Chefsessel gebe es jedoch noch nicht. Gehandelt werden Daimler-Forschungsvorstand Thomas Weber, Mercedes-Vertriebschef Klaus Maier und Smart-Chef Ulrich Weber. brö/hz/HB

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