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Wirtschaft: Das Aus für Mobilcom ist nicht das Ende von UMTS

Der Preis für die neue Mobilfunktechnik war für manche Anbieter zu hoch / Telekom und Vodafone hatten keine Alternative

Berlin. Mobilcom muss seine UMTS- Träume teuer bezahlen. Am Ende könnte der Preis sogar die Existenz des Unternehmens sein. Denn ob der Sanierungsplan, den Vorstandschef Thorsten Grenz am Freitag präsentierte, das Überleben des Unternehmens sichert, ist keineswegs gewiss. Zu viele Fragen sind offen: Bekommt Mobilcom die versprochenen Darlehen über 400 Millionen Euro, die die Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Landesbank Schleswig-Holstein gewähren sollen? Gibt es eine Einigung mit dem abgesprungenen Partner France Télécom? Verzichtet France Télécom sogar auf die Rückzahlung der UMTS-Kredite? Die kommenden Wochen werden es zeigen. Sicher scheint aber, wenn es eine Zukunft für Mobilcom gibt, dann nur ohne UMTS.

Allein kann Mobilcom die Milliarden-Investitionen in die Mobilfunktechnik der dritten Generation nicht stemmen. Ein finanzkräftiger Partner, der sich heute noch auf das Abenteuer UMTS einlassen wollte, ist derzeit nicht in Sicht. Mobilcom-Chef Grenz stoppt erst einmal den Netz-Ausbau und schickt den größten Teil der 1100 Mitarbeiter in diesem Bereich nach Hause. Genauso wie es der Wettbewerber Quam schon im Juli getan hatte. Kaum ein Beobachter glaubt, dass eine der beiden Firmen in der Lage sein wird, bis Ende 2003 ein funktionsfähiges Netz aufzubauen – wie es die Regeln vorschreiben.

Bereits im Jahr 2000, als sechs Bietergruppen in Deutschland die Lizenzen für das Universal Mobile Telecommunications System (UMTS) ersteigerten, sagten Branchenbeobachter voraus, dass es nicht alle sechs Wettbewerber schaffen werden. Schon deswegen nicht, weil die Lizenzen – wenigstens für einige Mitbewerber – zu teuer waren: Allein in Deutschland zahlten die Unternehmen zusammen rund 50 Milliarden Euro nur für die Funkerlaubnis.

Aber die Voraussetzungen, unter denen die sechs Lizenznehmer angetreten sind, waren sehr unterschiedlich. Den schwersten Stand hatte Quam, das Gemeinschaftsunternehmen der spanischen Telefongesellschaft Telefónica und der finnischen Sonera: Es hatte keinen einzigen Kunden in Deutschland. Die Startbedingungen für Mobilcom waren etwas besser. Immerhin hat Mobilcom heute 4,9 Millionen Mobilfunkkunden. Allerdings nicht im eigenen Netz. Bisher vermarktet Mobilcom lediglich Verträge für die anderen Mobilfunkanbieter. Für E-Plus mit rund sieben Millionen Kunden und O2 (früher Viag Interkom) mit etwa vier Millionen Kunden sehen Experten vor allem eine Chance, wenn beide Anbieter kooperieren. Aber das lassen die Lizenzbedingungen nicht zu – es sei denn, eine der beiden Lizenzen geht zurück. Jedoch verbessern sich die Erfolgsaussichten für E-Plus und O2 allein dadurch, dass mit Quam und Mobilcom nun zwei Wettbewerber aus dem Rennen sind. Die besten Chancen hatten von Anfang an die großen Wettbewerber T-Mobile (23 Millionen Kunden) und Vodafone (21 Millionen Kunden). Sie hatten auch keine andere Wahl. Sie brauchen allein schon deswegen die Lizenz für UMTS, weil die Kapazitäten in den bestehenden Netzen der zweiten Generation (GSM) für die große Zahl der Kunden bald nicht mehr ausreichen.

Sicher, die Euphorie, die im Jahr 2000 herrschte, als die Lizenzen vergeben wurden, war übertrieben. Genauso übertrieben ist es, UMTS als totale Fehlinvestition zu betrachten. Es wurden zu viele Lizenzen vergeben und die Firmen haben zu hohe Preise bezahlt – das wissen wir heute. UMTS ist aber eine Weiterentwicklung der heutigen Mobilfunknetze. Mit der UMTS-Technik lassen sich bei gegebenem Funkspektrum 20 mal mehr Gespräche übertragen als in den heutigen digitalen Netzen. Um in einem UMTS- Netz die gleiche Kapazität für Sprachübertragung wie in einem GSM-Netz zu erreichen, müssen nur ein Siebtel der Kosten aufgewendet werden. Selbst wenn das Datenvolumen durch neue mobile Dienste nicht so schnell und so stark ansteigt wie ursprünglich erwartet, ohne die Investitionen in neue Technik und neue Netze hätte sich die Branche ihre Zukunft verbaut. Corinna Visser

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