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Wirtschaft: Das Finanzamt will eine Gewinn-Beteiligung

Nicht der Crash ist der größte Feind für Deutschlands Börsianer, sondern Jürgen Trittin.Der Vorstandssprecher von Bündnis 90 / Die Grünen will alle Kursgewinne bei Aktien besteuern.

Nicht der Crash ist der größte Feind für Deutschlands Börsianer, sondern Jürgen Trittin.Der Vorstandssprecher von Bündnis 90 / Die Grünen will alle Kursgewinne bei Aktien besteuern.Deshalb befürchtet die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) schon das Ende der Aktien-Herrlichkeit.

"Wenn wir die Finanzämter auf alle Anleger hetzen, werden wir niemals zu einem Land der Aktionäre", bangt DSW-Sprecher Jürgen Kurz um die jüngsten Beliebtheitserfolge der Börse.Daß SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder bisher eine allgemeine Aktiensteuer ablehnt, beruhigt ihn wenig.Kurz befürchtet, "daß die SPD nicht standhaft bleibt, wenn die Grünen diese Frage zum Knackpunkt einer Koalition machen und eventuell Geld für andere Wahlversprechen benötigt wird".

Es geht um viel Geld, schließlich ist die neue Abgabendiskussion der Preis des Börsenerfolgs.Im Boomjahr 1997 verbuchten deutsche Anleger mehr als 400 Mrd.DM Kursgewinne.Davon landete lediglich ein kleiner zweistelliger Millionenbetrag in der Staatskasse.Das sind nicht einmal 0,001 Prozent, also weniger als ein Zehntausendstel.

Ein ideales Umfeld für Neid-Kampagnen im Wahlkampf - nicht nur durch die Grünen.SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler ging mit dem Vorwurf auf Stimmenfang, es sei "ungerecht, wenn Kranke bei uns im Jahr 500 Mill.DM für Medikamente zuzahlen müssen und gleichzeitig durch Aktienvermögen steuerfrei Milliarden verdient werden".Auch der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Heiner Geißler, macht mit und fordert "eine international abgestimmte Besteuerung der Spekulationsgewinne".

Diese internationale Abstimmung wäre auch notwendig, denn anderenfalls würde eine Kursgewinnsteuer dem Börsenstandort Deutschland schaden, sagt Peter Coym, Vorstand von Lehman Brothers in Frankfurt.Daran ändere auch nichts, daß eine derartige Abgabe in den USA seit langem üblich ist.Coym: "Zur Präsenz in New York gibt es für institutionelle Anleger keine Alternative, sehr wohl aber zum deutschen Finanzplatz."

Doch selbst wenn die Maximal-Forderung der Grünen wegen solcher Bedenken nicht umgesetzt wird, müssen sich Börsianer spätestens im Jahr 2000 auf schärfere Bedingungen einstellen.Daß die bisher geltende sechsmonatige Spekulationsfrist auf ein Jahr verlängert wird, gilt als sicher - schließlich steht diese Forderung praktisch gleichlautend in den Steuerreformprogrammen von Union, FDP und den Sozialdemokraten.Aber nicht nur Kursgewinne entscheiden über die Spekulanten-Steuer: Macht der Anleger im gleichen Kalenderjahr auch kurzfristige Anlage-Verluste, kann er diese vom zu versteuernden Gewinn abziehen.Freilich nur, wenn der Verlust auch aktenkundig wird.Das bedeutet, der Börsianer muß das Wertpapier innerhalb der Spekulationsfrist verkaufen.

Steuerlich besonders effektiv ist der Verlust-Verkauf, wenn Anleger ihren Spekulationsgewinn auf diese Weise unter 1000 DM im Jahr drücken.Für Zocker-Gewinne bis zu dieser Höhe interessiert sich das Finanzamt überhaupt nicht.Bei einem Spekulationsgewinn von 1001 DM ist die volle Summe zu versteuern, bei einem Gewinn von 999 DM keine einzige Mark.Spielraum bis 2000 DM Kursgewinn haben Ehepaare - vorausgesetzt, beide Ehepartner sind als Besitzer des Wertpapierdepots eingetragen.

WOLFGANG LUDWIG (DM)

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