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Wirtschaft: Das Gas fließt wieder

Zusätzliche Mengen aus Russland gleichen die Verluste in der Ukraine aus – aber die Unsicherheit bleibt

Berlin - Die Gaslieferungen nach Deutschland haben am Dienstag wieder ihr Normalniveau erreicht. So erhielten die Importeure Eon-Ruhrgas und Wingas nach den Ausfällen vom Montag wieder die vereinbarten Mengen. „Der Druck auf den Leitungen ist normal“, sagte ein Eon- Sprecher. Auch in anderen europäischen Ländern floss das Gas wieder.

Am Montag hatte die Ukraine die Transitpipeline von Russland über ihr Territorium nach Westeuropa angezapft. Hintergrund ist der Streit mit Russland über den Gaspreis. Nachdem die westlichen Abnehmer über Lieferausfälle klagten, pumpte der russische Konzern Gasprom zusätzliches Gas in die Leitung, um die Verluste auszugleichen. Diese Maßnahme scheint nun Wirkung zu zeigen. „Wir wollen unsere Lieferverpflichtungen gegenüber Westeuropa einhalten“, sagte der Deutschland-Sprecher von Gasprom, Andreas Böldt, dem Tagesspiegel.

Wer die Kosten für das zusätzliche Gas trage, stehe noch nicht fest. „Den westeuropäischen Kunden werden wir das aber auf keinen Fall in Rechnung stellen“, erklärte Böldt. Gasprom werde vielmehr versuchen, die Kosten auf die Ukraine abzuwälzen, die die Gaspipeline von Russland nach Westeuropa angezapft habe. Allerdings räumte Böldt ein, dass es schwierig werde, die Ukraine zum Bezahlen zu bewegen. „Wir haben keine Möglichkeit, Kiew irgendetwas nachzuweisen“, sagte der Gasprom-Sprecher. „Was mit den Gasleitungen in der Ukraine passiert, können wir nicht kontrollieren.“ Gasprom werde daher aller Voraussicht nach auf den Kosten für das zusätzliche Gas sitzen bleiben. Das ukrainische Gasunternehmen Naftogas gab am Dienstag zwar das Abzweigen von Gas zu. Dabei handele es sich jedoch um Mengen aus Turkmenistan, die über Russland in die Ukraine flössen. Die Nutzung sei daher „völlig legal“.

Für die Zukunft wollte Böldt ähnliche Schwierigkeiten wie derzeit nicht ausschließen. Zwar gebe es Verträge mit der Ukraine bis 2013. „Die Tarife werden aber jährlich neu ausgehandelt“, sagte er. „Deswegen kann man immer nur für ein Jahr Sicherheit haben.“ Ein russischer Gasprom-Sprecher sagte den Abnehmern in Mittel- und Osteuropa eine Entschädigung für die kurzfristigen Lieferausfälle zu. In welcher Form dies geschehe, ließ er offen. Derweil werden die Verhandlungen mit der Ukraine offenbar wieder aufgenommen. Am Dienstag flog eine Naftogas-Delegation von Kiew nach Moskau.

An den Ölmärkten gab der Gasstreit den Preisen Auftrieb. Die US-Ölsorte Light Sweet Crude verteuerte sich zeitweise um mehr als zwei Dollar auf 63,80 Dollar je Barrel (knapp 159 Liter), während der Preis für die Nordseesorte Brent zeitweise um drei auf 60,05 Dollar stieg.

In Deutschland geht unterdessen die Diskussion um die Importabhängigkeit in der Energieversorgung weiter. So sprach sich der Vorstandsvorsitzende des Windkraftunternehmens Repower und ehemalige Hamburger Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) für eine weitere Nutzung von Stein- und Braunkohle aus. „Neben den erneuerbaren Energien sind sie die einzigen Energieträger, die wir in Deutschland haben“, sagte er dem Tagesspiegel. Allerdings müsse eine CO2-freie Kohletechnologie entwickelt werden. „Darauf muss Deutschland seine gesamte Ingenieurskunst verwenden“, sagte Vahrenholt. Neue Gaskraftwerke dagegen verschärften die Abhängigkeit der deutschen Energieversorgung vom Ausland. „Schon jetzt haben wir Gas überfordert“, sagte Vahrenholt. „Wir nutzen es zum Heizen in Wohnungen, in Erdgasautos und bei der Stromerzeugung – das ist zu viel für einen einzelnen Energieträger.“

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