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Pyramide in Chichén Itzá. Hier feierten Nachfahren der Maya am 21.12.2011 das neue Jahr nach dem Mayakalender, der jetzt endet. Foto: dpa

© dpa

Das Geschäft mit dem Weltuntergang: Von Bunkern und Hamsterkäufen

Egal ob die Maya wirklich das Weltende für kommende Woche voraussahen oder nicht: Viele Unternehmer verdienen in jedem Fall.

Kurz vor dem Tod wird es noch einmal lustig. „Laut Maya-Kalender geht am 21.12.2012 die Welt unter, höchste Zeit so richtig abzuhotten“, lautet ein Partyhinweis auf berlinien.de. Gefeiert wird selbstverständlich „als ob es kein morgen gäbe“. Das angebliche Ende der Erde nehmen Eventmanager in Deutschland und weltweit zum Anlass, ihre Clubs zu füllen – statt des nahenden Garaus liegt Geld in der Luft. Und die Partymacher sind längst nicht die einzigen, die an der Hysterie um das mysteriöse Datum verdienen.

Polsprünge, gewaltige Vulkanausbrüche, gigantische Überschwemmungen – Untergangsszenarien sind sehr verschieden und so gar nicht neu, man denke nur an die Jahrtausendwende. Allerdings hat der Hype um die angebliche Vorhersage der Maya selten erlebte Dimensionen erreicht. Zum großen Teil dafür verantwortlich und gleichzeitig einer der größten Profiteure ist der deutsche Hollywood- Produzent Roland Emmerich. Er schrieb, produzierte und drehte mit „2012“ einen epischen Untergangsfilm, der 200 Millionen Dollar kostete und etwa viermal soviel einspielte.

Dass alle, die an Katastrophenfantasien verdienen, noch länger Freude an ihrem Geld haben werden, bestätigen seriöse Wissenschaftler wie der Archäologe William Saturno von der Universität Boston: „Die alten Maya sagten voraus, dass die Welt fortbestehen und in 7000 Jahren alles noch genauso sein wird wie damals.“ Was die Vertreter der ehemaligen mittelamerikanischen Hochkultur für den 21. Dezember 2012 berechneten, war lediglich das Ende eines „Bak’tun“, eines Zyklus, in welche die Maya die Zeit eingeteilt hatten. Nach ihm kommt aber nicht etwa das Nichts – sondern schlichtweg der nächste Bak’tun.

Dies sieht sicherlich auch Harald Lesch so. Trotzdem wird der Physiker von der Ludwig-Maximilian-Universität in München für das ZDF mit Leschs Kosmos „live beim Weltuntergang dabei sein“, wie der Sender verkündet. Das ZDF will zusätzlich mit der „großen Show zum Weltuntergang“ des Moderatoren-Duos Joko und Klaas auch bei jungen Zuschauern Quote machen.

Guter Fernsehempfang ist im Atombunker von Rochus Geissel in der Nähe von Düsseldorf kaum zu erwarten. Dafür hatte der Auto- und Immobilienhändler dort ein sicheres Plätzchen für den Fall der Fälle angeboten, mit Notstromaggregat, Luftreinigungsanlage und viel Dosenfleisch. Der Preis: 500 Euro. 17 Interessenten hätten sich bei ihm gemeldet, erzählt Geissel, dem die Sache heute hörbar unangenehm ist. „Es war eine Schnapsidee, die Aktion wird so nicht passieren“, sagt der 51-Jährige. Nach vielen negativen Zuschriften hat Geissel die Einbunkerung ebenso abgeblasen wie Werner Demand aus Lohmen in Sachsen. Er hatte – ebenfalls für 500 Euro – über das Internet Plätze in einem ehemaligen NVA-Waffendepot angeboten. Bis zu 150 Menschen hätten dort Zuflucht suchen wollen, wie Lokalzeitungen berichteten. Nun wird nur Demand mit seinen Freunden und ohne zahlende Gäste einziehen.

Erleuchtungsseminar für 350 Euro.

Etwas ernster nehmen das Ende aller Tage erfahrungsgemäß die Esoteriker. Allerdings gehen nicht alle davon aus, dass die Welt tatsächlich untergeht, sondern sehen 2012 in Zusammenhang mit dem Maya-Kalender eher als „Schicksalsjahr“, „Zeitenwende“ oder als „Quantensprung für das menschliche Bewusstsein“, wie eine schier unendliche Anzahl an Büchern, Zeitschriften, Internetseiten oder Vortragsreihen propagiert. Einer der bekanntesten Autoren der Branche ist Dieter Broers, der in sozialen Netzwerken „soziologische Archen“ oder „humanitäre Netzwerke“ herbeischreiben möchte und für bis zu 350 Euro gleich selbst die passenden Erleuchtungsseminare anbietet.

Zahlreiche Webseiten in der Szene verlinken auf Produkte wie das „Maya- Schutzamulett mit Schutzgebet für magische Lichtkraft“, das AstroTV zunächst für 200 und im Angesicht des nahenden Endes für 70 Euro angeboten hat. Über Verkaufszahlen schweigt AstroTV, lediglich reges Interesse am Thema „Maya und 2012“ wird bestätigt. In welchem Umfang sich mit den Maya-Vorhersagen in esoterischen Kreisen Geld verdienen ließ, ist seriös kaum einzuschätzen. Doch angesichts des riesigen Gesamtumsatzes der Branche dürften die Einnahmen enorm sein. Der wird von der kritischen „Aktion für Geistige und Psychische Freiheit“ (AGPF) auf zehn Milliarden Euro jährlich geschätzt – manche Experten vermuten das Doppelte, starke Zuwachsraten in den letzten Jahren inklusive.

Zu den weiteren Profiteuren gehören naturgemäß Verkäufer von Notfallausrüstungen und Überlebens-Paketen. Vor allem aus den USA und Russland gab es vermehrt Meldungen über Hamsterkäufe. In Russland – bekannt für den hohen Anteil abergläubischer Menschen – fühlte sich Zivilschutzminister Wladimir Putschkow genötigt, das Weiterleben der Erde zu bestätigen. Auch in Frankreich sind Behördenvertreter involviert, sie sperrten den Weg zu einem Berg in der Nähe des Pyrenäen-Dorfes Bugarach, um den erwarten Ansturm von Verschwörungstheoretikern und Endzeittouristen zu stoppen. Esoteriker sollen wegen einer Fehlinterpretation des Maya-Kalenders den Berg als sicheren Ort ausgemacht haben. Kritiker der Aktion behaupten in vielen französischen Medien unterdessen, die gesamte Aktion sei ein cleverer PR-Coup von Lokalpolitikern. Die Hotels rund um Bugarach sind seit Wochen ausgebucht…

Ob Hoteliers in der Maya-Heimat-Mexiko, Deo-Hersteller Axe mit seiner „Final Edition“ oder Media Markt in Österreich, wo Filialen seit Wochen das reduzierte „Maya-Produkt des Tages“ anbieten: Das Geschäft mit dem Weltende war für viele ein gutes. Mancher nutzte das Ereignis auch für harmlose Werbung, wie der fünftklassige Fußballverein Westfalia Herne. Unter dem Motto „Apokalypse Blau“ bot der Ruhrgebiets-Club, der traditionell in Blau aufläuft, 10 000 Freikarten für das letzte Heimspiel des Jahres an. Oder war es das letzte Heimspiel aller Zeiten?

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