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Wirtschaft: Das Kainsmal

EDITORIALS Die Abgeordneten im EuropaParlament haben letzten Dienstag ein Handelshemmnis für gentechnisch veränderte Nahrungsmittel durch ein anderes ersetzt. Fünf Jahre lang hat die EU die Einführung genetisch modifizierter Lebensmittel blockiert, da man die Sicherheit der Biotechnologie erst überprüfen wollte.

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Die Abgeordneten im EuropaParlament haben letzten Dienstag ein Handelshemmnis für gentechnisch veränderte Nahrungsmittel durch ein anderes ersetzt. Fünf Jahre lang hat die EU die Einführung genetisch modifizierter Lebensmittel blockiert, da man die Sicherheit der Biotechnologie erst überprüfen wollte. Obwohl die EU-Kommission jetzt zu dem Schluss kam, dass es nicht nur kein erhöhtes Risiko gibt, sondern dass Gen-Verfahren sicherer sind, da sie die präziseren Zuchtmethoden sind, geht der Anti- Biotechnologie-Kreuzzug mit der Kennzeichnungspflicht ungebremst weiter.

Diese Kainsmal-Verordnung schreibt eine gut sichtbare Kennzeichnung jedes Produktes vor, das mehr als ein Prozent genetisch veränderter Zutaten enthält. Selbst Produkte, die nicht einmal mehr Spuren von Genprodukten enthalten, wie hoch raffiniertes Öl oder Sirup, müssen gekennzeichnet werden. Andere Produkte werden jedoch von der Kennzeichnungspflicht befreit: Zutaten, die zur Herstellung zweier europäischer Spezialitäten, Käse und Bier, unerlässlich sind. Verdächtig, oder? Natürlich muss man den Weg der Genprodukte vom Feld bis in den Supermarkt nachzeichnen können. Nicht, dass sich eine Gen-Ähre abspenstig macht und in einem unschuldig aussehenden Pariser Croissant wieder auftaucht.

Die Bush-Regierung hat prompt und mit Recht gegen die Sperrung des Marktes für Genprodukte geklagt und wird diese Klage bei der WTO auch nicht zurückziehen. Denn wenn die europäischen Regierungen dem Beschluss des EU-Parlaments zustimmen, was noch abzuwarten bleibt, könnte sich die Lage eher noch verschlimmern.

Die Maßnahme ist angesichts eines Sicherheitsrisikos, dessen Haltlosigkeit sogar die Kommission einsieht, außerordentlich. Aber EU-Gesundheitskommissar Byrne preist sie als „Sieg der Wahlfreiheit des Konsumenten" an. Wenn die EU mit ihrer Blockade Erfolg haben sollte, könnte das System auch in anderen Ländern angewandt werden. Jedes Land, das die EU-Regeln akzeptierte, müsste seine Landwirtschaft kostspielig umwandeln. Landwirte in der Dritten Welt könnten die Vorschriften der EU niemals erfüllen. Das Resultat wäre die Aufgabe genetisch modifizierter Produkte - mit einem hohen humanitären Preis.

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