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Wirtschaft: Das Klima ist noch zu retten

Treibhausgase reduzieren – das geht auch ohne Atomkraft. Die Lösungen sind schon auf dem Markt

Ist das deutsche Klimaschutzziel erreichbar, wenn der Atomausstieg wie geplant stattfindet und gleichzeitig der Einsatz der klimaschädlichen Kohle vermindert wird? Die Antwort ist einfach: ja.

Der Bundestag hat beschlossen, dass Deutschland bis 2020 seine Treibhausgasemissionen um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 vermindern soll. Um das zu schaffen, muss die Energie effizienter genutzt werden; der Energieverbrauch muss sinken. Beschlossen hat das die Regierung bereits im Koalitionsvertrag. Bis 2020 soll die Energieproduktivität – der Energieeinsatz pro Euro des Bruttoinlandsprodukts – verdoppelt werden. Damit das gelingt, müsste die Effizienz der deutschen Volkswirtschaft ab jetzt jedes Jahr um drei Prozent zunehmen. Das größte Potenzial dafür gibt es bei den Altbauten. Werden Häuser besser gedämmt, über ein Nahwärmesystem auf Gas- oder Biomassebasis oder mit Fernwärme beheizt, senkt das den Energieeinsatz gewaltig. Neubauten können sogar ohne Heizung auskommen. Je effizienter die Häuser werden, desto weniger Öl oder Erdgas werden zum Heizen und zur Warmwasserbereitung verbraucht.

Das Gas, das nicht mehr zur Wärmeerzeugung gebraucht wird, könnte die klimaschädlicheren Braunkohlekraftwerke ersetzen. Würde dabei zugleich Wärme erzeugt (Kraft-Wärme-Kopplung), können Effizienzgrade von mehr als 90 Prozent erreicht werden. In einem neuen Braunkohlekraftwerk liegt das Verhältnis von Energieeinsatz zu Stromausbeute gerade mal bei 42 Prozent.

Zudem müssen Strom- und Wärmeerzeugung nach und nach mit erneuerbaren Energien gedeckt werden. Schon 2006 hatten Wind, Wasser, Biomasse und Sonne einen Anteil von zwölf Prozent an der Stromerzeugung. Bis 2050 kann er bei mehr als 50 Prozent liegen.

Allerdings sind die Beharrungskräfte gewaltig. Die vier großen Energiekonzerne haben beim ersten Energiegipfel im April 2006 einen Modernisierungsplan für ihre Kraftwerke vorgelegt, der auf den Einsatz erneuerbarer Energien nahezu verzichtet und nur in Ausnahmefällen Strom und Wärme gleichzeitig (KWK) erzeugen soll. Die meisten Ersatzkraftwerke – auch für die 17 Atomkraftwerke – sollen nach dem Willen der Konzerne mit Braun- oder Steinkohle betrieben werden. Eine Strategie, die auf Effizienz, KWK und auf erneuerbare Energien setzt, bringt dagegen Konkurrenz in den Markt und würde die vier Großen zwingen, ihr Geschäftsmodell zu ändern. Kein Wunder, dass die wenig begeistert sind.

Sollten sich die Konzerne durchsetzen, wäre das deutsche Klimaschutzziel nur zu erreichen, wenn die sogenannte CCS-Technik tatsächlich funktioniert und nach 2020 kein Kohlekraftwerk ohne eine Abscheidung von Kohlendioxid (CO2) mehr gebaut würde. Das CO2 müsste dann sicher gelagert werden. Der Nachteil: Die Technologie ist noch nicht verfügbar, und sie erfordert beträchtliche Investitionen. Mehr Energieeffizienz und erneuerbare Energie sind auf lange Sicht preiswerter. Und: Die Technologien gibt es bereits. Dagmar Dehmer

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