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Wirtschaft: Das lange Sterben der Maxhütte ist zu Ende

Am Dienstag wird das Traditions-Stahlwerk geschlossen – Das Land Bayern muss trotzdem weiter zahlen

Von Nicole Adolph

Sulzbach-Rosenberg. Nach jahrelangen vergeblichen Rettungsversuchen stellt das Oberpfälzer Traditions-Stahlwerk Maxhütte am Dienstag endgültig seinen Betrieb ein.

An diesem Tag werden die rund 800 Beschäftigten die letzte Fuhre mit glühend-flüssigem Stahl in den riesigen Kübel am Hochofen schütten und nach dem Abkühlen auf die Walzstraße schicken. Aus einem kleinen Teil des letzten Abstichs will die Belegschaft ein Andenken gießen, das später in den Grundstein für eine künftige Nutzung des Maxhütte-Areals eingemauert werden soll. Viel mehr wird von dem 1853 gegründeten Traditionsunternehmen nicht übrig bleiben.

Das 60 Hektar große Werksgelände mit seinem einzig verbliebenen Hochofen, der wie ein Dinosaurier über Sulzbach-Rosenberg aufragt, wird voraussichtlich einem Gewerbegebiet Platz machen. Dafür schießt der Freistaat Bayern 45,5 Millionen Euro zu. Einige der 550 Stahlwerker, die in eine Beschäftigungsgesellschaft überführt werden, werden demnächst noch genug Arbeit mit dem Abriss des maroden Werks und der Sanierung des Grundstücks haben. 100 Mitarbeiter, die über 55 Jahre alt sind, werden in den Vorruhestand gehen. Die 46 Lehrlinge sollen von anderen Betrieben übernommen werden. Die restlichen Mitarbeiter hoffen auf die Hilfe des Arbeitsamtes. Von der Schließung des Werks hängen außerdem etwa 1500 Stellen bei Handwerkern und anderen Betrieben in der Umgebung ab.

Der Niedergang der Maxhütte bedeutet das Ende eines Stücks deutscher Industriegeschichte. Wie die großen Werke im Ruhrgebiet und an der Saar hat auch das größte süddeutsche Stahlwerk, das zu Blütezeiten gut 10 000 Beschäftigte hatte, vergeblich gegen das Sterben eines überkommenen Industriezweiges angekämpft. Schon seit der Stahlkrise im Jahr 1975 war die Maxhütte in Schwierigkeiten. In der Branchenflaute von 1987 geriet das als Eisenwerk Maximilianshütte gegründete Werk ins Schlingern und musste Konkursantrag stellen. Der Freistaat verhinderte die Schließung des noch 4500 Mitarbeiter starken Werks, indem er sich mit 45 Prozent an der Auffanggesellschaft Neue Maxhütte (NMH) beteiligte.

Weitere 44 Prozent hielt der Freilassinger Unternehmer Max Aicher, elf Prozent der Mannesmann-Konzern. Doch die bayerische Staatsregierung scheiterte mit ihrem Versuch, den traditionsreichen Standort durch unternehmerisches Engagement zu sichern. Dass der Freistaat insgesamt knapp 250 Millionen Euro an Steuergeldern in das marode Werk steckte und die Mitarbeiter immer wieder auf Urlaubs-, Weihnachtsgeld und Lohnerhöhungen verzichteten, fruchtete nicht viel. Die Nachfrage nach Stahlprodukten war mager, die Verkehrsanbindung durch das Fehlen eines schiffbaren Flusses in der Nähe ungünstig und die Ausrüstung des Werkes hoffnungslos veraltet.

Zudem war die massive staatliche Unterstützung den Wettbewerbshütern der EU ein Dorn im Auge. Sie verlangten 75 Millionen Euro wegen nicht EU-konformer Beihilfen zurück. Kritiker bezeichneten die Maxhütte als „Paradebeispiel für verfehlte Wirtschaftspolitik der bayerischen Regierung".

Genutzt hat die großzügige Geldspritze wenig: Im November 1998 musste die Maxhütte zum zweiten Mal Konkurs anmelden. Einmal noch keimte für die Stahlarbeiter Hoffnung auf, als der niedersächsische Stahlunternehmer Jürgen Großmann, der Chef der Georgsmarienhütte, 1999 Interesse anmeldete. Doch sie scheiterte am Alteigentümer Aicher, der mit finanziellen Altforderungen zähen Widerstand leistete. Auch das seit Mitte 2000 laufende Bieterverfahren für das insolvente Werk lief ins Leere. „Bis dato liegt von keiner Seite ein seriöses Übernahme- und Investitionsangebot vor“, stellte der Insolvenzverwalter und Sanierungsexperte Jobst Wellensiek in der vergangenen Woche fest. Das Ende der Maxhütte.

Auf das Land Bayern könnten jetzt noch hohe Kosten zukommen: Das Werksgelände ist nach Experten-Einschätzung durch Produktionsrückstände weiträumig vergiftet.

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