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Wirtschaft: Das Maut-Konsortium Toll Collect muss zahlen

7,5 Millionen Euro Strafe monatlich/Stolpe droht mit Kündigung

Berlin (fo/hop). Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) will die Autobahnmaut für Lkw 2004 notfalls mit anderen Partnern einführen. Wenn die Technik nicht stimme, dann werde das Pferd gewechselt, sagte der Minister am Wochenende in Rangsdorf bei Berlin laut Deutscher Presseagentur. Am 15. Dezember können die Verträge mit Toll Collect, dem Konsortium von DaimlerChrysler und der Telekom, gekündigt werden. Nach einem Bericht der „Welt“ treffen Vertreter des Verkehrsministeriums mit einer Abordnung des Schweizer Mautbetreibers Fela Management AG am Rande eines Telematik-Kongresses am Montag in Berlin zusammen. Die Schweizer, die bei der Ausschreibung zum deutschen Mautsystem im Oktober 2002 Toll Collect unterlegen waren, haben dem Blatt zufolge bereits ein fertiges Konzept zur Weiterentwicklung des deutschen Mautsystems ausgearbeitet.

„Das Schlimmste“ sei für ihn, dass wegen der Maut-Verzögerung Mittel für die Verkehrsinfrastruktur fehlten. „Ohne die Mitfinanzierung durch die Nutzer ist der weitere Ausbau von Straßen in Zukunft nicht mehr möglich“, sagte Stolpe. Eine Entscheidung über eine Wiedereinführung der Lkw-Vignette als Übergangslösung solle nicht vor Mitte Dezember fallen. „Man kann sie nicht einfach so wieder einführen“, sagte Stolpe. Die Vignette müsse den EU-Fristen gemäß neun Monate vor Einführung eines neuen Systems gekündigt werden und habe eine Vorlauffrist von vier Monaten. Sie bringt zudem nur ein Viertel der Maut-Erlöse.

Ab diesem Montag fließen die ersten Einnahmen aus der Maut – allerdings nicht wie geplant. Von Dezember an muss Toll Collect für die Verzögerungen eine Vertragsstrafe von monatlich 7,5 Millionen Euro zahlen. Ab März steigt sie auf 15 Millionen Euro, während die Einnahmeausfälle des Bundes jedoch bei fast 160 Millionen Euro liegen. Wenn Stolpe Mitte Dezember den Vertrag Toll Collect mit Wirkung zum 15. Februar kündigen wollte, genügte als Begründung die Feststellung, dass die Betriebsfähigkeit des Systems nicht nachgewiesen ist. Danach sieht es zurzeit auch aus. Ursprünglich sollte die Maut bereits vergangenen Sommer eingeführt werden. Die Grünen drängen den Minister, den 15. Dezember zu nutzen. „Unsere Geduld mit Toll Collect geht zu Ende“, erklärten die Grünen-Politiker Albert Schmidt und Franziska Eichstädt-Bohlig.

Sie stehen mit dieser Position im Bundestag aber weit gehend allein. Der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Reinhard Weis, sagte dem Tagesspiegel: „Die Äußerungen waren nicht hilfreich.“ Je länger die Unklarheit bestehe, ob das Mautsystem funktionieren werde oder nicht, desto ärgerlicher sei es natürlich. „Aber ich bin nicht dafür, den ultimativen Termin auf den 15. Dezember zu setzen“, sagte Weis. Vor einer Kündigung müsse eindeutig geklärt sein, ob das System funktionieren kann oder nicht. Solange mit einer möglichen Kündigung zu warten, sei besser, als jetzt schon einen Neustart mit einem anderen Konsortium zu wagen. Auch der verkehrspolitische Sprecher der FDP, Horst Friedrich, ist gegen eine Kündigung des Vertrags. „Das wäre taktisch unklug“, sagte er. Schließlich müsste der Bund dem Konsortium in diesem Fall die Investitionen vergüten. Nach früheren Toll-Collect-Angaben sind das bis Jahresende fast eine Milliarde Euro. „Es gibt nur eine Möglichkeit: Der Druck auf das Konsortium muss erhalten bleiben", sagt Friedrich.

Das Betreiberkonsortium Toll Collect versucht seit Wochen gemeinsam mit dem Bundesamt für den Güterverkehr die technischen Mängel des Systems zu beseitigen. Nach Informationen aus Regierungskreisen hat der Wechsel von Teilen des Toll-Collect-Managements zwar die Zusammenarbeit mit dem Bund deutlich erleichtert, die „technischen Probleme sind aber immer noch so gravierend, dass ein neuer Termin nicht greifbar ist.“ Wegen der anhaltenden Verzögerungen wächst bei den Verkehrspolitikern die Furcht, dass Investitionen in Verkehrsprojekte blockiert sind. Der CDU-Verkehrsexperte Michael Fuchs sieht deshalb 30 000 bis 40 000 Arbeitsplätze gefährdet – vor allem in der Bauindustrie. Für dieses Jahr hatte Finanzminister Hans Eichel noch 620 Millionen Einnahmen geplant, im Haushaltsentwurf 2004 stehen 2,8 Milliarden Euro. „Davon stimmt nichts mehr“, wettert Fuchs.

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