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Wirtschaft: Das Milliardenangebot und der Abwehrkampf

Der Berliner Pharmakonzern will sich gegen den Angreifer aus Darmstadt wehren. Investoren warten derweil auf eine höhere Offerte.

Darmstadt/Berlin - Der Darmstädter Pharmakonzern Merck, der den Berliner Schering-Konzern übernehmen will, hat es abgelehnt, sein Angebot nachzubessern. Auch wenn Schering-Vorstand und Aufsichtsrat sich von der Offerte nicht überzeugen lassen, will das Unternehmen am Übernahmeangebot festhalten und es Ende März den Schering-Aktionären vorlegen. Damit könnte es auch zu einer feindlichen Übernahme kommen. „Wir haben die überzeugenden Argumente und werden deshalb die Gespräche zum Erfolg führen“, sagte Merck-Chef Michael Römer am Montag in Darmstadt. Der Schering-Vorstand kündigte harten Widerstand gegen die Übernahme an, die auch zu einer Zerschlagung des Unternehmens führen könnte. Finanzkreise stellen sich bereits auf einen langen Abwehrkampf ein.

Die Börse bewertete das überraschende Angebot am Montag mit einem Kursaufschlag von bis zu 28 Prozent. Merck bietet 77 Euro je Schering-Aktie und würde demnach knapp 15 Milliarden Euro für den Berliner Konzern bezahlen. Dies sei ein fairer Preis und ein Aufschlag von 35 Prozent auf den Durchschnittskurs der letzten drei Monate, betonte das Unternehmen. „Wir verstehen nicht ganz, warum Schering die Offerte ablehnt“, sagt Merck-Finanzchef Michael Becker. Merck selbst besitzt nach eigenen Angaben knapp fünf Prozent der Schering-Aktien.

Pro Jahr rechnet Merck durch das fusionierte Unternehmen mit Kostensynergien von rund 500 Millionen Euro, die 2009 in voller Höhe erreicht werden sollen. Wie dies im Detail umgesetzt wird, lassen die Darmstädter allerdings noch offen.

Von Marktbeobachtern, aber auch vom Schering–Großaktionär Allianz wird das Merck-Angebot zurückhaltend kommentiert. Eine Allianz-Sprecherin sagte: „Wir schauen uns an, wie die Akteure weiter vorgehen.“ Der Versicherer hält 11,8 Prozent an Schering und ist damit größter Einzelaktionär. Die Allianz hatte bereits in der Vergangenheit mehrfach darauf hingewiesen, sich von seinen Industriebeteiligungen trennen zu wollen.

Die Investoren rechnen jetzt mit einem Preispoker. „Merck nutzt die sehr hohe Bewertung seiner Aktien, um nun den nächsten strategischen Schritt zu machen“, sagte Sébastien Buch, Aktienportfolio-Manager bei Union Investment. Union Investment gehört wie die Fondstochter der Deutschen Bank DWS zu den größeren Aktionären von Schering. Buch nennt die angestrebten Kosteneinsparungen von rund 500 Millionen Euro „sportlich“, auch die von Merck erwartete Gewinnsteigerung um rund zehn Prozent sei „sehr ehrgeizig“. Der Fonds-Manager ist sicher: „Das Angebot wird noch einmal erhöht.“

Auch für Dirk Apel , Analyst und Vermögensverwalter bei der Berliner Weberbank, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. „Das Angebot wird wohl auf 86 bis 88 Euro hinauslaufen“, vermutet er. Ob dann Merck noch dabei ist, oder ein großer internationaler Konzern aus der Deckung kommt, sei zum jetzigen Zeitpunkt aber noch fraglich.

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) freute sich am Montag vor allem, dass der Kurs der Schering-Aktie so deutlich zugelegt hat. „Das zeigt, dass die Aktie tatsächlich unterbewertet ist“, sagte DSW-Sprecher Malte Diesselhorst. Aktionären rät er, vor einer Entscheidung über den Verkauf der Aktie das konkrete Angebot abzuwarten. Auch er vermutet, dass Merck beim Preis noch nachlegt.

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sah sich gestern noch nicht zu einer Einschätzung in der Lage. „Wenn die Übernahme einen Mehrwert für die Aktionäre schafft, den das Schering-Management allein nicht erbringen kann, würden wir die Transaktion begrüßen", sagte SdK-Vertreter Kai Weigert nur.

Beim Bundeskartellamt schließlich ist die beabsichtigte Übernahme noch nicht angemeldet worden, wie eine Sprecherin der Behörde sagte. Zuständig wäre ohnehin die europäische Wettbewerbsbehörde. Sie überwacht Zusammenschlüsse, wenn die beteiligten Unternehmen – wie im Fall von Merck und Schering – zusammen mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes im Ausland erzielen beziehungsweise nicht mehr als zwei Drittel des gemeinsamen Umsatzes im Inland machen. ro/mot/dr/pet

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