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Wirtschaft: Das neue Auto muß zumindest in die Garage passen

Bei seinen Aushängeschildern hat Chrysler da ein Problem / Dennoch: Der US-Autobauer will den europäischen Markt aufrollenVON BRANDON MITCHENERChrysler Corp.will seine Verkäufe in Europa in den nächsten Jahren vervierfachen.

Bei seinen Aushängeschildern hat Chrysler da ein Problem / Dennoch: Der US-Autobauer will den europäischen Markt aufrollenVON BRANDON MITCHENERChrysler Corp.will seine Verkäufe in Europa in den nächsten Jahren vervierfachen.Das soll hauptsächlich durch die Einführung neuer Modelle geschehen.Die Frage allerdings ist: Werden die Europäer bei den Pkws von Chrysler genauso zuschlagen wie bei den Minivans und Jeeps? Letztes Jahr hat Chrysler 105 918 Pkw, Minivans und Geländewagen in Europa verkauft.Der Kleinste der drei großen US-Autohersteller ist damit eher ein Zwerg auf dem wichtigsten Automarkt der Welt.Dabei sind die Verkäufe des Voyager Minivan und des unter der Marke "Jeep" angebotenen Cherokee in den letzten zehn Jahren stetig gestiegen.Doch bei den Limousinen ist Chrysler in Europa noch immer so gut wie unsichtbar. Mit neuen Produkten und einem zielgruppengerichteten Ansatz will Chrysler seine Verkäufe in Europa bis 2001 verdoppeln und im Jahr 2005 300 000 bis 400 000 Autos jedes Jahr an den Mann bringen.Nach eingehenden Marktuntersuchungen hat die Firma eine Zielgruppe von nicht weniger als drei Millionen Menschen festgelegt, so Thomas Kowaleski, bei Chrysler Europe zuständig für Marketing und Verkauf."Jetzt wissen wir, wen wir im Visier haben - und wir werden Eroberungen machen." Mit 350 000 bis 400 000 verkauften Einheiten sei das Unternehmen zufrieden und profitabel. Chrysler hat die Skeptiker schon einmal überrascht: 1988 ist die Firma nach zehn Jahren Abstinenz auf den europäischen Markt zurückgekehrt.Zuvor hatten sich die Amerikaner wegen finanzieller Schwierigkeiten in den USA verabschieden müssen.Dennoch sind heute viele Beobachter skeptisch."Mit seinen Pkws gehört Chrysler seit langem zu den Verlierern in Europa", sagt Peter Schmidt, Analyst bei Automotive Industry Data Ltd.Die Europäer waren immer ziemlich enttäuscht von den Chrysler-Autos, wie dem Neon, sagt Schmidt.So entfallen weniger als 20 Prozent aller Chrysler-Verkäufe in Europa auf Limousinen. Gleichzeitig aber hat der Wettbewerb um Chryslers angesehene Sport-Fahrzeuge und Minivans zugenommen."Das ist unglaublich ehrgeizig", sagt Schmidt in bezug auf das Ziel, 400 000 Autos verkaufen zu wollen."Sie können es versuchen, aber so wie es aussieht, wird es ein harter Kampf." Chrysler ist sich der Herausforderung bewußt.10 Millionen der 13 Millionen Europäer, die jedes Jahr einen Wagen kaufen, beziehen Chrysler nicht in ihre Auswahl mit ein.Eine von Chrysler in Auftrag gegebene Umfrage zum Kaufverhalten hat ergeben, daß die meisten Entscheidungen aus nationalen Gesichtspunkten heraus getroffen werden.Das ist sicherlich nicht der beste Ansatzpunkt für ein Unternehmen, das den größten Teil seiner Autos in den USA fertigt.Allerdings hat Chrysler schon in den 20er Jahren damit begonnen, Autos in Belgien und Großbritannien zusammenzubauen. Die gute Nachricht, meint Kowaleski im Überschwang, seien die drei Millionen Menschen, die momentan sogenannte unabhängige Marken kaufen - Volvo, Saab, Citroen, Rover und japanische Autos.Diese könnten auch den Kauf eines Chrysler in Betracht ziehen. Chrysler tritt mit einer amerikanischen Werbung auf: Spots im britischen Fernsehen beispielsweise zeigen eine amerikanische Umgebung und es erklingen Stimmen mit amerikanischem Akzent, die sich auf etwas beziehen, das sich Amtrak nennt (die US-Eisenbahngesellschaft).Chryslers Sponsorship von Motorsportveranstaltungen - die auf Werbung für das Viper-Modell abzielt - erzeugt das Image eines amerikanischen Fun- und Muskel-Autos - ganz im Gegensatz zum techniklastigen Erbe der deutschen Porsche AG. "Wir verkaufen eben einzigartige amerikanische Autos", sagt Kowaleski, und fügt hinzu, "unsere Käufer werden Individualisten sein, die nicht der Meute hinterherrennen und ihre Heimatmarke kaufen." Wie auch immer Chrysler seine Autos in Europa vermarktet: Chrysler mußte in einem schmerzhaften Prozess lernen, daß ihre Autos mindestens so gut sein müssen wie die europäischen - wenn nicht sogar besser.Sonst lassen sich die Produkte in einem Markt nicht unterbringen, der bereits von hochgezüchteten Autos überflutet wird. Und sie müssen in die Garage passen - was beim Vision und New Yorker, den derzeitigen Aushängeschildern von Chrysler in Europa, oft nicht der Fall ist.Mit 5,31 Metern beim Vision und sogar noch 15 Zentimetern mehr beim New Yorker ist das Aussehen ziemlich egal, die Autos passen einfach nicht in die meisten europäischen Garagen. Jetzt allerdings soll der aggressiv gestylte 300 M kommen.Er ist Teil eines 2,1 Mrd.Dollar-Programms, bei dem 625 Mill.Dollar alleine für neue Motoren ausgegeben werden.Damit wird der 300 M das erste Fahrzeug einer neuen Generation von Chrysler-Autos in Europa."Er wird im Sommer kommen und beginnt damit den kompletten Austausch aller Modelle, die sie von uns heute sehen" innerhalb der nächsten drei Jahre, sagt Kowalski. Obwohl er sich in den USA vermutlich weitaus besser verkaufen wird als in Europa, wurde der 300 M mit Europa im Hinterkopf entworfen.Im Vergleich zum Vision ist er 30 Zentimeter kürzer, wiegt 20 Prozent weniger und verbraucht 10 Prozent weniger Benzin.Trotzdem kann er den BMWs die Rücklichter zeigen: Mit seinen 200 PS wird er nach Chrysler-Angaben eine bessere Leistung als alle seiner Wettbewerber zeigen, seien es die 5er von BMW, die E-Klasse von Mercedes, der Audi A 6 oder der Saab 9-5."Er wird ein wahrer Kreuzer der Autobahnen", sagt Kowaleski von dem stark-motorisierten Auto."Wir positionieren das Auto als aktuelle, moderne und weitentwickelt US-Neueinführung, die direkt auf die Deutschen abzielt, die bislang das Segment dominieren." Deutsche Hersteller beherrschen 60 Prozent aller Verkäufe in Westeuropa im sogenannten "Near-Executive-Segment" -, und die Hälfte des Absatzes in diesem Bereich findet in Deutschland statt, so Kowaleski.Im Gegensatz zu den meisten anderen Chrysler-Modellen, hört sich der alphanumerisch getaufte 300 M sogar wie ein deutsches Auto an.Chrysler besteht allerdings darauf, daß der Name eine Rückbesinnung auf die erfolgreiche "Buchstaben-Serie" von Autos der 50er Jahre ist, die mit dem Chrysler C-300 im Jahr 1955 begonnen wurde. Noch hat der Autohersteller die Preise für den 300 M nicht bekanntgegeben, doch die Wettbewerber verkaufen ihre Modelle im Bereich zwischen 52 000 und 100 000 DM.Chrysler geht allerdings davon aus, daß die Gesamtverkaufszahlen weiter von anderen Typen abhängen, einschließlich dem Voyager, dem Jeep Cherokee und dem Neon.Dennoch setzt Chrysler große Hoffnungen in den 300 M, der das neue Flaggschiff sein soll. Den 300 M wird es nur für Rechtsverkehr geben, was seine Verkaufsaussichten im drittgrößten Markt Europas, in Großbritannien, stark einschränkt.Dennoch will Kowaleski jedes Jahr 6000 der 300 M-Autos in Europa verkaufen.Zum Vergleich: Von den Familienwagen Vision und New Yorker wurden nur 1100 verkauft. Die Händlernachfrage hätte ihn bestärkt, ein weiteres Modell für Europa zu entwickeln, sagt Kowaleski, eine Sportversion des Neon soll es werden, der Neon CS.Für das laufende Jahr hätte das Unternehmen nur mit 300 Bestellungen gerechnet, jetzt seien es schon 800. Noch ist der Absatz klein, denkt man an die Zielgruppe von drei Millionen Autokäufern.Für Kowaleski ist es dennoch ein Beginn."Der Bereich zwischen Nische und Masse heißt Spezialisierung", sagt der Manager und fügt hinzu, "genau dort wollen wir hin."

BRANDON MITCHENER

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