zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Das Porto bleibt nationale Angelegenheit

BONN / PARIS. .

BONN / PARIS. .Julia und Peter schreiben an Texels stürmischem Nordseestrand fleißig Briefe.Es wird höchste Zeit für die Einladung zur Geburtstagsfeier Ende des Monats.Der Versand der Einladungen aus dem Nachbarland hat für die beiden einen besonderen Nebeneffekt: Der Briefversand aus den Niederlanden nach Deutschland ist rund 20 Prozent billiger als das Porto der Deutschen Post innerhalb der Stadt Köln.Statt 1,10 DM zahlen die beiden je Brief einen Gulden, knapp 90 Pfennig.Das Preisgefälle ist nicht nur für gewerbliche Massenversender, sondern auch für manchen Privatkunden der Post interessant.Während die meisten deutschen Urlauber an holländischen und anderen europäischen Stränden darauf hoffen, daß mit dem Euro endlich der lästige und teure Umtausch der Währungen entfällt, fürchten manche Postkunden einheitliche Briefmarken, ein einheitliches Porto und damit das Ende des preiswerten Briefversands aus den Niederlanden.

Doch diese Sorge ist unbegründet.Preis- und Briefporto werden nach der Einführung des Euro in den Ländern der Euro-Teilnehmer variieren.Trotz Euro bleibt die Herausgabe von Briefmarken auch künftig in nationaler Verantwortung, und die Porti werden weiter in den Mitgliedstaaten festgelegt.In Deutschland gibt Bundesfinanzminister Theo Waigel nach der Auflösung des Bundespostministeriums die Briefmarken heraus.Er will nach seinem bisherigen Zeitplan ab 2002, wenn Euro-Münzen und -Noten auch in den Geldbörsen die D-Mark ablösen, die neue Währungseinheit auf die Briefmarken drucken lassen.Wie hoch das Porto dann sein wird, steht noch nicht genau fest.Klar ist aber, daß weiterhin "Deutschland" auf die kleinen Wertsiegel gedruckt wird.Auch in Frankreich wird eine Angleichung der Porti ausgeschlossen.

Gegen eine Vereinheitlichung des Portos in Euroland sprechen neben den allgemeinen Rahmenbedingungen die erbrachte Leistung wie die Öffnungszeiten der Poststellen oder die Laufzeiten der Briefe und Pakete.Preisunterschiede etwa zwischen französischer und der niederländischer Post seien darüber hinaus auch durch die Kostenstrukturen der Zustellung gerechtfertigt.So lege der normale Brief in Frankreich eine sehr viel größere Entfernung zurück und werde zum gleichen Preis auch in die Gebirgsregionen befördert, heißt es bei La Poste.

Mit der Umstellung der Briefmarken auf den Euro hat die französische Post sehr viel weniger Probleme als etwa die Deutsche Post.70 Prozent der französischen Briefmarken haben keine Wertangabe, können also nach der Währungsumstellung unverändert weiterverkauft werden, was sich bereits bei Portoerhöhungen bewährt hat.Für die übrigen 30 Prozent, die in erster Linie für die Sammler herausgegeben werden, sieht La Poste von 1999 an auf den Marken eine doppelte Preisauszeichnung vor.Zur Philatelie-Messe Philex 99 im Juli 1999 soll die letzte Marke mit einem ausschließlichen Aufdruck in Franc herausgegeben werden.

Ab dem Jahr 2002 kommen dann nur noch Briefmarken mit Wertangabe in Umlauf.Auch in Deutschland werden ab Mitte 1999 die ersten Briefe mit Euro-Porto auf den Weg gehen, heißt es bei der Deutschen Post AG.Die Benutzer der 300 000 Freistempelmaschinen, meist die größeren Kunden der Post, erhalten im nächsten Jahr das Recht, das Porto in Cent aufzudrucken und mit dem Briefversender in Euro abzurechnen.Verdeckte Preiserhöhungen brauche niemand zu fürchten, allenfalls ungewohnt "krumme Beträge", versichert die Post in Bonn.Schon im Herbst 1996 hat man dort einen Lenkungsausschuß mit Koordinatoren aus allen Vorstandsbereichen eingesetzt, der Europas größtes Logistikunternehmen pünktlich fit für den Euro machen soll.Rund ein Dutzend Postler tüffelt seitdem an der Währungsumstellung und läßt sich dabei von zeitweise bis zu 100 Kollegen in 25 Arbeitsgruppen unterstützen.

"Fast alle Unternehmensbereiche sind von den Veränderungen betroffen", berichtet Harald Ulrich, Projektleiter Euro-Umstellung.Die größte Herausforderung sei aber nicht die Umrechnung der Briefmarkenwerte, sondern die Anpassung der gesamten Informationstechnik.Alle Systeme und Programme müßten auf den Euro und die Jahrtausendwende eingerichtet werden.

Rund 40 Vorgänge müßten allein in der Software der etwa 20 000 "elektronischen Postschalter" an den Euro angepaßt werden.Für die Filialen hätten die Euro-Strategen gemeinsam mit der Postbank einen Masterplan ausgearbeitet.Bis zum 1.Januar müssen Post und Postbank Berge neuer Formblätter für den bargeldlosen Zahlungsverkehr drucken, in die der Kunde seine Beträge auf Wunsch in D-Mark oder Euro eintragen kann.Parallel steht für die Filialmitarbeiter das Euro-Einmaleins auf dem Stundenplan, ebenso wie für die mehr als 96 000 Zusteller.Mit einem "Währungsumrechner", einer Art Taschenrechner mit einprogrammiertem Umrechnungskurs, soll der Zusteller beim Kunden den D-Mark-Betrag sekundenschnell in Euro umrechnen.Ziel der Bonner Postler: Der bargeldlose Zahlungsverkehr soll ab 1999 in allen Postfilialen und bei allen Zustellern in beiden Währungen abgewickelt werden können.

Für Urlauber dürfte sich also bis Ende 2001 nur wenig ändern.Sie müssen nicht nur weiter ihr Bargeld im Ausland umtauschen, sondern erhalten auch künftig nationale Briefmarken.Ab 2002 wird zwar der lästige Geldumtausch entfallen.Briefe könnten dann aber innerhalb Deutschlands vielleicht 50 Cent, von Texel nach Köln nun 40 Cent kosten.

HEINZ SCHMITZ, JOACHIM DORFS (HB)

Zur Startseite