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Wirtschaft: Das Rathaus als Standortnachteil

Berliner Kammern stellen Kriterien für die nächste Legislaturperiode vor / Politik habe gute Ideen, könne die aber nicht umsetzen

Berlin - Eine miserable Verwaltung, Probleme bei der Fachkräfterekrutierung, Schwarzarbeit im Handwerk und die unzulängliche Umsetzung von richtigen Entscheidungen treiben die Berliner Wirtschaft um. „Der größte Standortnachteil ist die Verwaltung“, klagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder am Freitag. Eder und IHK-Präsident Erik Schweitzer stellten gemeinsam mit der Spitze der Handwerkskammer Wahlprüfsteine für die Parteien vor. Von einer „Bedienungsanleitung für die Politik“ sprach Handwerkspräsident Stefan Schwarz. Beide Kammern hätten in einem „monatelangen Prozess“ den Maßnahmenkatalog entworfen.

Unter dem Titel „Perspektive 2016 – Wege zu Wachstum und Wohlstand“ haben die Kammern auf 75 Seiten neun Aktionsfelder aufgestellt: Unter anderem befassen sich die Autoren mit den Themen Bildung, Verkehr, Technologietransfer und Haushalt. Die Forderungen nach Haushaltskonsolidierung und Ausbesserung maroder Straßen wiederholen die Kammern unverdrossen und eher gleichmütig. Schärfer dagegen wird der Ton Richtung Politik und Verwaltung, wenn es um deren Arbeit selbst geht. Die komplizierte zweistufige Verwaltung nervt die Unternehmen zunehmend. Doch nach Einschätzung von Eder wird sich daran so schnell nichts ändern: Die Politiker scheuten sich, den Bezirken Kompetenzen zugunsten der Senatsebene wegzunehmen, weil sie in der Regel von bezirklichen Parteigremien für Ämter nominiert würden. „Die Berliner Verwaltung ist nicht nur schlecht aufgestellt, sie ist auch schlecht geführt“, sagte Eder. Das hänge aber weniger mit den Mitarbeitern zusammen, sondern mit „Strukturen und Prozessen“.

Als Beispiele für richtige Grundsatzentscheidungen und falsche Umsetzungsversuche nannte IHK-Präsident Schweitzer die Cluster- sowie die Industriepolitik. Die Schwerpunktfelder Gesundheit, Mobilität und Kreativwirtschaft seien zwar richtig identifiziert und definiert, doch „nur der Cluster Gesundheit funktioniert“, weil es hier mit dem früheren Scheringvorstand Günter Stock einen Verantwortlichen gebe. Ähnlich wie bei den Clustern fehle auch beim „Masterplan Industrie“ eine tragfähige Arbeitsstruktur. So wie die Behörden arbeiteten, brauche es mindestens 18 Monate, bis die vorhandenen drei Stellen für die Masterplan-Netzwerkmanager besetzt seien. „Wir sind viel, viel zu langsam“, konstatierte Schweitzer. Was womöglich auch damit zusammenhänge, dass „zu wenige in der Politik wissen, was außerhalb der Stadt läuft“. Alfons Frese

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