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Wirtschaft: Das Tauziehen um die Bankgebühren geht weiter

Es war ein schlechtes Jahr für das Geldgewerbe.Im Juli 1997 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), daß die Geldhäuser für die Verwaltung oder Änderung von Freistellungsaufträgen keine Gebühren von ihren Kunden nehmen dürfen.

Es war ein schlechtes Jahr für das Geldgewerbe.Im Juli 1997 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), daß die Geldhäuser für die Verwaltung oder Änderung von Freistellungsaufträgen keine Gebühren von ihren Kunden nehmen dürfen.Im Oktober folgte der nächste Tiefschlag: Erneut machte das höchste deutsche Zivilgericht dem Gebühreneifer der Kreditwirtschaft einen Strich durch die Rechnung.Können Überweisungen oder Lastschriften nicht ausgeführt werden, weil das Konto des Kunden nicht gedeckt ist, dürfen die Banken keine Gebühren berechnen, urteilte erneut der BGH.Nun folgt der dritte Streich: In einem brandneuen Urteil verfügte das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG), daß Banken und Sparkassen auch Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse auf eigene Kosten bearbeiten müssen (Az: 6 U 205/97).Auch hier wird wohl der BGH das letzte Wort haben.Zwar überlegt die Stadtsparkasse Düsseldorf noch, ob sie in die Revision geht.Doch die Konkurrenz ist bereits einen Schritt weiter.Denn auch die Postbank muß sich vor Gericht für ihre Preispolitik verantworten.Statt der 20 bis 30 DM, mit denen sich die Sparkasse Düsseldorf begnügt, verlangt die Staatsbank satte 75 DM.Das brockte auch ihnen eine Klage des Verbraucherschutzvereins (VSV) ein.Das Landgericht Köln winkte die Gebührenforderung zwar als reine Preisklausel durch, doch die nächste Instanz kann bereits anders entscheiden.Aufstecken will die Postbank keinesfalls."Wir gehen notfalls zum BGH," sagt Postbank-Sprecher Strunk.

Zumindest in dem Entschluß, den Instanzenweg auszuschöpfen, ist man sich mit der Verbraucherseite einig.Denn es geht um mehr als die reine Gebühr in Pfändungssachen.Auf dem Spiel steht die millionenschwere Grundsatzfrage: Wer trägt die Kosten für Dienste, die den Geldhäusern per Gesetz aufgebrummt werden?

Beispiel Freistellungsauftrag: Wer seinen Sparerfreibetrag von 6100 DM (Ledige) und 12 200 DM (Verheiratete) in Anspruch nehmen und seine Zinserträge vor dem sofortigen Steuerabzug schützen möchte, muß dazu bei seiner Bank einen Freistellungsauftrag stellen.10 DM und mehr hatten viele Geldhäuser ihren Kunden für den Verwaltungsaufwand in Rechnung gestellt, der mit der Bearbeitung, Änderung oder Löschung dieser Aufträge verbunden ist.Zu Unrecht, entschied der BGH.Denn der Gesetzgeber habe die Kreditwirtschaft verpflichtet, die Kapitalertragsteuer zugunsten des Fiskus unentgeltlich einzuziehen.Damit verbunden sei dann aber auch die Prüfung, ob der Kunde die Steuer tatsächlich abführen muß oder ob er einen entsprechenden Freistellungsauftrag gestellt hat, urteilte der XI.Zivilsenat.Die Volksbank Sandhofen, deren Preisverzeichnis dem Musterprozeß zugrundelag, sieht das anders.Sie hat inzwischen Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erhoben.

Beispiel Kontenpfändung: Sind Kontoinhaber überschuldet, kann das Gericht auf Grundlage der Zivilprozeßordnung einen sogenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluß erlassen.Konsequenz: Die Bank muß dann alle Kontobewegungen im Auge behalten und Abbuchungen notfalls stornieren.Das macht Arbeit, denn "man muß bei jeder einzelnen Kontobewegung nachschauen", sagt Postbank-Sprecher Strunk."Die effektiven Kosten liegen weit über den 75 DM, die wir verlangen".Außerdem würden andere Institute noch kräftiger zulangen, sagen die Bonner, Gebühren bis zu 150 DM seien keine Seltenheit.Das Landgericht Düsseldorf, das als erstes Gericht der Republik über die Kontenpfändungsgebühr entscheiden mußte, lassen solche Argumente kalt: Zur Bearbeitung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen seien die Kreditinstitute gesetzlich verpflichtet, entschieden die Richter im August vergangenen Jahres.Fortsetzung folgt.Siehe oben.

Beispiel Erbfall: Das Erbschaftsteuergesetz schreibt vor, daß Geldhäuser dem Fiskus Mitteilung machen müssen, wenn der Verstorbene dort Sparkonten geführt hat.Auch hier dieselbe Frage: Wer zahlt? In der Praxis verfahren die Kreditinstitute unterschiedlich.Während etwa die Commerzbank für die Mitteilung an die Steuerbehörden und die Bearbeitung des Nachlasses zwei Promille des Wertes berechnet (mindestens aber 25 DM), nimmt die Landesbank Berlin zwar für die reine Mitteilung an das Finanzamt nichts, für die Bearbeitung der Erbschaftsangelegenheit aber mindestens 10 DM.Auch die Schwester Berliner Bank sendet die Mitteilung an den Fiskus zum Nulltarif ab, die "Sicherung des Nachlasses für die Erben" kostet aber 25 DM.Die Deutsche Bank stellt ihren Kunden dagegen überhaupt keine Gebühren in Rechnung, es sei denn sie wird gebeten, zwischen den Erben zu schlichten.

Die Nachlaß-Gebühren sind ein weiteres Feld, auf dem Verbraucherschützer und Geldgewerbe miteinander ringen werden.Den Kunden empfiehlt Helke Heidemann-Peuser vom VSV daher: Fragen Sie bei Ihrer Bank nach, was Ihnen eigentlich genau in Rechnung gestellt wird.Sollen Sie schon für die bloße Mitteilung nach dem Erbschaftsteuergesetz zur Kasse gebeten werden, zahlen Sie unter Vorbehalt, empfiehlt die Juristin.Damit behalten Sie sich Rückforderungen vor, falls die Nachlaßgebühr eines Tages von den Gerichten "kassiert" wird.Gleiches gilt für die Kontenpfändung.

Doch selbst ein Machtwort der Karlsruher Richter reicht nicht immer aus, um endgültig Licht in den Gebührendschungel zu bringen.So entschied der BGH zwar im vergangenen Jahr, daß die Berliner Volksbank keine Gebühren verlangen darf, wenn sie Überweisungen oder Lastschriften mangels Deckung auf dem Konto nicht ausführt.Doch: "Kaum eine Bank hat dieses Urteil befolgt", kritisiert Helke Heidemann-Peuser.Statt der Gebühr für die "Nicht-Bearbeitung" verlangen die Geldhäuser nun Schadenspauschalen oder lassen sich die Benachrichtung des Zahlungsempfängers vergüten.Auch in Berlin.So verlangt die Commerzbank von der einreichenden Bank eine Gebühr von 7,50 DM, die Landesbank Berlin will 8 DM Schadensersatz.Für VSV-Juristin Heidemann-Peuser eine klare Umgehung des BGH-Urteils.Das wollen die Verbraucherschützer nicht hinnehmen.Vor wenigen Tagen reichten sie daher erneut Klage ein.Mit einem Musterprozeß gegen die Sparkasse Passau soll nun geklärt werden, wie der Bankenphantasie Grenzen gesetzt werden.

In ihre Schranken verwiesen wurde bereits die Berliner Volksbank.Die hatte nämlich ihren Kunden nach der Niederlage in Karlsruhe mitgeteilt, daß sie zwar auf die Gebühr verzichte, nun aber eine Schadenspauschale in gleicher Höhe verlange.Die Antwort folgte prompt: Wegen Mißachtung des Urteils wurde die Volksbank zu einem Ordnungsgeld verdonnert, ersatzweise drohte Ordnungshaft, zu vollstrecken am Vorstand.

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