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Kai Uwe Ricke und Klaus Zumwinkel im Jahr 2006.

© ddp

Datenaffäre: Keine Anklage gegen Ricke und Zumwinkel

In der "Spitzelaffäre" bei der Deutschen Telekom hat die Staatsanwaltschaft Bonn das Verfahren gegen Ex-Konzernchef Kai Uwe Ricke und Ex-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel eingestellt. Ärger steht beiden dennoch ins Haus.

Bonn - Friedrich Apostel knallt den Stapel Pressemitteilungen so laut auf den Tisch, direkt vor die Mikrofone, dass sich ein Tontechniker hinten im Raum den Kopfhörer von den Ohren reißt. Zwei Jahre lang hat der Bonner Oberstaatsanwalt in der sogenannten „Spitzelaffäre“ bei der Deutschen Telekom ermittelt, 18 Terabyte an Daten nach Beweisen durchpflügt – und muss die wichtigsten Verdächtigen nun ziehen lassen. Die Ermittlungen gegen den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Telekom und früheren Post-Chef Klaus Zumwinkel und gegen Ex-Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke seien eingestellt worden, sagt Apostel, „da ein hinreichender Tatverdacht nicht festgestellt werden konnte“.

Es war eine der größten Überwachungsaffären der deutschen Wirtschaft und der größte Skandal in der Geschichte der Telekom. Im Mai 2008 hatte die Staatsanwaltschaft in der Bonner Telekom-Zentrale und in den Privathäusern von Zumwinkel und Ricke Lkw-Ladungen von Akten sichergestellt. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass Telekom-Mitarbeiter die Verbindungsdaten von 39 Telefonanschlüssen ausspioniert hätten, sagt Apostel. Unter den Bespitzelten waren Betriebsräte, Gewerkschafter und Journalisten. Der Verdacht gegen Zumwinkel und Ricke, das Vorgehen angeordnet zu haben, um undichte Stellen im Aufsichtsrat zu finden, sei aus Mangel an Beweisen nicht bestätigt worden. Die beiden Manager hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Anklage hat die Staatsanwaltschaft bereits gegen drei Telekom-Mitarbeiter erhoben sowie gegen den Geschäftsführer einer Berliner IT-Firma. Der Vorwurf: Verletzung des Fernmeldegeheimnisses. Ein ehemaliger Leiter der Konzernsicherheit muss sich darüber hinaus wegen Untreue und Betruges vor Gericht verantworten. Das mögliche Strafmaß betrage bis zu fünf Jahre Haft, sagt Apostel. Von dem großen Datenskandal ist damit vor Gericht nicht mehr viel übrig.

Zwei von den Spitzel- Aktionen betroffene Journalisten kritisierten die Einstellung der Ermittlungen gegen Zumwinkel und Ricke. „Wir werden Beschwerde einlegen und hoffen auf den Aufklärungswillen einer höheren Instanz“, sagte ein Redakteur der Wirtschaftswoche. Auch die Gewerkschaft Verdi kündigte Widerstand an. Ex-Telekom-Chef Ricke ließ in einem Statement mitteilen, die Unterlagen der Staatsanwaltschaft bewiesen eindeutig, „dass ich mir hier nichts habe zuschulden kommen lassen“.

Ärger steht Ricke und Zumwinkel dennoch ins Haus. Die Telekom fordert von ihnen seit Ende 2008 wegen „Verstößen gegen das Aktienrecht und die Geschäftsordnung des Vorstands“ jeweils rund eine Million Euro Schadenersatz. Die Manager hätten eine Organisationsform toleriert, die das illegale Verhalten der Mitarbeiter in der Abteilung Konzernsicherheit begünstigt habe. Nach der Aktieneinsicht will die Telekom entscheiden, ob sie die Forderungen auch gerichtlich einklagen kann.Andreas Menn

Andreas Menn

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