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Telekom

© dpa

Datenschutz: Wirtschaft lehnt Selbstverpflichtung ab

Schlechte Vorzeichen für das Branchentreffen am Montag im Innenministerium mit Wolfgang Schäuble: Die Opposition fordert schärfere Datenschutzgesetze. Die Telekom lehnt derweil eine Selbstverpflichtung für den Datenschutz ab. Die Debitel kommentiert: "Wir sehen kein branchenübergreifendes Datenschutzthema."

Von
  • Hans Monath
  • Matthias Schlegel

Unmittelbar vor einem Treffen mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Telekom-Branche Selbstverpflichtungen als Folge der Spitzelaffäre bei der Telekom abgelehnt. „Eine Selbstverpflichtung braucht es in Fällen, wo es keine gesetzliche Verpflichtung gibt“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes Bitkom, Bernhard Rohleder, dem Tagesspiegel. „Das ist in diesem Fall ganz anders.“ In Deutschland gelte heute bereits mit das schärfste Datenschutzrecht weltweit. Auch beim Telekommunikationsunternehmen Debitel hieß es auf Anfrage: „Wir sehen kein branchenübergreifendes Datenschutzthema.“

Damit steht das Treffen, zu dem Schäuble am kommenden Montag in Berlin eingeladen hat, unter schlechten Vorzeichen. Wegen des Spitzelskandals bei der Telekom verlangt die Bundesregierung von der Branche eine Selbstverpflichtung zur Einhaltung des Datenschutzes. Eingeladen hat das Innenministerium neben dem Branchenverband Bitkom und Debitel auch die Telekom und weitere Branchenvertreter.

„Der Bundesinnenminister ist besorgt um den Datenschutz“, sagte eine Sprecherin Schäubles am Freitag. Ziel des Treffens sei es, das Bewusstsein für den Datenschutz zu schärfen. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Anwendung der gesetzlichen Vorschriften obliege zunächst einmal den Unternehmen selbst. „Darüber hinaus bedarf es offensichtlich einer stärkeren Bewusstseinswerdung über dieses Gut.“ Das Gespräch diene aber nicht dazu, einer Gesetzesverschärfung den Weg zu bereiten, betonte die Sprecherin. Auch das Justizministerium will vor möglichen Konsequenzen zunächst die Ermittlungsergebnisse abwarten. Für die Frage, ob bestehende Gesetze geändert werden müssen, sei es noch zu früh, sagte Justizministerin Brigitte Zypries (SPD).

Künast: Datenschutz gehört ins Grundgesetz

Die Opposition hatte dagegen bereits am Freitag eine umfassende Reform des Datenschutzes gefordert. „Die Vorgänge bei der Telekom zeigen, dass der Datenschutz endlich ins Grundgesetz gehört“, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast dem Tagesspiegel. Die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte dieser Zeitung, die Vorfälle bei der Telekom „bestätigen alle Bedenken, die unsere Partei immer gegen die Vorratsdatenspeicherung und die Gefahr des Missbrauchs vorgebracht hat, in einer Weise, wie wir sie uns hätten nie vorstellen können“. Solche Daten dürften in dieser Menge und in dieser Form gar nicht erst angelegt werden, sagte sie. „Denn es ist nahezu unmöglich, solche Datenmengen vor Missbrauch zu schützen, sie verführen geradezu dazu.“ Die Forderungen der FDP zur Vorratsdatenspeicherung wies der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Gehb, kategorisch zurück. „Die Einlassungen der FDP sind politischer Amoklauf“, sagte Gehb dem Tagesspiegel.

Politiker aller Parteien verlangten rückhaltlose Aufklärung der Vorwürfe. Im Zusammenhang mit der Spitzelaffäre ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft Bonn wegen des Verdachts der Verletzung des Fernmeldegeheimnisses und des Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz. Beide Delikte können mit Haftstrafen geahndet werden.

Telekom-Chef René Obermann holte sich zur Unterstützung unterdessen den ehemaligen Bundesrichter Gerhard Schäfer. Gegen den Bonner Konzern waren am Freitag neue Vorwürfe bekannt geworden. Danach soll die Telekom nicht nur Telefonverbindungen, sondern auch Bankdaten von Journalisten und Aufsichtsräten ausgespäht haben. Im Konzern seien mit einer speziellen Software sogenannte Bewegungsprofile einzelner Menschen erstellt worden, um ihre Aufenthaltsorte festzustellen. Die Bonner Staatsanwaltschaft bestätigte entsprechende Vorwürfe, betonte aber auch, bislang gebe es „keine Tatsachen, die das belegen“.

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