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Datenskandal: Wiesbaden erklärt DIW Statistikkrieg

Das Bundesamt wirft dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung mutwilligen Datenmissbrauch vor. Das Berliner Institut weist die Anschuldigungen zurück.

Dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) droht ein handfester Datenskandal. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden wirft den Berliner Ökonomen vor, amtliche Daten für nicht genehmigte Zwecke verwendet und damit möglicherweise das Steuergeheimnis verletzt zu haben. In einem Schreiben an DIW-Chef Klaus Zimmermann bezeichnet der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Roderich Egeler, das Vorgehen des DIW als „völlig inakzeptabel“ und droht dem Institut mit „rechtlichen Schritten“. Der Bundesdatenschutzbeauftragte sei bereits in das Verfahren eingebunden, bestätigte ein Behördensprecher.

Der Datenaffäre reiht sich in die lange Liste von PR-Desastern, die das DIW unter der Führung von Zimmermann produziert hat.

Stein des Anstoßes sind diesmal Daten aus der Einkommensteuerstatistik, die die Behörde Wirtschaftsforschern auf Anfrage für bestimmte wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung stellt. Dabei handelt es sich um Details aus Steuererklärungen wie etwa Einkommen aus verschiedenen Quellen, Werbungskosten, Sonderausgaben, Verluste und Familienstand; öffentlich zugänglich sind die Daten nur in aggregierter Form. Um aber die Folgen von Steuerrechtsänderungen besser abschätzen zu können, stellt die Behörde Forschern auch Einzeldaten unter Auflagen zur Verfügung

Datenlieferungen an das DIW wurden eingestellt

Das Statistische Bundesamt wirft nun DIW-Chef Zimmermann vor, diese Steuerdaten mit Daten einer groß angelegten Umfrage, dem „Sozio-ökonomischen Panel“, verknüpft zu haben und die Ergebnisse in der Zeitschrift „The Review of Income an Wealth“ in einem Fachaufsatz zur Einkommensverteilung in Deutschland veröffentlicht zu haben. Zuvor hatte das Statistische Bundesamt das DIW nach eigenen Angaben darauf hingewiesen, dass eine Veröffentlichung von Ergebnissen aus einer solchen Zusammenführung von Einzeldaten nicht möglich sei.

„Ich bin entsetzt, dass Ihr Haus Ergebnisse dieser Zusammenführung herausgeben hat“, heißt es in Egelers Schreiben, das dem „Handelsblatt“ vorliegt. Die strikte Einhaltung der statistischen Geheimhaltung sei „ein unverzichtbarer Pfeiler der amtlichen Statistik, der nicht hoch genug eingeschätzt werden kann“. Daher setzte der Behördenchef alle Datenlieferungen an das DIW aus und forderte zudem, dass sämtliche bislang übermittelten Einzeldaten bis Ende dieser Woche gelöscht werden.

"Hier geht es um die Existenz des DIW"

Das DIW wies die Anschuldigungen zurück. Die Vorwürfe seien „gegenstandslos und bislang vom Bundesamt in keiner Weise belegt worden“, heißt es in einer DIW-Stellungnahme. Die Aufforderung zur Datenlöschung sowie das angedrohte Aus für jeglichen Zugriff auf anonymisierte Mikrodaten seien ein „beispielloser Vorgang“, der in der Sache „völlig unangemessen“ sei. „Hier geht es um die Existenz des DIW“, sagte ein Sprecher.

Das Institut räumte in seiner Stellungnahme zwar ein, dass die besagten Datensätze statistisch verbunden worden seien, eine „konkrete Zusammenführung“ sei aber nicht erfolgt. Es habe „zu keinem Zeitpunkt eine De-Anonymisierungsgefahr bestanden“. asr (HB)

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