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Wirtschaft: Defizitäres Radio bringt Milliarden

Die US-Firma Pandora geht erfolgreich an die Börse – und nährt Ängste vor einer neuen Internetblase

New York - Der Börsengang eines Web- Radios sorgt erneut für heftige Nachfrage auf dem Internetmarkt. Nur Wochen nach dem Börsendebüt des Online-Karrierenetzwerks LinkedIn reißen sich die Anleger um die Aktien des Online-Radiosenders Pandora Media. Das defizitäre US-Unternehmen mit einem Quartalsumsatz von zuletzt gut 50 Millionen Dollar wird im Zuge seiner Kapitalmarktplatzierung mit insgesamt 2,5 Milliarden Dollar bewertet. Pandora Media verkauft die den Investoren offerierten 14,7 Millionen Aktien zu je 16 Dollar.

Die Anteilsscheine sind damit immer teurer geworden: Im April noch sollten die Aktien sieben bis neun Dollar kosten, vergangene Woche ging die Firma auf zehn bis zwölf Dollar hoch. Pandora und die Altaktionäre erlösen nun mit dem Stückpreis von 16 Dollar rund 235 Millionen Dollar – mehr als das Doppelte der ursprünglich angepeilten 100 Millionen. Der Erlös fließt komplett an die Altaktionäre. Das Handelsdebüt an der New Yorker Börse gab Pandora am Mittwoch.

Der Preis für die Aktie beziehungsweise die Bewertung des Unternehmens insgesamt wirken wie eine Ohrfeige für die alte Musikindustrie: Die Plattenfirma Warner Music, das Zuhause von Künstlern wie Phil Collins oder Eric Clapton, wurde jüngst für nur 1,3 Milliarden Dollar verkauft. Allerdings musste der Käufer, ein russischstämmiger Geschäftsmann, bei Warner auch noch fast zwei Milliarden Dollar Schulden übernehmen.

Pandora Media bietet seinen Hörern ein Musikprogramm, das sich diese nach eigenem Geschmack zusammenstellen können. Die 90 Millionen registrierten Nutzer können die Musik über Computer, Smartphone oder im Auto hören. Dazu gibt es Partnerschaften mit Ford, General Motors und Mercedes-Benz. Bislang ist das Internetradio auf die USA beschränkt. Seine Einnahmen bezieht der im kalifornischen Oakland ansässige Sender aus Werbung. Für die Musikstücke muss er Tantiemen in beträchtlicher Höhe zahlen.

Dass sich mit dieser Geschäftsidee auf Dauer Geld verdienen lässt, ist für Branchenexperten noch nicht ausgemachte Sache. „Ich denke, das Modell von Pandora wird sich noch entwickeln“, sagte Wedbush-Analyst Michael Pachter. Skeptischer äußerten sich die Kollegen von Morningstar. Ihrer Auffassung nach hat sich das Umsatzmodell noch nicht bewährt. Sie verweisen auf die Macht der Musikkonzerne und den harten Wettbewerb im Musik-Geschäft.

Die euphorische Nachfrage bei den jüngsten Börsengängen nährt Befürchtungen, es könnte zu einer neuen Internet-Blase kommen. LinkedIn, der chinesische Facebook-Konkurrent Renren und die russische Suchmaschine Yandex legten glänzende Marktauftritte hin. Viele Investoren fiebern möglichen Börsenlistings von Internet-Riesen wie Facebook und Twitter entgegen. Das soziale Netzwerk Facebook will US-Medien zufolge bei einem Börsengang 2012 alle Rekorde brechen und strebt eine Bewertung von rund 100 Milliarden Dollar an – ein Drittel mehr als bislang geschätzt.

Nach monatelangen Spekulationen macht zudem das rasant wachsende US- Schnäppchenportal Groupon mit seinen Börsenplänen ernst. Das vor zweieinhalb Jahren gegründete Unternehmen stellte in der vergangenen Woche einen entsprechenden Antrag. Groupon peilt Einnahmen von 750 Millionen Dollar an. Das Unternehmen, das mit seinen Online- Sonderangeboten bisher noch keinen Gewinn gemacht hat, will vom Interesse der Investoren an Internet-Firmen profitieren, das derzeit so groß ist wie seit dem Platzen der „Dotcom-Blase“ vor zehn Jahren nicht mehr. Damit gilt der Verlauf des Groupon-Börsengangs als Indikator dafür, ob die Web-Branche inzwischen wieder überbewertet wird. rtr/dpa

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