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Wirtschaft: Dem Neuen Markt drohen Kursgefahren

Anlegen um jeden Preis riskant / Klassische Bewertungsmethoden spielen kaum noch eine RolleVON STEFAN KEIDEL (HB)Explosionsartig entwickeln sich die Aktienkurse am Neuen Markt.Und immer mehr Unternehmen drängen nach den großen Erfolgen in dieses Segment.

Anlegen um jeden Preis riskant / Klassische Bewertungsmethoden spielen kaum noch eine RolleVON STEFAN KEIDEL (HB)Explosionsartig entwickeln sich die Aktienkurse am Neuen Markt.Und immer mehr Unternehmen drängen nach den großen Erfolgen in dieses Segment.Jetzt warnt der Experte von Dresdner Kleinwort Benson vor einer "ausgeprägte Kurskorrektur des gesamten Neuen Marktes", weil Anleger zu wenig auf Qualität achteten und so manche Betreuerbank das von ihr begleitete Unternehmen zu kräftig anpreise.Nach seiner Meinung teilt sich das Segment künftig in zwei Lager. Dagegen ist die DGBank optimistisch: Sie glaubt an einen weiteren Kursanstieg, ohne daß dieser von einer Phase starker Verluste unterbrochen wird.Heinz Steffen von der Dresdner Kleinwort Benson rechnet bereits für Juli oder August, wenn die Unternehmen des Neuen Marktes ihre Halbjahresbilanzen auf den Tisch legen müssen, mit einer ausgeprägten Korrektur, die sämtliche Werte erfassen werde.Zu wenig achteten die Privatanleger auf Qualität, wie nachhaltiges Ertrags- und Wachstumspotential.Vielmehr seien sie angesichts der schlechten Chancen bei den Zeichnungen gleich am ersten Börsentag unlimitiert bei zu hohen Aktienpreisen eingestiegen."Die Privaten sind durch selbsternannte Gurus und Propheten in den Neuen Markt geführt worden.Die Folge: Die Kursentwicklung hat sich vom fundamentalen Datenkranz abgekoppelt." Als dramatisch überzogen bezeichnet Steffen etwa die Kursentwicklung des ersten Börsentages von 1 & 1, Technotrans und Transtec, bei denen sich die Preise gemessen am Emissionspreis teilweise mehr als verdreifachten.Die Enttäuschung der Anleger sei bei manchen Gesellschaften hinsichtlich der Geschäftszahlen zur Jahresmitte programmiert.Verkäufe würden folgen; dies hätten zum Beispiel Beta Systems schon zu spüren bekommen.Als zusätzliche Belastung könne sich das Auslaufen der Haltefristen des Managements und die Vereinnahmung steuerfreier Kursgewinne erweisen.Steffen rechnet darüber hinaus mit einer generellen Zweiteilung des Neuen Marktes in wirkliche Wachstumswerte (Gewinner) und "solche, die es mal werden wollten" (Verlierer).Denn nach der Korrekturphase trenne sich "die Spreu vom Weizen" und nur die Aktien legten weiterhin eine gute, aber solide, Performance vor, bei denen dieses gerechtfertigt sei.Die übrigen Unternehmen, so Steffen, führten dann nur noch ein Schattendasein.Das Engagement der Privatanleger am Neuen Markt um jeden Börsenpreis sei also sehr gefährlich.Der Investor sollte sich vor dem Aktienkauf ein klares Bild vom Unternehmen sowie vom Management verschaffen und nur den von ihm geschätzten Firmenwert bezahlen.Dies gehe aber nicht ohne die Festlegung von Kurslimits. Angezogen vom gewaltigen Kursfeuerwerk befürchtet Steffen künftig auch ein Going public von Unternehmen mit tendenziell schlechterer Qualität, die zum einen in anderen Marktsegmenten seit Jahren "nur so dahindümpelten" und zum anderen mit "bilanziellen Luftschlössern" neu an die Börse gehen wollten.Auch warnt er das Unternehmensmanagement davor, nur auf den Emissionspreis zu schauen und dabei die faire Bewertung aus den Augen zu verlieren."Der Emissionspreis darf nicht die gesamte Zukunftsphantasie ausreizen." Stephan Hink von der DGBank sieht, unabhängig von der hohen Bewertung, weiterhin mehr Kurschancen als -risiken am Neuen Markt.Er begründet seinen Optimismus mit dem anhaltend großen Interesse der Anleger, der hohen Liquidität und der Marktenge.Auch würden mögliche Enttäuschung bei Geschäftszahlen nicht den Gesamtmarkt sondern allenfalls kurzfristig die jeweilige Aktie unter Druck bringen. Die gegenwärtig oft kritisierten hohen Kursschwankungen können nach Meinung von Hink auch gut für das Marktsegment sein, lockten sie doch neue Emittenten und Investoren gleichermaßen an.Beim Neuen Markt dürften die normalen klassischen Bewertungsmethoden nicht mehr ohne weiteres als Maßstab für die Aktienkurse herangezogen werden.So spiele das Kurs-Gewinn-Verhältnis keine Rolle mehr, erklärt Hink. Bei aller Euphorie der Privatanleger für den Neuen Markt sollte ein Aktienengagement in einem vernünftigen Verhältnis zum verfügbaren Einkommen stehen, rät Hink.Denn es handele sich um ein sehr spekulatives Marktsegment und hohen Kurschancen stünden auch hohe Kursrisiken gegenüber.Dieses Risiko werde derzeit offensichtlich nicht gesehen.

STEFAN KEIDEL (HB)

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