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Wirtschaft: Den Kopf noch immer fest in der Schlinge

BANGKOK .Thailands starr an den US-Dollar gebundene Landeswährung Baht war "stark", schien wie in Stein gehauen, während US-Dollar, Yen und D-Mark fluktuierten.

BANGKOK .Thailands starr an den US-Dollar gebundene Landeswährung Baht war "stark", schien wie in Stein gehauen, während US-Dollar, Yen und D-Mark fluktuierten.Doch Thailand wurde zu teuer.Die Finanzhäuser des Königreiches konnten nur noch mit rabenschwarzen Lügen vertuschen, daß rund ein Drittel ihrer Kredite faul war und Thailand das Wasser bis zum Hals stand.Vor einem Jahr schüttete die Zentralbank binnen Tagen über die Hälfte ihrer Devisenreserven von knapp 40 Mrd.US-Dollar in den Markt, um den Baht zu stützen.Am 2.Juli löste Bangkok den Baht vom Dollar - die Währung brach um bald 70 Prozent ein.Es war die Initialzündung für das Platzen der Seifenblasenwirtschaften Asiens.Der herbeigerufene IWF zögerte nicht mit Hilfsmilliarden, deren Auszahlung er an die rigorose Ausmistung der korrupten "Kumpanenwirtschaften" knüpfte.

Das Lieblingskind des IWF glänzte noch im Januar mit einer wahren Himmelfahrt der Börsenindizes.Die strengen Banker lobten die Regierung unter Premier Chuan Leekpai, unerschrocken gegen Vetternwirtschaft und Korruption vorzugehen.Doch vor wenigen Tagen gab der IWF zu, "daß Thailands Realwirtschaft noch schwächer ist als bisher angenommen".Die Blamage des IWF - auch im Fall Indonesien - hat das Vertrauen der Asiaten in den Währungsfonds nachhaltig gestört.Die Radikalreformen bedeuten für Abermillionen von Asiaten wachsende Arbeitslosigkeit, noch weniger Sozialhilfe und verschärfte Kriminalität.

Derzeit zahlen die "armen" Asiaten rund fünfmal höhere Zinssätze als die "reichen" Industrieländer."Zur Hölle mit dem IWF", stand jüngst auf einem Banner demonstrierender Bauern in Bangkok.Die hohe Schulden- und Zinslast droht ganze Länder abzuwürgen.Der Schweizer Financier Marc Faber in Hongkong rät den Schwellenländern, "sofort zu stoppen, ihre Auslandsschulden zu bezahlen", um nicht ganz in den Ruin abzugleiten.Japan mit seiner seit acht Jahren stockenden Wirtschaft wird sich dank fetter Reserven über Wasser halten können, versagt aber als der erhoffte Rettungsanker für die Krisenregion.Selbst der erfolgsverwöhnte Stadtstaat Singapur ist rezessionsbedroht.Das einstige Handelsjuwel Hongkong wiederum hat es durch sein starrsinniges Festhalten an der Koppelung ihres Dollars an den Greenback versäumt, sich dem gnadenlosen Preiszerfall in der Region anzupassen und konkurrenzfähig zu bleiben.Schirmherrin China beharrt noch immer auf einem Wachstum von acht Prozent im Reich der Mitte, was Ökonomen aber als zu optimistisch verwerfen.Investitionen werden 1998 voraussichtlich um ein Drittel geringer ausfallen, längerfristig drängt sich auch für China die freie Konvertierbarkeit seiner Landeswährung Yuan auf, was neue Schockwellen durch die Region senden würde.

Westliche Verschwörung, ärmliche Bankenaufsicht, Währungsspekulanten, Korruption und Kumpanenkapitalismus sind aufgeführt worden als Gründe für Asiens Wirtschaftskrise, die am Ende aber eine zyklische Wertberichtigung ist nach Jahren des ungestümen Wachstums.Daß ein umso gestärkteres Asien aus der Krise hervorgeht, ist wohl eine Frage der Zeit.Doch auch eine Frage des Überlebens für Abermillionen von Asiaten, die zu besseren Zeiten vielleicht zwei Dollar pro Tag verdienten, und heute mit - wenn überhaupt - einem Dollar täglich ihre Familien durchzubringen haben.

DANIEL KESTENHOLZ

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