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Umstellung wegen Umzug? Als Telefonkunde erlebt man manchmal sein blaues Wunder.

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Der Ärger reißt nicht ab: Was Kunden bei Telekom, 1&1 und Co erleben

Lange Leitung bei Telefon und Internet: Jeder Wechsel wird zum Problem, Call-Center haben keinen Durchblick. Was man als Kunde erlebt - und wie man sich wehren kann.

Wer kennt das nicht? 40 Minuten verbringt Sven Brandt (Name geändert) in der Warteschleife von O2, hört Musik, die Bandansage, die ihn um noch ein wenig mehr seiner Geduld bittet, dann wieder Musik. Bis 02 selbst dem Spuk ein Ende setzt und die Verbindung kappt. Bitte rufen Sie ein anderes Mal wieder an. Für Telefonkunden, die 40 Minuten ihrer Lebenszeit mit Warten verschwendet haben, keine sonderlich erfreuliche Perspektive.

Ein Fall von vielen. Immer wieder beschweren sich Verbraucher über Telefon- oder Internetanbieter. Technische Probleme beim Wechsel, tote Leitungen statt neuer High-Tech-Verbindungen – und immer wieder Probleme mit den Call-Centern. Lange Warteschleifen, überforderte Mitarbeiter und falsche Versprechungen gehören zum Alltag der Kunden in der Telekommunikationswelt 2.0. Während Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) davon träumt, ganz Deutschland mit schnellem Internet zu versorgen, ist der Durchschnittskunde schon froh, wenn seine Standardleitung zu Hause anständig funktioniert und er, falls nicht, Hilfe von der Hotline bekommt.

Telekommunikation ist der häufigste Beschwerdegrund

Oft ist aber auch das schon zu viel verlangt. 129 000 Beschwerden hat die Bundesnetzagentur im vergangenen Jahr von Telefon- oder Internetkunden bekommen, 127 257 waren es im Jahr zuvor gewesen. „Die meisten Beschwerden, die unseren Verbraucherservice erreichen, kommen aus dem Bereich Telekommunikation“, sagt Behördensprecher Michael Reifenberg, „mehr als aus den Bereichen Post oder Energie.“ Allerdings – das muss man der Fairness halber hinzufügen – gibt es für die Beschwerden von Stromkunden auch noch andere Beschwerdestellen als die Netzagentur.

Dennoch: Wie kann es sein, dass der Wechsel des Stromanbieters in aller Regel problemlos klappt, in der Telekommunikationsbranche aber nicht? Vielleicht liegt es daran, dass das einst auf Sprache ausgelegte Netz mit dem massiv zunehmenden Transport von Daten überfordert ist. Hinzu kommen hausgemachte Probleme in den Call-Centern, meint Miriam Rusch von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Das Personal ist oft fachlich nicht versiert“, sagt die Verbraucherschützerin. Vorherige Telefonate mit dem Kunden werden nicht hinterlegt, das erklärt, warum Verbraucher bei jedem Anruf wieder von vorn anfangen müssen.

Lieber nicht am Telefon entscheiden

Das ist misslich, denn die am Telefon geschlossenen Verträge sind wirksam. Kunden sollten die Bestätigung, die sie anschließend bekommen, daher gründlich durchlesen. Steht dort anderes als vereinbart, muss man umgehend reagieren. Ein Widerruf des Vertrags (zu Beweiszwecken am besten per Einschreiben/Rückschein) ist innerhalb von 14 Tagen möglich. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, nicht die technische Freischaltung. Nur wenn auch Hardware dazu bestellt wird, läuft die Frist später – nämlich mit Lieferung.

Besser sei es aber sowieso, rät Rusch, sich nicht am Telefon festzulegen. „Lassen Sie sich ein schriftliches Angebot zuschicken und prüfen Sie das zu Hause in Ruhe“, empfiehlt die Verbraucherschützerin. Nur so könne man auch vernünftig Preise und Leistungen vergleichen. Aber: Selbst wenn man nur ein unverbindliches Angebot bestellt, schicken die Anbieter oft bereits eine vermeintliche Auftragsbestätigung. Das ist zwar ärgerlich und unfair, ignorieren sollten Verbraucher das aber nicht. „Man muss sich wehren“, sagt Rusch – und widerrufen. Da Verbraucher nichts in der Hand haben, haben sie sonst Mühe zu beweisen, dass ihnen der Vertrag untergeschoben worden ist.

Bei 02 kann man die Aufregung übrigens nicht nachvollziehen. Angebote, die Mitarbeiter des Call-Centers Kunden machen, würden im Kundenordner hinterlegt, damit keine Informationen verloren gehen, sagte ein Sprecher der 02-Mutter-Telefonica auf Anfrage. Vielleicht werde das aber manchmal „vergessen“. Auch Probleme, durchzukommen, dürfe es eigentlich nicht geben. Aktuelle Messungen hätten ergeben, dass Anrufer bei den Call-Centern von O2 derzeit gar nicht warten müssten oder falls doch, maximal eine Minute. Ausreißer seien nur zu Spitzenzeiten möglich. Komisch, dass Kunden wie Sven Brandt immer das Pech haben, solche Zeiten zu erwischen.

O2: "Wir kennen uns hier nicht alle persönlich"

Nach der Zusammenlegung der Netze von O2 und E-Plus funktioniert das alte iPhone nicht mehr.
Nach der Zusammenlegung der Netze von O2 und E-Plus funktioniert das alte iPhone nicht mehr.

© dpa

Wenn man schon seit geschätzten 20 Jahren Kunde einer Telefonfirma ist, sollte man meinen, dort auf Händen getragen zu werden. Weit gefehlt.

Nach der Zusammenlegung der O2- und E-Plus-Netze funktionierte das alte iPhone nicht mehr. KEIN NETZ, sagte das Display. Telefonate brachen jäh ab. In der Provinz: Funkstille. Weil die Hotline nicht helfen und der technische Dienst nichts ändern konnte, drohten wir mit Kündigung. Die Abteilung Kundenrückgewinnung schritt ein. Aus der Kündigung wurde eine halbherzige Vertragsänderung, aus der Änderung ein Widerruf, am Ende stand wieder: die Kündigung. Erneut kontaktierten uns die Kundenrückgewinner – und offenbarten uns: Der Vertrag wird wegen verpasster Kündigungsfrist automatisch um zwölf Monate verlängert. Wir wurden lauter – bis der Kundendienst uns tatsächlich ein attraktives Angebot machte, für weitere 24 Monate. Das neue iPhone, ein günstiger Tarif. Der freundliche Mann im Call-Center bot uns 24 Stunden Bedenkzeit, er werde sich wieder melden. Was er nicht tat. Der Versuch, ihn ausfindig zu machen, scheiterte, obwohl wir seinen Namen notiert hatten. „Wir kennen uns hier nicht alle persönlich“, sagte eine Dame. „Ich kann Ihnen aber ein anderes Angebot machen.“ Das Angebot war nicht attraktiv. Man wolle doch bitte mit dem Kollegen vom Vortag verbunden werden, baten wir. Sie werde es versuchen, sagte die Dame am Telefon – und legte auf. Doch nichts geschah. Stattdessen erreichte uns eine SMS: „Zu Ihrer Kündigung haben wir noch wichtige Fragen. Bitte rufen Sie uns kostenlos zurück.“ Der Rückruf scheiterte. Bei einem neuen Versuch, den Mann vom Vortag ans Telefon zu bekommen, harrten wir 45 Minuten in der Warteschleife aus. Doch nach zwei weiteren Stationen und der Auskunft, nun werde sich aber „ein Vorgesetzter“ des Falls annehmen, war plötzlich unser Mann am Apparat. Natürlich sei das Angebot noch gültig, natürlich werde das neue Telefon drei Tage später in der Post sein. Es kam, wie er gesagt hatte. Wir sind wieder erreichbar – wahrscheinlich für weitere 20 Jahre bei O2. Henrik Mortsiefer

1&1: Viel versprochen

Fast 130 000 Verbraucher haben sich im vergangenen Jahr bei der Bundesnetzagentur über ihren Telefon- oder Internetanbieter beschwert.
Fast 130 000 Verbraucher haben sich im vergangenen Jahr bei der Bundesnetzagentur über ihren Telefon- oder Internetanbieter beschwert.

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Nein, ich schließe grundsätzlich keine Verträge am Telefon ....

Aber die Call-Center-Mitarbeiterin von 1&1 hatte mit ihrem Anruf wirklich den perfekten Zeitpunkt erwischt. Wenn die ganze Familie fast täglich über die schneckengleiche Internetverbindung flucht, mit der wir uns herumschlagen, muss einfach ein neuer Vertrag her – und zwar schnell. Warum also nicht das 1&1-Angebot annehmen?

„Highspeed surfen mit bis zu 50 MBit/s“ war ja genau das, wonach uns der Sinn stand. Dazu günstige Neukundenkonditionen und ein nahtloser Wechsel von unserem bisherigen Anbieter Versatel, der seit kurzem zum selben Konzern wie 1&1 gehört. Die Freude währte allerdings nur drei Stunden. Da hatte 1&1 bereits die Vertragsunterlagen gemailt: „Wie wir Sie bereits informiert haben, schalten wir Ihnen Ihren 1&1 VDSL-Tarif über einen Zwischenweg.“ Wie jetzt, statt 50 nur 16 MBit/s? Davon hatte die Mitarbeitern keinen Ton gesagt. Also umgehend Widerruf per Email eingelegt. Da 1&1 auch nach einer Woche und nach zehn Tagen nicht darauf reagierte, schickte ich zwei weitere Mails mit der Bitte um Bestätigung. Zur Sicherheit vor Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist auch noch mal das bewährte Einschreiben/Rückschein. Doch von 1&1 kam selbst nach einem Monat keine schriftliche Reaktion. Statt dessen ein weiterer Anruf, in dem ein Servicemitarbeiter den „Irrtum“ bedauerte. Die angekündigte schriftliche Bestätigung, dass der schnelle Internetzugang doch machbar sei, blieb indes ein leeres Versprechen. Immerhin hat das Ganze einen gewissen Unterhaltungswert, ich bin schon gespannt, was sie mir beim nächsten Anruf erzählen werden. Roland Aulitzky

Telekom: Grenzerfahrung

Angeblich ist die Umstellung von ISDN auf DSL eine leichte Sache. Von wegen!
Angeblich ist die Umstellung von ISDN auf DSL eine leichte Sache. Von wegen!

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Ich ziehe von Salzburg nach Berlin. Da muss einiges organisiert werden. Die Immatrikulation an der Universität steht an, ich muss in meiner österreichischen Heimat die Wohnung kündigen und den Job, ich muss in Berlin eine Wohnung suchen und einen neuen Job. Am anstrengendsten ist es allerdings, einen deutschen Handyvertrag abzuschließen.

„Wir buchen nicht von österreichischen Konten ab“, sagt der Mitfünfziger in der Telekom-Filiale im südbayerischen Grenzort Freilassing. Eigentlich wollte ich nur für ein Stündchen über die Grenze fahren, um mir ein Mobiltelefon zu kaufen – nun dachte ich, ich könnte alles Weitere mit erledigen.

Auf die Nachfrage, was denn das Problem mit Österreich sei, erklärt er: „Das liegt nicht an Österreich, wir buchen generell nur von deutschen Konten ab“.

Ich bin verdutzt. Immerhin gibt es doch das europäische Zahlungssystem Sepa. Dessen Ziel ist es, bargeldloses Bezahlen innerhalb der Teilnehmerländer zu erleichtern. Österreich und Deutschland sind beide Teil des Sepa-Systems. „Es ist nicht als Standard vorgesehen, dass ausländische Konten für Lastschriften benutzt werden“, heißt es aber nun bei der Telekom. Man arbeite daran, dass es ab 2016 möglich wird.

Das Ergebnis: Ohne deutsches Konto keine deutsche Nummer, ohne deutschen Wohnsitz kein deutsches Konto. Erst mal einen Termin bei einem Berliner Bürgeramt ausmachen. Leider dauert allein das Wochen. Melanie Berger

Telekom: Kein Telefon, kein Telefax, kein Internet

Umstellung wegen Umzug? Als Telefonkunde erlebt man manchmal sein blaues Wunder.
Umstellung wegen Umzug? Als Telefonkunde erlebt man manchmal sein blaues Wunder.

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Als Apothekerin bin ich ein ordentlicher, pflichtbewusster Mensch. Ich halte mich an die Gesetze und dokumentiere jedes hergestellte Sälbchen schriftlich.

Bis zum Jahresende müssen die Übertragungswege zu unseren Lieferanten umgestellt werden: weg von ISDN, alles nur noch über Internet und DSL!

In Schulungsvideos informiere ich mich, wie die Umstellung vorzunehmen ist. Nach einem Telefonat mit meinem Softwarebetreuer ist klar: Wir sind bereit für die Umstellung. Dann schaue ich mir die letzte Telekom-Rechnung an und lese: Unser Vertrag ist ein ISDN-Vertrag! Also das ist nicht richtig, denke ich, wir brauchen doch DSL! Einen Telekom-Laden gibt es bei uns auf dem Land nicht. Daher rufe ich die Telekom an zur Beratung.

Geduldig quäle ich mich durch diverse Bandansagen und Eingaben.

Endlich habe ich dann einen menschlichen Gesprächspartner. Ein neuer Vertrag ist gleich gefunden. Ich nenne meinen vorhandenen Router. Ja, ja, der kann das! Als Datum der Umstellung vereinbaren wir den 1. Oktober 2015. Fünf Tage später erhalte ich einen Brief von der Telekom. Die Umstellung soll bereits in zwei (!) Werktagen erfolgen. Nur Mut, wird schon funktionieren, rede ich mir ein. Zur Sicherheit rufe ich aber doch am Tag vorher nochmal bei Telekom an. Auf mehrmaliges Nachfragen wird mir versichert, dass alles klappen und die Leitung stehen wird. Auf mein Handy soll ich eine SMS bekommen und eine halbe Stunde später dann ein Techniker zur Umstellung kommen.

Am nächsten Tag ist die Katastrophe da!

Ab 9:30 Uhr ist alles tot! Kein Telefon, kein Telefax, kein Internet, keine Bestellung zu unserem Großhandel! Ein Techniker war nicht da.

Ich renne an mein Handy, um die Telekom anzurufen. Ewig muss ich warten, hundertmal dasselbe erzählen, werde von Mitarbeiter zu Mitarbeiter verbunden und vertröstet: Die Verbindung werde umgehend hergestellt. Als nach zwei Stunden immer noch nichts geht, rufe ich einen IT-Freund um Hilfe. Zusammen können wir wenigstens klären, dass die neue Telekomverbindung nicht funktionieren kann, weil mein Router nicht der Richtige ist. Ein neuer Router ist aber kurzfristig nicht beschaffbar. Wir müssen also wieder zurück zum alten ISDN-Vertrag.

Ich schicke der Telekom ein Widerspruchsfax, ich telefoniere und telefoniere, bis mein Handy glüht. Zuerst bin ich freundlich, dann verliere ich die Geduld. Ich notiere den Namen jedes Beraters. Auch am nächsten Tag ist unsere Leitung tot. Mein Arbeitstag besteht aus Telefonieren und Warten. Ich beginne, über Schadensersatz nachzudenken. Am Abend kommt uns eine Idee. Haben wir da nicht einen Kunden, der bei der Telekom arbeitet? Wir flehen ihn an zu helfen. Am nächsten Morgen klingt es wie Musik in unseren Ohren, als das Telefon klingelt. Er hat es tatsächlich geschafft! Andrea Glenk

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