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Wirtschaft: Der Aufschwung verliert Schwung

Ifo-Konjunkturindex sinkt deutlich

Berlin - Monatelang sahen deutsche Unternehmen sehr optimistisch in die Zukunft. Nun hat sich die Stimmung eingetrübt. Der Ifo-Index fiel im Juli überraschend auf den niedrigsten Stand seit Oktober 2010. Das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer sank um 1,6 auf 112,9 Punkte, teilte das Münchner Ifo-Institut am Freitag mit. Wegen der schwächeren Weltkonjunktur beurteilten die befragten Manager die Aussichten so schlecht wie seit anderthalb Jahren nicht mehr. Sie schätzten auch die Geschäftslage weniger günstig ein. Ein abruptes Ende des Aufschwungs befürchtet Ifo-Experte Klaus Abberger aber nicht: „Die Wirtschaft ist trotz aller Turbulenzen um uns herum auf einem guten Weg zu einer sanften Landung.“

Der Aufschwung in Deutschland habe erwartungsgemäß ein ruhigeres Tempo eingeschlagen, kommentierte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler den gesunkenen Ifo-Index. „Gleichwohl sind die Aufschwungkräfte weiter intakt“, sagte er. Die Aussichten für ein weiteres wachstumsstarkes Jahr blieben gut. Das Bundesfinanzministerium sagt dagegen voraus, dass der Aufschwung „deutlich“ an Kraft verlieren wird. „Insbesondere in der Industrie zeigt sich dabei eine Abstufung im Expansionstempo“, schrieb das Ministerium in seinem Monatsbericht.

Das Ifo-Geschäftsklima basiert auf rund 7000 monatlichen Meldungen von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, des Bauhauptgewerbes, des Groß- und Einzelhandels. Die Unternehmen werden gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die kommenden sechs Monate mitzuteilen. Aus beiden Einschätzungen setzt sich dann der Geschäftsklimaindex zusammen. Die Umfragebögen waren lange vor dem am Donnerstag befassten Beschluss des Euro-Krisengipfels für ein weiteres Griechenland-Hilfspaket in München eingegangen.

Vor allem die exportorientierten Firmen drosseln ihre Erwartungen für die kommenden Monate. Von einer Schwächephase der deutschen Wirtschaft könne allerdings nicht die Rede sein, urteilte Ifo-Chef Hans-Werner Sinn. Tatsächlich sind die aktuellen Einschätzungen genauso günstig wie während des Frühjahrs.

Während Industrieunternehmen ihre Erwartungen deutlich abschwächten, schätzen Einzelhändler ihre Geschäftsperspektiven wieder etwas besser ein. Ihre aktuelle Lage ist der Befragung zu Folge weniger zufriedenstellend als bisher. Einzig im Bauhauptgewerbe beurteilen die Unternehmer sowohl ihre Lage als auch ihre Erwartungen als positiv.

Bereits am Vortag hatte der Einkaufsmanagerindex ein ähnliches Bild gezeigt. Demnach wuchs die Industrie im ersten Halbjahr so langsam wie seit knapp zwei Jahren nicht mehr, und die Dienstleister verzeichneten den geringsten Zuwachs seit fast eineinhalb Jahren. Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie fiel überraschend auf 52,1 von 54,6 Punkte. Das ist der niedrigste Stand seit Oktober 2009. Das Barometer hielt sich aber noch über der Marke von 50 Zählern, ab der Wachstum signalisiert wird. Für den Einkaufsmanagerindex befragt der Finanzinformationsdienstleister Markit 1000 Unternehmen.

Im ersten Halbjahr ließ die Konjunktur die Steuereinnahmen allerdings noch kräftig fließen. Bund und Länder konnten im ersten Halbjahr 9,3 Prozent mehr Steuern einnehmen als im Vorjahreszeitraum, schrieb das Bundesfinanzministerium in seinem Monatsbericht. Das waren insgesamt 256,9 Milliarden Euro. Auf den Bund entfielen 118,1 Milliarden Euro (plus 10,9 Prozent). Bei den Ländern stiegen die Einnahmen um 8,2 Prozent. Allein im Juni kletterte das Steueraufkommen um 9,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Corinna Visser/rtr

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