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Wirtschaft: Der doppelte Abschied

Von Ingo Wolff Berlin. Gelegentlich kommen Männer mit 52 schon mal aus der Puste, wenn sie dem Bus hinterherrennen.

Von Ingo Wolff

Berlin. Gelegentlich kommen Männer mit 52 schon mal aus der Puste, wenn sie dem Bus hinterherrennen. Vielleicht treiben sie ja noch in einer Altherren-Mannschaft den Fußball genüsslich vor sich her. In jedem Fall bereiten sie sich auf den langsameren Teil des Lebens vor und toben nicht mehr auf einem Platz herum, auf dem American Football gespielt wird. Bei Manfred Burgsmüller ist das anders. Der ehemalige Fußballprofi ließ sich nach seinem Karriereende noch für einen kleinen Ausflug überreden: Burgsmüller wurde 1996 Kicker bei Rhein Fire in der europäischen Footballliga. Er übernahm den Part der deutschen Identifikationsfigur. Weil er selbst für das Team keinen besseren gefunden hatte.

Inzwischen sind sechs Jahre vergangen, in denen Burgsmüller zum erfolgreichsten Kicker der NFL Europe avanciert ist und nebenbei mit Rhein Fire zweimal den Titel geholt hat. Heute soll gegen Berlin Thunder nun noch ein dritter World-Bowl-Ring hinzukommen, in seinem Abschiedsspiel, und noch wichtiger im letzten Spiel im Düsseldorfer Rheinstadion. Denn das Stadion wird hinterher abgerissen. Es muss weichen für eine neue, gigantische Mehrzweckarena.

Zu diesem doppelten Abschiedsspiel erwartet Rhein Fire ein ausverkauftes Haus: 56 000 Zuschauer. Den Ligarekord von 58 572 Zuschauern von Rhein Fire gegen Frankfurt Galaxy im Waldstadion können die Düsseldorfer zwar nicht angreifen, aber auch so dürfte World Bowl Nummer zehn in seinen Ausmaßen neue Maßstäbe setzen. Die Düsseldorfer Football-Organisatoren sind dafür bekannt, den amerikanischen Sport besser als alle fünf Ligakontrahenten zu inszenierten. Düsseldorf ist neben Frankfurt die Footballhochburg in Europa. Es ist schick, zu diesem Sport zu gehen, und das trifft in der Stadt mit einem der höchsten Durchschnittseinkommen in Deutschland auf das richtige Publikum. So werden als Gäste beim World Bowl unter anderem Boris Becker und Verona Feldbusch erwartet.

Doch das Endspiel im 1926 eröffneten und zur Fußball-WM 1974 umgebauten Rheinstadion könnte auch das vorläufige Ende der Football-Euphorie in Düsseldorf bedeuten. Für zwei Jahre muss Rhein Fire in die Arena Auf Schalke umziehen. Es gibt wohl wenige Orte, die ein Düsseldorfer noch weniger gern ansteuert als das 30 Kilometer entfernte Gelsenkirchen. Dafür bekommt Rhein Fire ab August 2004 eine Superarena für ihre Heimspiele und ist vorerst einziger Nutzer, der das Stadion füllen kann. An Profifußball ist in Düsseldorf in absehbarer Zeit nicht zu denken. Oberligist Fortuna Düsseldorf macht derzeit keine Anstalten, in die Bundesliga zurückzukehren. Ernst nehmen die Fußballer die Footballer aber trotzdem nicht richtig. Auch sie deklarierten ihr letztes Spiel am 3. März als Abschiedsspiel. Zur Fortuna kamen jedoch nur 21 000 Zuschauer - ein eindeutiges Votum. Die Fußballfans müssen in den kommenden zwei Jahren übrigens nicht so weit fahren. Die Fortuna zieht nur ins Paul-Janes-Stadion am Flinger Broich um.

Doch selbst mit Rhein Fire lässt sich das neue Rheinstadion nicht profitabel bewirtschaften. Der Düsseldorfer Stadtrat am 21. März 2002 seine Zustimmung für den Neubau nur, weil mit der WM 2006 und Olympia 2012 zwei Weltereignisse in Düsseldorf erwartet wurden. Die große öffentliche Erwartung wurde am 15. April aber bitter enttäuscht. Düsseldorf wird kein Austragungsort bei der Fußball-WM 2006. So müssen sich die Düsseldorfer weiterhin mit drei Monaten Football im Jahr als einzigem sportlichen Highlight der Stadt begnügen.

Dafür steht in Zukunft auch ein überdimensionales Trikot mit Burgsmüllers Nummer 10 unter dem Dach des Rheinstadions. Als ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Nummer 10 nie mehr vergeben wird.

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