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Wirtschaft: Der EU-Stabilitätspakt wird gelockert

Wie stark, das ist unter den Finanzministern noch umstritten. In guten Zeiten jedenfalls soll mehr gespart werden

Brüssel Im Streit über die Reform des Stabilitätspaktes zeichnet sich ein Kompromiss ab. Das Regelwerk soll einerseits gelockert werden. Die EU will unter bestimmten Bedingungen gegenüber Defizitsündern mehr Milde walten lassen als in der Vergangenheit.

Dies könne dazu führen, dass gegen Staaten, die die Drei-Prozent-Grenze des Paktes geringfügig überschreiten, kein Defizitverfahren eingeleitet wird, wenn der Defizitsünder bestimmte Anforderungen erfüllt. Dies kündigten die Finanzminister Deutschlands und Österreichs, Hans Eichel und Karl-Heinz Grasser, nach Beratungen der EU-Finanzminister in Brüssel an. Im Gegenzug soll der Pakt aber an anderer Stelle verschärft werden: Staaten mit Defiziten müssen in Wachstumsjahren ihre Neuverschuldung herunterfahren.

Der sich abzeichnende Kompromiss berücksichtigt damit die Interessen Deutschlands, Frankreichs und Italiens, die auf eine Flexibilisierung drängen. Deutschland verletzt das Defizitziel von drei Prozent des BIP seit drei Jahren und drängt auf eine ökonomisch begründete Auslegung des Regelwerkes. Die Gegner der Lockerung wie Österreich, Finnland und die Niederlande möchten mit dem erhöhten Sanierungsdruck in guten Zeiten ein übermäßiges Anziehen der Nettokreditaufnahme in schlechten Zeiten vermeiden.

„Ich bin zuversichtlich, dass wir im März eine Einigung erzielen können", sagte der Ratsvorsitzende, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker. Die Finanzminister kommen am 8. März wieder zusammen. Die Staats- und Regierungschefs sollen den überarbeiteten Pakt zwei Wochen später absegnen.

Im Mittelpunkt der kommenden Debatte steht die Frage, unter welchen Voraussetzungen die EU gegenüber Defizitsündern Milde zeigen soll. Paris, Rom und Berlin haben zahlreiche Wünsche angemeldet. Finanzminister Hans Eichel gelang es gestern jedoch nicht, einen Konsens über eine besondere Berücksichtigung der Kosten der deutschen Vereinigung oder der Berliner Zahlungen an die EU zu erzielen.

In die Beurteilung der Defizitsünder sollen die konjunkturelle Lage und ihr Reformeifer eingehen. So sollen Reformen der Gesundheits- und Rentensysteme, die kurzzeitig zu höheren Ausgaben, langfristig aber zur Entlastung der öffentlichen Finanzen führen, geduldet werden. Der CDU-Europapolitiker Matthias Wissmann sprach von einer „schleichenden Aushebelung des Stabilitätspaktes“.

Neben der Diskussion über die Reform des Stabilitätspaktes war auch der Defizitsünder Griechenland Thema bei dem Treffen der Minister. Sie forderten Athen unter Androhung hoher Geldstrafen zur Sanierung seines Haushalts auf. Zwar beschlossen die Ressortchefs am Donnerstag in Brüssel, Athen bis 2006 und damit ein weiteres Jahr zur Senkung seines Budgetdefizits zu geben, gleichzeitig wurde Griechenland aber unter strikte Beobachtung gestellt. jh/HB

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