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Wirtschaft: Der Euro ist nicht schwach, lautet das Urteil

Obwohl der gesunkene Außenwert des Euro das Bild der Bilanz nach einem Jahr Währungsunion beeinträchtigt hat, funktioniert die europäische Geldpolitik. Dieses Fazit zog der Chef-Volkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Otmar Issing, am Donnerstag im Rahmen eines Seminars der Europäischen Bewegung in Königsstein.

Obwohl der gesunkene Außenwert des Euro das Bild der Bilanz nach einem Jahr Währungsunion beeinträchtigt hat, funktioniert die europäische Geldpolitik. Dieses Fazit zog der Chef-Volkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Otmar Issing, am Donnerstag im Rahmen eines Seminars der Europäischen Bewegung in Königsstein. Der Euro baue auf dem festen Fundament innerer Preisstabilität auf und besitze großes Potenzial. Eine solche Währung, betonte Issing, könne auf Dauer nicht schwach sein. Außerdem spiegele sich in dem Wechselkurs die Stärke der US-Wirtschaft. Allerdings seien auch Meldungen aus dem Euro-Raum für die Stabilität nicht förderlich gewesen.

Auch Bundesbank-Präsident Ernst Welteke zog am Donnerstag eine positive Bilanz für den Euro und die ersten 100 Tage im Amt als Notenbank-Chef. Das Eurosystem sei zu einer Einheit geworden, die europäischen Notenbanker sähen sich nicht als Statthalter nationaler Interessen und in der Bevölkerung wachse das "europäische" Bewusstsein, sagte Welteke in Frankfurt. "Am erfreulichsten aber ist, dass der Euro ein hohes Maß an interner Stabilität gebracht hat. 1990 bei den Verhandlungen über den Maastricht-Vertrag hätte sich das niemand vorstellen können." Auf Dauer werde sich diese innere Stärke des Euro auch in seinem Außenwert zeigen.

Issing zufolge hat das Erscheinungsbild der deutschen Wirtschaftspolitik nicht gerade das Vertrauen in den Euro gestärkt. Der EZB-Volkswirt kritisierte, dass es nach dem Start der Währungsunion nicht zu einer Verstärkung der Konsolidierungsbemühungen gekommen sei. Entscheidend für die Zukunft bleibe, inwieweit Europa seine Potenziale ausschöpfe. Mangelnde Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt und Regulierung auf den Produktmärkten stünden einem Abbau der unverändert hohen Arbeitslosigkeit in Europa entgegen. "Die Liberalisierung in der Telekommunikationsindustrie zeigt aber, dass erfolgreiche Reformen in Europa möglich sind", betonte Issing.

Den Vorwurf, auch die EZB habe mit einem Zickzackkurs das Vertrauen in den Euro beeinträchtigt, wies der EZB-Chefvolkswirt zurück. "Das war kein Ausdruck von Hektik, Nervosität oder eines Zickzackkurses", sagte er. Zur Beschleunigung der Preissteigerungsrate erklärte Issing, nicht zuletzt mit Blick auf die Ölpreisentwicklung habe die EZB "vorausschauend" die Zinsen erhöht. Sollten die Ölpreise den harmonisierten EU-Verbraucherpreisindex aber vorübergehend über die Toleranzmarke von zwei Prozent treiben, werde die EZB der Wirtschaft keinen Restriktionskurs verordnen.

Nach Auffassung des Bundesbank-Präsidenten hat die Rettungsaktion des Bundes für den Baukonzern Holzmann dem Euro nicht geschadet. Das sei ein singuläres Ereignis gewesen, sagte Welteke. Er erinnerte daran, dass sich in den achtziger Jahren Devisenhändler auch nicht aufgeregt hätten, als die US-Regierung den Autokonzern Chrysler vor der Pleite bewahrt habe. Mit Blick auf die geplante neue Struktur der Bundesbank plädierte Welteke erneut für eine zentrale Lösung und für mehr Eigenverantwortung. "Die Bundesbank braucht ein zentrales Leitungsgremium mit ständigem Sitz in Frankfurt." Um flexibel und effektiv agieren zu können, müsse sie ihre interne Organisation und ihre Aufgabenverteilung eigenständig festlegen können.

Die Konjunkturaussichten haben sich nach Ansicht der Bundesbank deutlich aufgehellt. Es gebe klare Anzeichen für eine zyklische Erholung, sagte Chefvolkswirt Hermann Remsperger. "Wir bewegen uns aus der Wachstumsdelle heraus." Risiken für die Weltwirtschaft allgemein sieht er noch in der Entwicklung in Japan, in Südostasien, in den Leistungsbilanzen, die zum Teil starke Ungleichgewichte aufweisen, und im starken Anstieg der Aktienkurse. Für ein dauerhaftes Wachstum hierzulande sind nach Ansicht von Remsperger allerdings weitere Reformen notwendig. Auch eine Tarifpolitik "mit Augenmaß" betrachtet er als wichtige Voraussetzung. Förderlich sei, so der Chefvolkswirt der Bundesbank, dass es keinen hausgemachten Preisdruck gebe und für die deutsche Wirtschaft deshalb auch 2000 Aussicht auf eine "Stabilitätsdividende" bestehe.

mo, ro

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