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Wirtschaft: Der Euro löst die Beschäftigungsprobleme nicht

Lohnangleichung muß es nicht geben / Analyse des Kieler Instituts DÜSSELDORF (pw/HB).Der Euro ist kein Patentrezept, um die Beschäftigungsprobleme in der Europäischen Union zu lösen, lautet mittlerweile die Devise in Bonner Kreisen.

Lohnangleichung muß es nicht geben / Analyse des Kieler Instituts DÜSSELDORF (pw/HB).Der Euro ist kein Patentrezept, um die Beschäftigungsprobleme in der Europäischen Union zu lösen, lautet mittlerweile die Devise in Bonner Kreisen.Deutlich beeinflussen wird die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) den Arbeitsmarkt dennoch.Nicht nur der Wegfall des Wechselkurspuffers wird dazu beitragen, sondern auch die größere Preis- und Lohntransparenz im Euroland.Zu den neuen Rahmenbedingungen für die nationale Lohnpolitik gehört schließlich die einheitliche Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, betont Harmen Lehment vom Kieler Institut für Weltwirtschaft in einer Analyse der künftigen Spielräume für die Tarifpartner. Wer sich von der EWWU Spielraum erhofft, das Lohngefälle in der EU abzubauen und möglicherweise die Tarifpolitik zu harmonisieren, wird die Analyse nach Lektüre enttäuscht beiseite legen.Lehment läßt keine Zweifel daran: Eine einheitliche Geldpolitik impliziere keine einheitliche Lohnpolitik.Niedrige Tarifabschlüsse seien dort angebracht, wo die Produktivitätsfortschritte gering und die Arbeitslosenquoten vergleichsweise hoch sind. In den meisten Niedriglohnländern innerhalb der EU, so Lehment, lag der Produktivitätszuwachs im Durchschnitt der vergangenen vier Jahre aber nicht höher als in Hochlohnländern wie Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Österreich.Erzielte Frankreich durchschnittlich eine Steigerung der Produktivität um 1,9 Prozent, lag etwa Spanien mit 1,3 Prozent sogar deutlich darunter.Allein aus der Produktivitätsentwicklung lassen sich Wünsche nach einem Aufholen bei den Löhnen in Italien, Spanien und Portugal nicht begründen.Auch der Blick auf die Wachstumsraten kann eine rasche Lohnangleichung nicht rechtfertigen: Zwar lag der durchschnittliche BIP-Zuwachs in den Niedriglohnländern von 1994 bis 1997 deutlich höher als in den Hochlohnländern.3,5 Prozent Plus beim nominalen BIP verzeichnete etwa Deutschland, während Portugal im Durchschnitt 6,6 Prozent pro Jahr erzielte.Diese Unterschiede aber, so Lehment, beruhen zum Großteil auf den Abwertungen im Europäischen Währungssystem.In der EWWU aber sind Abwertungen ausgeschlossen, der Zuwachs des nominalen BIP dürfte in Ländern wie Spanien geringer ausfallen, für Italien werden sogar nur 4,2 Prozent prognostiziert.Lehments Schluß: Einem "Catching-up" der italienischen Löhne fehlt die ökonomische Basis. Freilich verbergen diese Durchschnittsbetrachtungen deutliche Unterschiede innerhalb der Gruppen der Hoch- und der Niedriglohnländer.So expandierte das nominale BIP in den Niederlanden mit durchschnittlich 5,3 Prozent in den vergangenen vier Jahren deutlich stärker als in Deutschland und Frankreich (3,5 Prozent).Der kräftige Anstieg ging aber nicht mit einer expansiven Fiskalpolitik einher, sondern gründete sich laut Lehment überwiegend auf einer maßvollen Lohnpolitik und strukturellen Reformen.Ein Vergleich der Lohnzurückhaltung und dem Beschäftigungszuwachs in den vorraussichtlichen Mitgliedstaaten zeigt, daß die alte Formel immer noch gilt: Zurückhaltung beim Lohnzuwachs wird mit einer Zunahme der Erwerbstätigenzahl belohnt.Beispiel Irland: Obwohl die Produktivität von 1994 bis 1997 um durchschnittlich 4 Prozent pro Jahr zulegte und das nominale BIP um 9 Prozent wuchs, stiegen die Löhne je Beschäftigten nur mit einer Rate von 2 Prozent.Im Gegenzug erhöhte sich die Beschäftigung mit rund 4 Prozent pro Jahr.

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