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Wirtschaft: Der Export boomt – der Konsum fehlt

Wirtschaftsweise erhöhen Wachstumsprognose auf 1,8 Prozent/Binnennachfrage erholt sich nicht

Berlin Der Wirtschaftserholung in Deutschland fehlt trotz angehobener Wachstumsprognosen nach Einschätzung von Experten der nötige Schwung. Der starke Export veranlasste die Fünf Wirtschaftsweisen zwar, ihre Prognose für das Wachstum in Deutschland von 1,7 auf 1,8 Prozent zu erhöhen. Und auch die Bundesbank geht davon aus, dass die rege Nachfrage nach deutschen Produkten die Volkswirtschaft im zweiten Quartal angekurbelt hat: „Manches spricht dafür, dass die Zuwachsrate sogar etwas höher als in den ersten drei Monaten des Jahres gewesen ist“, schreibt die Zentralbank in ihrem am Montag vorgelegten Juli-Monatsbericht.

Der Export-Boom im ersten Halbjahr hat aber nach übereinstimmender Meinung der Experten weder am Arbeitsmarkt noch bei den angespannten Staatsfinanzen entscheidende Entlastung gebracht. In den vergangenen Wochen hatten mehrere Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Vorhersagen angehoben.

„Der Aufschwung ist immer noch fragil“, hieß es im am Montag veröffentlichten Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums. Die schwache Inlandsnachfrage stehe einer nachhaltigen Besserung der öffentlichen Haushalte entgegen. Die jüngsten Zahlen zu den Steuereinnahmen spiegeln dies wider: Die Steuereinnahmen legten nach Angaben des Finanzministeriums ohne reine Gemeindesteuern im Juni um 1,9 Prozent zum Vorjahr zu. Für das gesamte erste Halbjahr ergab sich ein Plus von 1,1 Prozent. Wegen der schwachen Nachfrage im Inland sanken aber die Steuern vom Umsatz, deren wichtigste die Mehrwertsteuer ist, im Juni um 2,9 Prozent.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) rechnet inzwischen mit einem Wachstum von 1,6 bis 1,8 Prozent. „Die Lage ist besser als die Stimmung in Deutschland“, sagte Clement am Montag. Die offizielle Prognose der Bundesregierung liegt zwischen 1,5 und 2,0 Prozent. Den Haushaltsplanungen liegen 1,5 Prozent Zuwachs zu Grunde.

Nach den Worten von Wolfgang Wiegard, Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, hat allein der lebhafte Export die Wirtschaftsweisen zu einer Korrektur ihrer Wachstumsprognose veranlasst. Die Aussichten für den Konsum und auch für den Arbeitsmarkt hätten sich für dieses Jahr im Vergleich zum Jahresgutachten des Sachverständigenrats im November 2003 sogar verschlechtert. Vorerst springe der Funke vom Export nicht über. „Das wird so schnell nicht der Fall sein“, sagte Wiegard. Inzwischen prognostizieren die Wirtschaftsweisen nur noch einen Anstieg des Konsums um rund 0,3 Prozent statt ein Plus von knapp einem Prozent. Damit müsse auch das für dieses Jahr erhoffte Ende des Arbeitsplatzabbaus ins Jahr 2005 verschoben werden.

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger bezeichnete den privaten Verbrauch als größtes Risiko für die Konjunktur. Aus der leichten Aufwärtskorrektur für 2004 dürfe noch nichts für die Prognose des Rates im Herbst für 2005 abgeleitet werden. „Bis November kann noch viel passieren.“ Bofinger warnte vor dem Risiko einer weiteren exportdämpfenden Aufwertung des Euro. „Die Euro-Aufwertung ist etwas, wo man noch keine grundsätzliche Entwarnung geben kann.“ Für 2004 erwarten die Wirtschaftsweisen ein Exportwachstum von rund zehn Prozent. Tsp

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