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Wirtschaft: Der Firmenboss erhält acht Jahre Haftstrafe

Im Prozess um die Milliardenpleite der Balsam AG sind am Montag der frühere Firmenchef Friedel Balsam und der verschwundene Finanzvorstand Klaus Schlienkamp zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Das Landgericht Bielefeld verhängte gegen den 57-jährigen Balsam eine achtjährige Freiheitsstrafe wegen Betrugs.

Im Prozess um die Milliardenpleite der Balsam AG sind am Montag der frühere Firmenchef Friedel Balsam und der verschwundene Finanzvorstand Klaus Schlienkamp zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Das Landgericht Bielefeld verhängte gegen den 57-jährigen Balsam eine achtjährige Freiheitsstrafe wegen Betrugs. Schlienkamp wurde in Abwesenheit wegen Betrugs in 78 Fällen zu zehn Jahren Haft verurteilt. Damit endet nach über drei Jahren eines der größten deutschen Wirtschaftsstrafverfahren. Die Angeklagten hatten 45 Refinanzierungsbanken durch Luftbuchungen und gefälschte Belege um mehr als 1,3 Milliarden Mark geschädigt.

Die Staatsanwaltschaft hatte für Balsam neuneinhalb, für Schlienkamp zwölf Jahre Haft gefordert. Nach Ansicht des Gerichts hatte der 46-jährige Schlienkamp mit dem Verkauf von nicht existierenden Kundenforderungen ein Schneeball-System zur Finanzierung der maroden Firma aufgebaut. Zuletzt beliefen sich die Luft-Forderungen des ehemals weltweit größten Herstellers von Sportböden auf zwei Milliarden Mark.

Jahrelang ist laut Gericht unentdeckt geblieben, dass Schlienkamp falsche Rechnungen und Schecks vorgelegt und Berichte von Wirtschaftsprüfern gefälscht habe. Balsam sei über die betrügerischen Manipulationen informiert gewesen und habe sie gefördert. "Schlienkamp hat gemeinschaftlich mit Balsam diesen Betrug begangen", sagte der Vorsitzende Richter Reinhold Hülsmann. Bevor das Urteil nicht rechtskräftig ist, muss Friedel Balsam nicht in Haft. Balsam hatte immer wieder bestritten, von den Betrügereien gewusst zu haben.

Schlienkamp hatte vor Gericht ein umfangreiches Geständnis abgelegt und zugleich die übrigen Angeklagten der Mittäter- und Mitwisserschaft bezichtigt. Die Verteidiger Schlienkamps hatten gefordert, das Verfahren gegen ihren Mandanten einzustellen, da dieser offensichtlich tot sei. Erst vor einigen Tagen hatte ein Verteidiger Schlienkamps zwei E-Mails erhalten, in denen es hieß, Schlienkamp sei in Kuba von einem Tauchgang nicht mehr zurückgekehrt. "Der Körper wurde von den Fischen gefressen", heißt es wörtlich in der zweiten Nachricht von einem Unbekannten, der sich Santiago Francesco nennt.

Die Chronik des Falls

6. Juni 1994. Balsam, Schlienkamp sowie die Vorstandsmitglieder Dietmar Ortlieb und Horst Bert Schultes werden festgenommen. Schlienkamp gesteht.

16. Juni 1994. Festnahme von Dieter Klindworth, Gesellschafter der Wiesbadener Finanzierungsgesellschaft Procedo GmbH. Später ergeht Haftbefehl gegen den Wirtschaftsprüfer Rolf Muscat und den Procedo-Prokuristen Ulrich Brandenberger.

1. August 1994. Über die Balsam AG wird das Konkursverfahren eröffnet.

11. April 1995. Die Staatsanwaltschaft legt die Anklageschrift vor - 875 Seiten.

26. April 1996. Beginn des Mammutverfahrens mit sieben Beschuldigten, 24 Pflicht- und Wahlverteidigern und drei Anklägern der Staatsanwaltschaft. Das Gericht beginnt mit der Vernehmung von etwa 250 Zeugen.

3. Februar 1998. Flucht des Angeklagten Brandenberger in die Schweiz.

10. November 1998. Schlienkamp ist untergetaucht. Nach Vermutungen von Prozessbeteiligten hat er sich in die Karibik oder in die USA abgesetzt.

Mai/Juni 1999. Freisprüche und Freiheitsstrafen für fünf der sieben Angeklagten.

20. September 1999. Der Prozess endet.

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