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Wirtschaft: Der größte Börsengang des Landes rückt näher - Der milliardenschwere Energieriese Enel rüstet sich für die Privatisierung

Zum letzten Mal erfüllt Enel SpA, Rom, seine Pflicht als Goldesel des chronisch klammen Staates. Nach der regulären Ausschüttung im Frühjahr in Höhe von einer Mrd.

Zum letzten Mal erfüllt Enel SpA, Rom, seine Pflicht als Goldesel des chronisch klammen Staates. Nach der regulären Ausschüttung im Frühjahr in Höhe von einer Mrd. Euro schöpft Schatzminister Giuliano Amato jetzt noch völlig überraschend eine Sonderdividende von 2,3 Mrd. Euro aus den Rücklagen des noch zu 100 Prozent von der Regierung kontrollierten Energiekonzerns. Zusätzlich will Amato ein süditalienisches Wasserleitungsnetz für 1,6 Mrd. Euro an Enel verkaufen - als eine Art Mini-Ersatzmonopol für den Stromriesen, der mit seinem Kerngeschäft bald einem harten Wettbewerb ausgesetzt sein wird.

Doch mit Amatos kühnem Griff in die Enel-Kasse endet die staatliche Alleinherrschaft über einen der größten und nach eigenen Angaben schlagkräftigsten Stromkonzerne Europas - auch wenn ähnlich wie bei Telecom Italia und dem Mineralölkonzern Eni eine "goldene Aktie" in Staatsbesitz geplant ist. Schon im Oktober, schneller als noch im Frühjahr erwartet, geht Enel an die Börse, und zwar wahrscheinlich mit einem ersten 15-Prozent-Aktienpaket. Wie Enel-Exekutivchef Franco Tatò jetzt erstmals vor Analysten in Rom ankündigte, startet am 11. Oktober eine weltweite Road-Show, um die Enel-Aktien zwischen dem 25. und 29. Oktober unter die Leute zu bringen. Die Preisfestsetzung ist für den 29. Oktober vorgesehen.

Da Tatò den Wert seines Unternehmens auf "mindestens 50 Mrd. Euro" schätzt, darf die Regierung auf einen Verkaufserlös von mindestens 7,5 Mrd. Euro hoffen. Dass sich Enel in den vergangenen drei Jahren von einem überschuldeten Pfründereservat des italienischen Parteienfilzes in ein börsenreifes Unternehmen verwandelte, ist vor allem dem seit 1996 aktiven Führungsduo aus Präsident Chicco Testa und Exekutivchef Tatò zu verdanken. Radikale Kostensenkungsmaßnahmen und die strategische Neuausrichtungen trugen schnell Früchte. Trotz einer Tarifsenkung um zehn Prozent wurde der Nettogewinn im vergangenen Jahr auf 2,2 Mrd. Euro beinahe verdoppelt. Gleichzeitig blieb der Umsatz mit gut 19 Mrd. Euro fast konstant, und der Schuldenberg reduzierte sich um 6,2 Mrd. Euro auf 12,7 Mrd. Euro. Enel kam 1998 auf eine Nettoproduktion von 179,5 Mrd. Kilowattstunden. Ergänzt um Zukäufe, wurden 226,2 Mrd. kWh verkauft.

Vier Fünftel der Energie wird in Heizkraftwerken gewonnen, davon wiederum 60 Prozent auf der Basis von Mineralöl, 24 Prozent mit Gas und 15 Prozent mit Kohle. Weitere 19 Prozent des Stroms stammen aus Wasserkraftwerken. Die Zahl der Mitarbeiter liegt bei 85 000.

Damit Enel für die künftigen Privataktionäre trotz des nahenden Konkurrenzdrucks kein Flop wird, wird noch vor dem Börsengang die Organisationsstruktur verändert. Enel SpA wird zur Holding, unter der die Bereiche Produktion, Netz, Vertrieb, Immobilien und Erga (in der die Aktivitäten im Bereich erneuerbare Energien gebündelt sind) als eigenständige Gesellschaften aufgehängt sind. Das erleichtert auch die Vorbereitung auf den Wettbewerb. Der Enel-Marktanteil soll langfristig auf unter 50 Prozent sinken. Kompensieren will Tatò das Zurückschrauben der Stromaktivitäten mit dem Einstieg in andere Bereiche. Ziel ist Enel als Multi-Dienstleister - nach dem Beispiel der erfolgreichen 51-Prozent-Tochter Wind in der Telekommunikation.

hjk

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