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Wirtschaft: Der gute Ruf steht auf dem Spiel

Ausländische Investoren spielen die Skandalfälle in Deutschland herunter. Doch Experten warnen: Das Image Deutschlands leidet

Berlin - Ausländische Investoren lassen sich angesichts einer Vielzahl neuer Korruptionsaffären in Deutschland noch nicht von einem Engagement hierzulande abhalten. Experten warnen jedoch: Kämen weitere Fälle wie bei Volkswagen, Infineon, MTU oder beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ans Tageslicht, würde das Image des Wirtschaftsstandorts nachhaltig beschädigt.

„Diese Häufung von Schmiergeld- und Korruptionsfällen und die gewachsene Aufmerksamkeit der deutschen Öffentlichkeit werden sich langfristig auf die Wahrnehmung der Korruption in Deutschland auswirken“, sagte Peter Eigen, Präsident von Transparency International (TI), dem Tagesspiegel. „Das Image Deutschlands leidet darunter.“ Auch Steffen Salvenmoser, Korruptionsexperte bei Pricewaterhouse Coopers (PwC), sieht den guten Ruf der deutschen Wirtschaft in Gefahr: „Der Schaden wäre groß, wenn jetzt nicht schnell etwas dagegen unternommen wird.“

Die aktuellen Fälle hingegen „beeinflussen nicht die Investitionsentscheidungen der US-Unternehmen und Investoren“, versicherte Fred Irwin, Präsident der amerikanischen Handelskammer in Deutschland. Ausschlaggebend seien politische Stabilität oder die Lohnkosten. „Nur weil ein paar Mitarbeiter korrupt sind, heißt das nicht, dass Deutschland ein strukturelles Problem hat“, sagte Irwin dem Tagesspiegel. „Wir hatten in den USA ja auch Probleme mit Worldcom und Enron.“

Auch in Frankreich lassen sich die Unternehmer von den Skandalen im Nachbarland wenig beeindrucken. „Das ist hier nur am Rande ein Thema gewesen“, sagte die Marketingchefin der deutsch-französischen Handelskammer in Paris, Vally Lindermeier. Wichtiger sei für die Franzosen, dass „ihr Geschäft in Deutschland gut läuft“. Korruption gebe es überall. „Jedes Land hat seine eigenen Skandale“, räumt auch Peter Eigen ein. „In den USA interessiert man sich mehr dafür, dass Ex-Worldcom-Chef Ebbers für 25 Jahre ins Gefängnis muss als für VW.“ Und in Nigeria – einem der korruptesten Länder – würde über Schleichwerbung im Fernsehen wohl nur gelacht. Dennoch zeige sich, dass die „weltweite Ungeduld bei der Bekämpfung von Korruption wächst“.

Bei der Organisation „Invest in Germany“, die im Ausland für Deutschland als Investitionsstandort wirbt, ist man denn auch skeptischer, ob die Skandale folgenlos bleiben. „Wenn wir nicht aufpassen, könnte das Vertrauen, das Deutschland als Standort genießt, erschüttert werden“, sagte Geschäftsführer Gerhart Maier dem Tagesspiegel. Noch sei das aber kein Thema unter ausländischen Investoren. Bei einem Gespräch mit Vertretern der größten japanischen Firmen sei es jüngst um Steuerbelastung, Bürokratie und Lohnkosten gegangen. Das seien die Investitionshindernisse in Deutschland. Korruption sei „kein vorrangiges Problem“. Das Land sei schließlich im internationalen Korruptionsindex „weit oben“.

In der Tat liegt Deutschland auf einem passablen Rang 15 in der Liste der 145 Länder, die TI untersucht hat. Aber: „In Europa stehen wir nicht mehr so gut da“, sagte Peter Eigen. Gemessen an internationalen Standards habe Deutschland bei der Korruptionsbekämpfung Nachholbedarf. „Es fehlt ein bundesweites Informationsfreiheitsgesetz“, sagte der TI-Präsident. Auch fehlten bundesweite Ausschlusslisten für korrupte Firmen, die von öffentlichen Aufträgen ausgenommen werden könnten. „Besonders ärgerlich ist“, so Eigen, „dass sich die Verbände häufig mit dem Argument gegen solche Listen stellen, dass diese Firmen ja schließlich Arbeitsplätze schaffen.“

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