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Wirtschaft: Der Handymarkt wächst und wächst – überall

Mehr als eine Milliarde Geräte sollen im Jahr 2009 verkauft werden / Trotz des Ausstiegs von Siemens profitieren deutsche Firmen

Berlin - Ein Ende des Handybooms ist nicht in Sicht. Der US-Hersteller Motorola hat von April bis Juni mehr Mobiltelefone verkauft als jemals zuvor: Motorola steigerte den Handyabsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal um 41 Prozent auf den Rekordwert von 33,9 Millionen Geräten. Motorola ist keine Ausnahme: Das Marktforschungsunternehmen Gartner erwartet, dass in diesem Jahr weltweit 778,7 Millionen Handys verkauft werden – und korrigiert damit die eigene Prognose nach oben. Die weltweite Nachfrage nach Mobiltelefonen liege noch „oberhalb der optimistisch- sten Erwartungen“, sagen die Gartner- Analysten. Nachdem Siemens seine Handysparte jetzt an den Hersteller BenQ aus Taiwan verkauft, gibt es keinen deutschen Handyproduzenten mehr. Doch andere Unternehmen in Deutschland werden an dem Boom teilhaben.

Im Jahr 2009, so sagt Gartner weiter, wird die Zahl der weltweit verkauften Handys mit 1,04 Milliarden Geräten erstmals die Milliardengrenze überschreiten. Dann werden auf der ganzen Welt etwa 2,6 Milliarden Mobiltelefone in Benutzung sein. Handys seien auf dem Weg, das am meisten verbreitete Konsumelektronikprodukt auf dem Planeten zu werden, sagen die Analysten. Aus Europa kommt die Nachfrage von Kunden, die ihr altes Gerät durch aktuelle Handys ersetzen. Am stärksten wächst die Nachfrage jedoch in den sich erst entwickelnden Märkten China und Indien.

Obwohl der Markt weiter wächst, wird es dennoch immer schwieriger, mit Handys Geld zu verdienen. So sinkt zum Beispiel der durchschnittliche Verkaufspreis für Mobiltelefone immer weiter. Gartner erwartet, dass der Durchschnittspreis eines Handys von 174 Dollar (rund 145 Euro) im Jahr 2004 auf 161 Dollar im Jahr 2009 sinken wird. Die höchsten Preise können dabei nur die Unternehmen erzielen, die mit neuen Funktionen als Erste auf den Markt kommen. „Timing ist der Schlüssel“, sagt Gartner-Analystin Carolina Milanesi. Und genau hier lag das Hauptproblem von Siemens. „Siemens kam in vielen Fällen zu spät mit neuen Produkten auf den Markt.“

So begründet Siemens seinen Ausstieg aus dem Geschäft auch nicht damit, dass mit rückläufigen Verkaufszahlen zu rechnen ist. „Das ist eine strategische Entscheidung“, sagt ein Siemens-Sprecher. „Die Frage war, haben wir die richtigen Kompetenzen, um in dem Geschäft eine führende Rolle zu spielen?“ Dies habe Siemens mit „nein“ beantwortet. Der Konzern habe keine Kompetenzen in den Bereichen Farbdisplays, MP3-Player oder Digitalkameras. Doch diese Funktionen werden beim Handy immer wichtiger. Siemens werde dennoch vom Handyboom profitieren: „Wenn der Markt stärker wächst als erwartet, dann ist das für unsere Netzeseite eine gute Nachricht“, sagt der Sprecher. Denn Siemens wird auch künftig die Technik für Mobilfunknetze liefern.

„Auch andere deutsche Unternehmen werden weiter von der starken Nachfrage nach Mobiltelefonen profitieren“, sagt Manfred Breul vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom). Zwar gebe es bei Firmen, die bisher Lieferanten für Siemens waren, jetzt eine gewisse Unsicherheit, ob sie künftig auch BenQ beliefern werden. „Viele deutsche Zulieferer sind aber heute schon auf dem Weltmarkt gut im Wettbewerb positioniert“, sagt Breul. Als Beispiele nennt er Balda. Das Unternehmen mit Sitz in Bad Oeynhausen (NRW) stellt Gehäuse für Mobiltelefone her. Oder das Pharma- und Chemieunternehmen Merck, Weltmarktführer für Flüssigkristalle, die auch in Handydisplays verarbeitet werden. „Darüber hinaus gibt es weitere Unternehmen, die am Marktwachstum partizipieren“, sagt Breul. „Das sind die Hersteller von Handynetzen, die Netzbetreiber und die Entwickler von Diensten.“ Dazu zählen die Netzbetreiber T-Mobile und Vodafone aber auch Firmen wie die Jamba AG, die Klingeltöne, Spiele und andere Anwendungen für Handys entwickelt. Jamba gehört mittlerweile zu den 100 größten Arbeitgebern in Berlin. Der Bitkom geht davon aus, dass der Umsatz der Mobilfunkbranche – Gerätehersteller, Infrastrukturlieferanten und Diensteanbieter – in Deutschland im laufenden Jahr um rund sechs Prozent auf annähernd 30 Milliarden Euro zulegen wird.

Am heutigen Donnerstag wird Handymarktführer Nokia Quartalszahlen vorlegen. „Der Markt erwartet, dass der Gewinn je Aktie etwas besser sein wird als prognostiziert“, sagt Analyst Nicolas von Stackelberg von Sal. Oppenheim. „Alles andere wäre eine Enttäuschung.“

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