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Wirtschaft: Der Hausmüll als Wirtschaftsfaktor

Beim Streit um die neue Verpackungsverordnung geht es um beträchtliche finanzielle Interessen Bonn.Die Entscheidung war knapp aber eindeutig.

Beim Streit um die neue Verpackungsverordnung geht es um beträchtliche finanzielle Interessen

Bonn.Die Entscheidung war knapp aber eindeutig.Mit der Mehrheit der rot- und rot-grün regierten Länder lehnte der Bundesrat Ende April die von Bundesumweltministerin Angela Merkel vorgelegt Novelle zur Verpackungsverordnung ab.Seitdem arbeiten die Beamten des Umweltministeriums fieberhaft an neuen Formulierungen.Das ist keine leichte Aufgabe, denn die Länderkammer hat sich nur auf die Ablehnung aber nicht auf eine Begründung verständigt. Die Differenzen, die sich hinter dem Votum des Bundesrates verbergen, eröffnen der Umweltministerin einen beträchtlichen Handlungsspielraum.Am heutigen Mittwoch will sie dem Kabinett sagen, wie sie die Ablehnungsfront der Länder aufbrechen will.In der Sache will sie an den Zielen der Novelle festhalten.Der Wettbewerb in der Entsorgungswirtschaft soll gestärkt, das Duale System (DSD) vor sogenannten Trittbrettfahrern geschützt und die gefährdeten Mehrwegsysteme gestärkt werden.Am Dualen System will die Umweltministerin festhalten.Die Verpackungsverordnung, sagt sie, habe zu deutlich größeren Anstrengungen geführt, um mit weniger Verpaêkungen auszukommen und die noch immer notwendigen Tüten, Eimer oder Dosen besser zu verwerten.In den ersten fünf Jahren habe die Verordnung zu einem Rückgang der Einwegverpackungen um 1,3 Mill.Tonnen geführt.Der Vorwurf von SPD und Grünen, es fehle weiter an Vermeidungsanreizen, sei damit widerlegt. Das sehen die Länder - aus unterschiedlichen Gründen - anders.Die SPD-Umweltminister hatten bereits im Dezember den Schulterschluß mit der SPD-Bundestagsfraktion gesucht.Die Schwachstellen der Verpackungsverordnung, so ihr Tenor, würden durch die Novelle nicht behoben.Die SPD stört vor allem der dominierende Einfluß des DSD und der Energiekonzerne in der Abfallwirtschaft.Die SPD macht sich außerdem zum Sprachrohr der Kommunen, denen die Kontrolle über den Müll zunehmend entgleitet.Ihre Investitionen rechnen sich mit den rückläufigen Müllmengen oft nicht mehr, so daß sie ihre Bürger mit steigenden Abfallgebühren verärgern.Akut gefährdet ist in vielen Gemeinden die Müllverbrennung, weil der Hausmüll ohne Verpackungen kaum noch Wärme erzeugt.Eine Forderung der SPD besteht deshalb darin, nur noch solche Verpackungen über das DSD zu sammeln, die "ökologisch sinnvoll verwertet" werden können.Kleinverpackungen aus Kunststoff sollen wieder in den Hausmüll - damit der besser brennt.Dasselbe soll mit umweltschädlichen Verpackungen geschehen, die besonders gekennzeichnet werden sollen.Welche Verpackung umweltschädlich ist, darüber möchte die SPD eine Kommission entscheiden lassen.Außerdem verlangt sie einen besseren Schutz für Mehrwegsysteme.Durch eine gesonderte Verordnung sollen die Getränkehersteller veranlaßt werden, standardisierte Flaschen und Kästen zu verwenden.Werde die Mehrwegquote unterschritten, müsse ein Pfand auf Einwegverpackungen wie Dosen erhoben werden. Die grünen Umweltminister haben sich dagegen auf konkrete Forderungen nicht verständigt.Mit ihren SPD-Kollegen verbindet sie die Kritik am Dualen System: es sei teuer, unflexibel und wettbewerbsfeindlich.Eine wirkliche Alternative zum DSD haben die Länder freilich nicht anzubieten. Die Umweltministerin bestreitet nicht, daß das faktische Monopol des DSD und die starke Stellung der Versorgungsunternehmen ein Problem darstellen.Das DSD soll deshalb seine Kosten künftig offenlegen und seine Entsorgungsleistungen öffentlich ausschreiben.Gleichzeitig würde das DSD allerdings dadurch gestärkt, daß die Trittbrettfahrer, die kein Geld für den Grünen Punkt bezahlen, die Verwertung ihrer Verpackungen nachweisen müssen.Eines aber übersehen die Streitenden leicht: Das letzte Wort über den deutschen Abfall wird am Ende in Brüssel gesprochen.TOM WEINGÄRTNER

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