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Wirtschaft: Der Krach um die nationalen Defizite geht erst los

Berlin (asi). Die Verwarnung Portugals durch die Brüsseler EU-Kommission wegen des Etatdefizits im vergangenen Jahr kommt für die Finanzminister der Union keinesfalls überraschend.

Berlin (asi). Die Verwarnung Portugals durch die Brüsseler EU-Kommission wegen des Etatdefizits im vergangenen Jahr kommt für die Finanzminister der Union keinesfalls überraschend. Zuletzt war die Haushaltssituation der Euro-Länder Thema beim Ecofin, dem Treffen der EU-Finanzminister, Anfang Juli. Vor allem die Vertreter der Niederlande und Österreich hatten sich für ein so genanntes „early warning" für Portugal stark gemacht. Dies vor allem, weil sich herausgestellt hat, dass Portugal die Defizitgrenzen 2001 nicht einhalten konnte und womöglich dennoch keine Bußgeldzahlungen oder sonstige Rügen von der EU-Kommission zu erwarten hat. Denn dies ist nach Ansicht zumindest des deutschen Finanzministeriums rückwirkend gar nicht möglich. Diese Rechtsposition wird allerdings von der Brüsseler Kommission nicht geteilt.

Die Vertreter des deutschen Finanzministeriums hatten Anfang Juli „klare Signale" von der Kommission in Richtung Portugal gefordert. Dass die tatsächliche Haushaltslage in Portugal im vergangenen Jahr zu keinen Reaktionen der Kommission geführt und Italien seine Sanierungsziele gerade verschoben hat, veranlasste Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) bereits mehrfach dazu, in vor „Aufweichungstendenzen des Stabilitätspaktes" zu warnen. Dennoch traten die Deutschen in Brüssel nicht allzu bestimmt auf.

Der Grund: Nur mit massivem diplomatischen Einsatz konnte Deutschland im Frühjahr den „Blauen Brief" für sich selbst und damit mittelbar auch für Portugal verhindern. Dass sich die Verschuldungssituation der Portugiesen seitdem dramatisch verändert hat, bringt die Deutsche Seite in eine peinliche Zwickmühle. Denn hätte Deutschland im Frühjahr den „Blauen Brief" hingenommen, wäre auch EU-Partner Portugal seinerzeit an der Warnung nicht vorbeigekommen. Dass die Deutschen mit ihrem damaligen Verhalten nicht nur sich selbst innenpolitisch, sondern auch der gesamteuropäischen Debatte um den Wert des Stabilitätspaktes einen Bärendienst erwiesen haben, das gibt man mittlerweile auch im Bundesfinanzministerium zu. Freilich nur hinter vorgehaltener Hand.

Denn auch Nachbar Frankreich nimmt es derzeit mit der Budgetdisziplin nicht allzu genau. Zwar will die Pariser Regierung bis 2004 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Gleichzeitig hat sie sich jedoch ein Hintertürchen offen gelassen. Denn sie setzt voraus, dass das Wirtschaftswachstum bis dahin jährlich drei Prozent erreichen wird. Eine Größenordnung, die von Ökonomen stark angezweifelt wird. Bereits jetzt sei klar, dass das französische Defizit 2002 höher ausfallen wird als geplant. Haushaltsminister Alain Lambert rechnet mit einer Defizitquote von 2,6 Prozent. Das entspricht einem Etatloch von 46 Milliarden Euro – und damit wesentlich mehr, als es die vorherige Linksregierung im vergangenen Jahr ursprünglich veranschlagt hatte.

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