zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Der lange Abschied des Hasso Plattner

Der SAP-Gründer wechselt in den Aufsichtsrat und bleibt dem Unternehmen als Chef-Software-Berater erhalten

Berlin. Auf diese Nachricht hat die Branche lange gewartet: Im Mai wird Hasso Plattner beim größten deutschen Software-Konzern vom Vorstand an die Spitze des Aufsichtsrates wechseln. Schon seit Monaten gingen die Gerüchte um, Plattner sei als Vorstandssprecher kaum noch präsent und habe keine rechte Lust mehr auf den Job. Die alleinige Führung des Konzerns wird der bisherige Co-Vorstandssprecher Henning Kagermann übernehmen.

Mit Plattner scheidet der letzte der fünf SAP-Gründer aus dem aktiven Management des Konzerns aus. Plattner hatte die Software-Firma „Systemanalyse und Programmentwicklung“ (kurz: SAP) 1972 zusammen mit vier ehemaligen IBM-Managern gegründet. Heute ist SAP im Bereich der betrieblichen Software weltweit Marktführer. Der 59-Jährige wird „seiner“ SAP aber noch eine Weile aktiv zur Seite stehen. Neben seinem Aufsichtsratsposten wird Plattner weiter als Chef-Software-Berater für SAP tätig sein. Der gelernte Nachrichtentechniker gilt als begnadeter Programmierer.

Seiner künftigen Aufgabe sieht Plattner mit Freude entgegen. „Das wird wie bei Bill Gates“, sagt er. Der Microsoft-Gründer hatte sich vor einigen Jahren ebenfalls aus dem Tagesgeschäft verabschiedet und verkündet seitdem als Chefentwickler die großen Visionen des Konzerns. Seine Büros in Walldorf und Palo Alto wird Plattner behalten.

Trotzdem wird er in Zukunft stärker seinem Lieblingshobby, dem Segeln, frönen können. Im vergangenen Jahr verpasste er die Bilanzpressekonferenz des Konzerns, weil er auf hoher See in einer Flaute dümpelte und seinen Flieger nicht rechtzeitig erreichte. Ähnliches passierte ihm fast bei der Hausmesse „Sapphire“. Die Abwesenheit des Topmanagers führte zu Unmut im SAP-Management und zu den Gerüchten um die Amtsmüdigkeit Plattners, die den Software-Konzern zunehmend belasteten.

Nach Ansicht von Branchenbeobachtern markiert der Wechsel an der SAP-Spitze keinen abrupten Einschnitt in der Unternehmensspolitik. Faktisch hatte Kagermann das Unternehmen im zurückliegenden Jahr bereits alleine geführt. Sein Ausscheiden aus dem Vorstand hat Plattner zudem sehr gründlich vorbereitet. Im vergangenen Jahr zogen mit Leo Apotheker und Shai Agassi zwei neue Manager in das Führungsgremium ein. Apotheker führt den weltweiten Vertrieb, während Agassi für die technische Weiterentwicklung der SAP-Produkte zuständig ist.

Agassi war erst vor zwei Jahren zu SAP gewechselt. 2001 hatte SAP das von Agassi gegründete Unternehmen Toptier gekauft. Die von Toptier entwickelte Software ist der Grundbaustein für die neue SAP-Mittelstandssoftware „Business One“. Agassi ist erst 34 Jahre alt und muss nach seinem rasanten Aufstieg beweisen, dass er die Vorschusslorbeeren verdient hat. Allerdings ist damit zu rechnen, dass Plattner seinem Schützling in seiner Funktion als Software-Berater zur Seite stehen wird.

Mit Henning Kagermann rückt ein nüchterner, hoch intelligenter Manager alleine an die Spitze von SAP. Während Plattner ein charismatischer Macher ist, der gerne auf Journalisten und Analysten losging, trägt Kagermann seinen Text bei Pressekonferenzen stets überlegt und bedächtig vor. Kritische Fragen pariert der habilitierte Physiker freundlich lächelnd, ohne mit der Wimper zu zucken.

„Meine Aufgabe ist es, neue Standards zu setzen in Qualität, Effizienz und Innovationskraft“, erklärte Kagermann. Branchenkenner trauen ihm zu, SAP in eine neue Dimension zu führen. Dafür scheint der Konzern gut gerüstet. SAP gewinnt in der derzeitigen Flaute Marktanteile zu Lasten kleinerer Anbieter. Bei der als strategisch wichtig geltenden Software zur Verwaltung von Kundenbeziehungen ist SAP bereits die Nummer zwei. Marktführer Siebel will SAP in diesem Jahr von der Spitze verdrängen.

Maurice Shahd

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false