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Wirtschaft: Der Mensch ist entziffert: "Niemand wird zum Gentest gezwungen"

Herr Regenauer, die Gentechnik entwickelt sich immer schneller. Müssen wir beim Abschluss einer Versicherung bald einen Gen-Test vorlegen?

Herr Regenauer, die Gentechnik entwickelt sich immer schneller. Müssen wir beim Abschluss einer Versicherung bald einen Gen-Test vorlegen?

Nicht nur die Münchener Rück, sondern alle deutschen Lebens- und Krankenversicherer haben sich bereits Anfang der 80er Jahre darauf verständigt, Gentests nicht zur Voraussetzung für einen Versicherungsvertrag zu machen. Das soll auch künftig so bleiben.

In England ist das anders. Dort wollen die Versicherungen Gen-Tests offenbar in großem Stil einsetzen.

Das ist verwirrend und auch falsch in der Presse widergegeben worden. In England werden Gentests jetzt von einer Regierungskommission untersucht. Die Kommission soll prüfen, ob die Tests für Versicherungen relevant sind. Doch selbst, wenn ein Gen-Test anerkannt wird, darf auch in England keine Versicherung einen Kunden zu einem Gen-Tests zwingen, bevor eine Police abgeschlossen wird. Auch die Engländer wollen also keinen Zwangs-Gen-Test.

Wie viele Krankheiten können denn überhaupt schon mit einem Gen-Test nachgewiesen werden?

Die meisten Gen-Tests beschränken sich auf so genannte monogene Erkrankungen, die durch Veränderungen an einem einzelnen Gen hervorgerufen werden. Von diesen schweren Erkrankungen, die glücklicherweise sehr selten auftreten, gibt es etwa 4000 bis 6000. Dazu zählt beispielsweise Chorea Huntington. Für diese Krankheiten sind rund 1000 Gen-Tests entwickelt worden, wobei es auf dem deutschen Markt allenfalls 300 verschiedene Gen-Tests gibt.

Wird man auch Volkskrankheiten wie Krebs bald mit Gen-Tests aufspüren können?

Ich fürchte nein. Was in der Wissenschaft passiert ist, ist lediglich die Entzifferung des menschlichen Genoms. Man weiß aber noch nichts über ihre Bedeutung und ihre Funktion und kann darum auch noch keine Gentests entwickeln, mit denen Volkskrankheiten vorausgesagt werden können. Es wird mit Sicherheit noch Jahrzehnte dauern, bis wir soweit sind.

Und was passiert, wenn ein potenzieller Kunde schon einen Gen-Test gemacht hat?

Die Ergebnisse eines Gen-Testes müssen Sie der Versicherung mitteilen. Dies gilt hier ebenso wie bei einem zu hohen Cholesteringehalt oder wenn Sie unter einer chronischen Krankheit leiden. Auch über solche Risiken müssen Sie den Versicherer vor Vertragsabschluss informieren. Nur so kann eine gerechte Prämie für alle Versicherungsnehmer berechnet werden.

Aber angenommen, ich verschweige den Test. Auch bei HIV-Infizierten hat es dies gegeben. Was können Sie dagegen tun?

Wenn wir arglistig getäuscht wurden, können wir den Vertrag anfechten. In einem solchen seltenen Fall müssen wir den Anspruch auf unsere Leistung - etwa einer Kapitallebensversicherung - nicht voll erfüllen. Die Hinterbliebenen bekommen dann nur die einbezahlten Prämien, aber nicht die vereinbarte Versicherungssumme.

Und was, wenn Sie den Betrugsfall nicht entdecken?

Häufen sich Betrugsfälle, hat das Auswirkungen für die ganze Versicherungsgemeinschaft. Dann stimmt das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben nicht mehr. Das heißt letztlich, dass die Überschusssituaton der Versicherer immer mehr unter Druck gerät und somit die künftigen Gewinnbeteiligungen zurückgehen können.

Das heißt, die Ehrlichen sind die Dummen?

Im Prinzip schon. Sehen Sie, wenn der Versicherung Informationen verschwiegen werden, herrscht keine Waffengleichheit zwischen uns und den zukünftigen Versicherungskunden. Wir müssen aber für das Risiko aufkommen. Mittelfristig führt das dazu, dass wir weniger verdienen. Das schlägt auch auf den Kunden zurück: Denn nach dem Gesetz sind wir dazu verpflichtet, mindestens 90 Prozent der Gewinne wieder an unsere Kunden auszubezahlen.

Wenn ein Kunde einen belastenden Gen-Test vorlegt, bekommt er dann keinen Vertrag?

Nein, ein positiver Gen-Test bedeutet keinesfalls eine Ablehnung. Andererseits gibt es Risiko-Konstellationen, in denen es schwierig wird, ihm eine Lebensversicherung zu einer vernünftigen Prämie anzubieten - genauso wie bei sehr hohen Blutdruckwerten oder bei mehreren Herzinfarkten. Da hat der Gen-Test nichts geändert. Wir sind aber auch bei einem belastenden Gen-Test bemüht, ein Angebot zu unterbreiten, das akzeptabel ist. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals einen Antragsteller wegen eines Gentests abgelehnt hätten. Aber ich kann es auch nicht für alle Zeiten garantieren.

Könnte es soweit kommen, dass ein Versicherter freiwillig einen Gen-Test vorzeigt, um so eine günstigere Prämie zu bekommen?

Nein, wir bieten keine Prämien an, die unterhalb der Normalbedingungen liegen. Ich wüsste auch weltweit keinen Versicherungsverband, der dies anstrebt. Rosinenprämien gibt es nicht.

Herr Regenauer[die Gentechnik entwickelt sich imm]

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