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Wirtschaft: Der Mittelstand lebt vom Prinzip Hoffnung

Die Laune bei den kleinen und mittleren Unternehmen bessert sich. Doch noch wird nicht investiert oder neu eingestellt

München (nad). Der von der Konjunkturkrise hart getroffene Mittelstand hegt wieder Hoffnung. Die Geschäftslage der Unternehmen habe sich im Vergleich zum Vorjahr verbessert, teilte der Wirtschaftsverein Creditreform am Donnerstag in München mit. „Die Chancen für einen moderaten Aufschwung stehen so gut wie schon lange nicht mehr“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Rödl. Er warnte aber vor zu großem Optimismus. Von einer Trendwende könne noch keine Rede sein. Dafür seien die Aussagen der Unternehmen zu Ertragslage, Investitionsbereitschaft und zur ArbeitsplatzSituation noch zu zurückhaltend. „Um dem angeschlagenen Mittelstand zu helfen, muss der Aufschwung stärker sein“, sagte Rödl.

Von den mehr als 4000 mittelständischen Betrieben, die Creditreform im Rahmen seiner Herbstumfrage befragt hat, schätzen 22,7 Prozent ihre Geschäftslage als gut oder sehr gut ein. Die überwiegende Mehrheit spricht von einer befriedigenden bis ausreichenden, 17,7 Prozent von einer mangelhaften Lage. Seit Herbst 2002 überwiegen damit erstmals wieder die guten Noten.

Auch bei der Umsatzentwicklung sieht Creditreform einen leichten Aufwärtstrend. 22,1 Prozent der befragten Mittelständler erwarten im kommenden halben Jahr steigende Umsätze. Vor einem Jahr seien es nur 18,3 Prozent gewesen. Die überwiegende Mehrheit erwarte zumindest eine stabile Umsatzentwicklung in den kommenden Monaten. „Damit sollte der Tiefpunkt der Negativerwartungen durchbrochen sein“, sagte Rödl. Auch Stimmungsindikatoren wie der Ifo-Geschäftsklima-Index hatten zuletzt eine stabile Tendenz nach oben gezeigt.

Auf den Arbeitsmarkt hat der aufkeimende Optimismus des Mittelstandes nach Ansicht der Creditreform jedoch noch keine positiven Auswirkungen. „Auf positive Beschäftigungseffekte aus dem deutschen Mittelstand wird immer noch vergeblich gehofft“, stellte Rödl fest. Nur knapp acht Prozent der Betriebe wollen ihren Personalbestand im kommenden halben Jahr aufstocken, 22,9 Prozent rechnen dagegen mit einem Stellenabbau. Das ist immerhin ein leichtes Plus im Vergleich zum Vorjahr: Im Herbst 2002 gaben noch knapp 26 Prozent der befragten Unternehmen an, Personal abbauen zu wollen.

Zu wenig Rücklagen

Angespannt bleibt auch weiterhin die Ertragslage des Mittelstands. Der größte Anteil der Befragten rechnet immer noch mit Ertragsrückgängen. Für das kommende halbe Jahr hoffen vor allem der Bau und das Verarbeitende Gewerbe auf steigende Erträge. Auch die Investitionsbereitschaft im deutschen Mittelstand liegt noch immer auf sehr niedrigem Niveau. Nur jeder dritte Unternehmer ist bereit, im kommenden Halbjahr zu investieren – immerhin eine deutliche Steigerung zum Vorjahr, als nur ein Viertel der Betriebe Investitionen ankündigte.

Unbefriedigend bleibt laut Creditreform auch die Ausstattung kleiner und mittelständischer Unternehmen mit Eigenkapital. Lediglich 18,3 Prozent verfügten über einen ausreichend hohen Eigenkapitalanteil von mehr als 30 Prozent. Rödl wies darauf hin, dass die entsprechende Quote in Ländern wie Frankreich und Holland bei 30, in Spanien sogar bei 40 Prozent liege. Der überwiegende Anteil der deutschen Unternehmen hat nur eine Eigenkapitalquote von bis zu zehn Prozent. Rödl betonte, dass dies einer der Hauptgründe für die hohe Anzahl an Insolvenzen sei.

Auch deshalb rechnet Creditreform für das laufende Jahr mit einem neuen Pleiterekord: Es werde etwa 40000 Unternehmensinsolvenzen geben – das sind 6,3 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Auch die Zahl der Privatinsolvenzen werde kräftig steigen und bis zum Jahresende bei etwa 60000 (Vorjahr: 46710) liegen.

Rödl betonte, dass auch die politischen Rahmenbedingungen den mittelständischen Unternehmen massiv zu schaffen machten. Als „Sand im Getriebe“ bezeichneten knapp 90 Prozent aller Unternehmen das Übermaß an Bürokratie. Von der geplanten Steuerreform erwarten mehr als die Hälfte aller Betriebe keine Vorteile.

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