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Der Neue: Qatar gehört zu den ersten Kunden des A350, der Ende des Jahre ausgeliefert werden soll.

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Der neue Airbus A350: Flucht nach oben

Nachdem peinlichen Verlust von 70 Bestellungen, lässt Airbus erstmals Reporter im A350 mitfliegen. Der erste Eindruck: Schön leise und etwas mehr Beinfreiheit als gewohnt.

Sieht so das Nonplusultra im Flugzeugbau aus? Überall verlaufen dicke Kabel, an einigen Fenstern ist die nackte Flugzeughaut sichtbar, und das Personal hat sicherheitshalber Feuerlöscher, Äxte und Rauchmasken griffbereit. Doch statt sich um die Passagiere zu kümmern, starren die Flugbegleiter während der Reise lieber auf Monitore, über die kolonnenweise Daten flimmern.

Willkommen an Bord des neuen Airbus A350 XWB. Er ist noch nicht ganz fertig, aber die Testflüge haben längst begonnen. Für Donnerstag hatte Airbus erstmals Journalisten geladen, um den neuen Hoffnungsträger zu besichtigen. Eine positive Presse hat der Flieger dringend nötig – die arabische Fluggesellschaft Emirates stornierte die Bestellung von 70 A350 XWB, dem Luftfahrtkonzern entgehen so Einnahmen von bis zu zwölf Milliarden Euro.

Am Jahresende soll der neue Airbus dennoch in den Liniendienst gehen. Derzeit laufen die abschließenden Tests. Die bisher vier fliegenden Prototypen sollen in Kürze durch eine fünfte Maschine ergänzt werden. Der Clou: Der A350 besteht zu 53 Prozent aus Verbundwerkstoffen, rund ein Drittel der Komponenten wird in Deutschland gefertigt. Das Modell ist die Antwort auf den Dreamliner des US-Konkurrenten Boeing. Die Kabine des Europäers ist um 12,7 Zentimeter breiter, daher haben ihm die Ingenieure den Zusatz XWB – Xtra Wide Body – verpasst. Angetrieben wird er von neuesten Triebwerken von Rolls-Royce, die besonders sparsam und leise sein sollen.

Pro Reihe gibt es drei Dreier-Gruppen

Der Prototyp ist die erste Maschine, die mit einer klassischen Kabinenausstattung versehen wurde. Erst vergangene Woche war der Jet mit Airbus-Personal an Bord zu seinen ersten Testflügen mit Passagieren gestartet. Im vorderen Teil befindet sich eine Business Class mit 40 Plätzen. Die in Flachbetten verwandelbaren grauen Sessel entsprechen dem mittleren Airline-Standard. Daran schließt sich die Economy Class mit blau gepolsterten Sitzen in drei Dreier-Gruppen pro Reihe an, die viel Beinfreiheit bietet.

Freunde der Technik. Airbus-Ingenieurin Sandra Bour-Schaeffer erklärt Reportern während des Testfluges des A350, was ihre Instrumente alles anzeigen.
Freunde der Technik. Airbus-Ingenieurin Sandra Bour-Schaeffer erklärt Reportern während des Testfluges des A350, was ihre Instrumente alles anzeigen.

© Rainer During

Daran, dass es sich um ein Testflugzeug handelt, erinnern nicht nur die Temperatursensoren neben diversen Kopfstützen. An der Kabinenwand verlaufen Kabel, an zwei Doppelfenstern fehlt die übliche Verkleidung. In der Mitte, wo sich sonst eine Bordküche befindet, sitzen die Flugtestingenieure Sandra Bour-Schaeffer und Patrick du Ché vor sechs großen Bildschirmen, Laptops und Tastaturen. Neben ihnen stehen Feuerlöscher und Rauchmasken für den Fall des Falles. In den Sitzlehnen stecken Taschenlampen und Äxte – das ist die vorgeschriebene Ausrüstung für Testflüge. Je nach Ausstattung des Flugzeuges können über 2000 Messstationen bis zu 600 000 unterschiedliche Parameter aufzeichnen, erläutert du Ché.

Im Cockpit sitzen die Chef-Testpiloten, Peter Chandler und Frank Chapman, sowie Flugtest-Ingenieur Bruno Bigand. Nach dem Start der Triebwerke rollt die Maschine zur Startbahn und nimmt an Tempo auf. Bei 145 Knoten (rund 270 Stundenkilometer) hebt der A350 ab und steigt in den blauen Himmel über Südfrankreich. Die Triebwerke sind in der Kabine kaum zu hören.

Der Pilot eines Kampfjets setzt sich neben uns

Während der Prototyp über den Pyrenäen schwebt, zeigt sich, dass er in der Luft noch keine alltägliche Erscheinung ist. Der Pilot eines Rafale-Kampfjets der französischen Luftwaffe setzt sich neugierig für eine Weile neben uns. An Bord demonstrieren die Flugbegleiter indessen die von der deutschen Firma Diehl entwickelte LED-Beleuchtung, mit der sich die Kabine in alle Regenbogenfarben tauchen lässt. Nach einer knappen Stunde landet der Flieger wieder in Toulouse.

Demnächst wird die Crew Tests starten, bei denen Linienstrecken simuliert werden. Spätestens Ende September soll die Musterzulassung kommen, laut Plan wird die erste Maschine vor dem Jahresende an Qatar Airways ausgeliefert. Airbus-Chef Fabrice Bregier spricht von einem „herausfordernden“ Projekt, doch liege man im Zeitplan. Derzeit gibt es 782 Bestellungen – trotz der Stornierung durch Emirates. Bregier gibt sich entspannt, man habe noch „jede Menge Zeit“, um Ersatzkunden zu finden. Zunächst sollen zwei A350 pro Monat gebaut werden, mittelfristig könnten es zehn werden.

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